25. Die Empörung des Eugenius und der durch den Glauben errungene Sieg des Kaisers Theodosius
Noch vor der Wiederherstellung des Friedens erhielt Theodosius die Nachricht von dem Tode des Valentinian und der Empörung des Eugenius und zog deshalb mit einem Heere nach Europa1. In jener Zeit war in S. 308 Ägypten ein gewisser Johannes, der die Lebensweise der Aszeten führte. Dieser erfreute sich einer besonderen Geistesgabe; er sagte denen, die ihn darum fragten, viele zukünftige Dinge voraus. Zu diesem schickte nun der Christus liebende Kaiser Boten, um von ihm zu erfahren, ob er gegen die Empörer Krieg führen solle. Bei dem ersten Krieg hatte derselbe einen Sieg ohne Blutvergießen vorausgesagt, bei dem zweiten dagegen prophezeite er, daß der Kaiser den Sieg erringen werde, aber erst nach vielem Blutvergießen2.
Mit dieser Hoffnung zog der Kaiser in den Kampf und machte in der Schlacht viele Feinde nieder, verlor aber auch viele aus den Reihen der barbarischen Hilfstruppen. Als die Feldherrn darauf aufmerksam machten, daß der Streiter zu wenig seien, und als sie deshalb rieten, den Krieg aufzuschieben, um bei Beginn des Frühlings ein Heer zu sammeln und den Feinden an Zahl überlegen zu sein, da ging der tiefgläubige Kaiser auf diesen Rat nicht ein; denn, sagte er, man dürfe weder das Kreuz des Erlösers einer solchen Schwäche zeihen noch auch dem Bilde des Herkules eine so große Macht zuschreiben. „Denn unserem Heere wird das Kreuz, dem der Feinde jenes Bild vorangetragen.” Nach diesen mit gläubiger Zuversicht gesprochenen Worten verbrachte er, da das ihm noch gebliebene Heer gering an Zahl und stark entmutigt war, die ganze Nacht im Gebete zum Herrn der Welt zu, und zwar in einem Bethäuschen, das er auf der Höhe des Berges, wo das Lager war, vorgefunden hatte.
Um die Zeit des Hahnenschreies aber siegte der Schlaf über den Willen. Während er nun so auf dem Erdboden da lag, schien es ihm, als sehe er zwei Männer in weißen Gewändern und auf weißen Pferden sitzend, S. 309 die ihn aufforderten, guten Mutes zu sein, die Furcht aus dem Herzen zu bannen und gegen Tagesanbruch das Heer zu bewaffnen und in Schlachtordnung aufzustellen; sie seien nämlich, so sagten sie, als Helfer und Vorkämpfer gesandt. Der eine sagte, er sei der Evangelist Johannes, der andere, er sei der Apostel Philippus. Auch nach diesem Gesicht ließ der Kaiser nicht nach im flehentlichen Gebete, sondern verrichtete dasselbe nur mit noch größerer Inbrunst. Dasselbe Gesicht hatte aber auch ein gewöhnlicher Soldat; er offenbarte es dem Hauptmann, dieser schickte ihn zum Oberst und der Oberst zum General, der General aber meldete es dem Kaiser in der Meinung, ihm etwas ganz Neues zu verkünden. Dieser aber erwiderte: „Nicht meinetwegen hat der Soldat jenes Gesicht gehabt; denn ich habe denen, welche mir den Sieg versprachen, vollen Glauben geschenkt; sondern damit niemand argwöhne, ich hätte aus Verlangen nach der Schlacht die Erscheinung erdichtet, deshalb hat der Beschützer meiner Herrschaft das Gesicht auch diesem Soldaten kund gemacht, damit er ein zuverlässiger Zeuge meiner Erzählung werde. Denn mir hat unser gemeinsamer Herr dieses Gesicht zuerst gezeigt. Hinweg also mit der Furcht, folgen wir den Vorkämpfern und Führern im Streite! Niemand erwarte den Sieg von der Menge der Kämpfenden, jeder denke vielmehr an die Macht der Führer!” Solche Worte sprach er auch zu den Soldaten und erfüllte sie alle mit feurigem Mute. Darauf führte er sie vom Gipfel des Berges herab. Als der Usurpator von der Ferne die Kampflust dieser Soldaten gewahrte, bewaffnete auch er sein Heer und stellte es in Schlachtordnung auf. Er selbst blieb auf einem Hügel zurück, äußerte, daß der Kaiser zu sterben wünsche und in den Kampf ziehe, um von dem gegenwärtigen Leben los zu werden, und gab seinen Feldherrn den Befehl, ihm denselben lebend und gefesselt zuzuführen.
Als die Schlachtreihen aufgestellt waren, zeigte sich die Menge der Feinde um ein vielfaches größer als das Heer des Kaisers, das sehr leicht zu zählen war. Kaum aber hatte man auf beiden Seiten begonnen, die Geschosse zu schleudern, als die (himmlischen) Beschützer S. 310 ihre Versprechungen als wahr erwiesen. Denn ein gewaltiger Sturmwind, der seine Richtung gegen den Feind nahm, warf ihre Pfeile, Lanzen und Speere zurück, so daß jegliches Geschoß für sie nutzlos war und weder Schwerbewaffnete noch Bogenschützen noch Leichtbewaffnete dem Heere des Kaisers Schaden zufügen konnten. Außerdem wurden ihnen ganze Wolken von Staub in das Gesicht getrieben, die sie zwangen, ihre Augenlider zu schließen, um so ihre gefährdeten Augen zu schützen. Die Soldaten des Kaisers dagegen erfuhren von jenem Sturm nicht den geringsten Nachteil, sondern machten die Feinde unerschrocken nieder. Als letztere das merkten und darin die göttliche Hilfe erkannten, warfen sie ihre Waffen weg und baten den Kaiser um Schonung. Dieser gewährte sie auch und schenkte ihnen Barmherzigkeit, verlangte aber, daß sie ihm den Empörer so schnell als möglich auslieferten. So stiegen sie eilends den Hügel hinan, auf dem derselbe sich niedergelassen hatte. Er hatte keine Ahnung von dem, was vorgegangen war. Als er sah, wie sie keuchend sich näherten und durch ihr rasches Atmen die Eile, die sie hatten, zu erkennen gaben, da hielt er sie für Siegesboten und fragte sie, ob sie auch seinem Auftrag gemäß den Theodosius gefesselt mit sich führten. Doch diese erwiderten: „Nicht jenen bringen wir zu dir her, sondern dich haben wir zu jenem hinzuführen. So hat es uns der Herr des Weltalls befohlen.” Mit diesen Worten rissen sie ihn von seinem Stuhle weg, legten ihn in Fesseln und führten ihn gebunden ab. So brachten sie den als Gefangenen zurück, der sich noch kurz zuvor so übermütig benommen hatte. Der Kaiser aber gedachte der Freveltaten desselben gegen Valentinian, der gesetzwidrigen Anmaßung der Gewalt und des Krieges gegen die rechtmäßige Herrschaft; er spottete auch über das Bild des Herkules und über die törichte Hoffnung, die man auf ihn gesetzt hatte; und dann sprach er über ihn das gerechte und gesetzliche Strafurteil aus.
So war also der Kaiser im Frieden und im Kriege; immer bat er um die Hilfe Gottes, immer wurde sie ihm auch zuteil.
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Als der zwanzigjährige Kaiser Valentinian II., der Bevormundung durch seinen Ratgeber, den heidnischen Franken Arbogast, müde, diesen entlassen wollte, ließ ihn Arbogast 392 durch seine Soldaten ermorden und dessen Geheimschreiber S. 307 Eugenius zum Kaiser ausrufen. Das Heidentum lebte von neuem auf, namentlich in der Stadt Rom. Aber die entscheidende Schlacht bei Aquileja, in der Eugenius im Kampfe gegen Theodosius Thron und Leben verlor, besiegelte den Untergang des Heidentums für immer. ↩
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Auch der Krieg gegen den Usurpator Maximus ist nicht ohne Blutvergießen verlaufen. Vgl. oben V 15, S. 289 A. 1. ↩