30. Ursache der Trennung der Eunomianer von den Arianern1
Diesen Aëtius erhebt Eunomius in seinen Schriften, nennt ihn einen Mann Gottes und feiert ihn mit sehr vielen Lobsprüchen. Damals aber stand er auf seiten derjenigen, die ihn absetzten, und empfing von ihnen auch die bischöfliche Weihe. Eudoxius, Acacius und ihre Anhänger, die den oben2 erwähnten Glaubensdekreten von Nice in Thrazien beigestimmt hatten, weihten nun an Stelle des Basilius, Eudoxius und ihrer Anhänger in deren Kirchen neue Bischöfe. Ich halte es für überflüssig, aller übrigen zu gedenken, nur das auf Eunomius Bezügliche will ich hier erzählen.
Eunomius übernahm, obwohl Eleusius noch lebte, die Kirche von Cycicus. Da nun Eudoxius den gesunden Glauben des Volkes wahrnahm und den Unwillen des Kaisers merkte gegen diejenigen, welche behaupteten, daß der eingeborene Sohn Gottes geschaffen sei: so gab er dem Eunomius den Rat, seine wahre Gesinnung zu verheimlichen und sie denen nicht zu verraten, S. 162 welche darauf ausgingen, einen Anlaß zur Klage zu finden. Später, so sagte er, wenn der rechte Augenblick gekommen ist, werden wir schon verkündigen, was wir jetzt geheim halten, werden die Unwissenden lehren und die Widerstrebenden entweder überreden oder zwingen oder strafen. Diesen Vorstellungen gab Eunomius nach und hüllte die gottlose Lehre, die er vortrug, vorsichtig in einen dunklen Schleier. Allein jene Zuhörer, welche in den göttlichen Schriften wohl unterrichtet waren, bemerkten das in seinen Reden versteckte Gift und ärgerten sich, hielten es aber nicht für klug, sondern für verwegen, ihm offen zu widersprechen. Sie umgaben sich deshalb mit der Maske häretischen Irrglaubens, suchten ihn in seinem Hause auf und baten ihn flehentlich, er möge ihnen doch offen die wahre Lehre auseinandersetzen und nicht zulassen, daß sie zwischen den verschiedenen Lehrmeinungen hin und her schwankten. Da faßte er Mut und legte ihnen seine wahre Gesinnung, die er bisher verborgen gehalten hatte, ganz offen dar. Nun sagten sie, es sei doch gegen menschliches und in hohem Grade auch gegen göttliches Recht, daß nicht alle Untergebenen der Wahrheit teilhaftig werden sollen. Durch solche und ähnliche Reden bewogen, ließ er sich herbei, seine gotteslästerliche Lehre auch in den kirchlichen Versammlungen zu enthüllen. Jene aber eilten, von ihrem feurigen Eifer getrieben, nach Konstantinopel, reichten zuerst bei Eudoxius eine Klageschrift gegen Eunomius ein; und als ersterer sie nicht vorließ, wandten sie sich an den Kaiser und jammerten über das Verderben, das von jenem Menschen komme; denn dessen Lehre, so sagten sie, sei noch gottloser als die Gotteslästerung des Arius. Der Kaiser, hierüber aufgebracht, befahl dem Eudoxius, den Eunomius vor sein Gericht zu ziehen, und wenn er schuldig befunden werde, des Priesteramtes zu entsetzen. Als aber Eudoxius auf das wiederholte Drängen der Kläger hin fortwährend Ausflüchte suchte, begaben sie sich nochmals zum Kaiser und klagten und wiesen besonders darauf hin, daß Eudoxius nichts von dem getan habe, was ihm befohlen worden sei, und daß er ruhig zusehe, wie eine so bedeutende Stadt den gotteslästerlichen Lehren des S. 163 Eunomius preisgegeben sei. Da drohte Konstantius, den Eudoxius selbst in die Verbannung zu schicken, wenn er den Eunomius nicht vor sein Gericht ziehe, aburteile und, falls er der ihm zur Last gelegten Vergehen schuldig erkannt werde, in Strafe nehme. Durch diese Drohung erschreckt, gab Eudoxius dem Eunomius schriftlich den Rat, er möge aus Cycicus fliehen und die Schuld daran nur sich selbst zuschreiben, weil er die erhaltenen Ratschläge nicht befolgt habe. Eunomius zog sich nun zwar aus Furcht zurück, vermochte aber die Schande nicht ruhig zu ertragen, sondern beschuldigte den Eudoxius des Verrates und beteuerte, daß ihm sowohl wie dem Aëtius Unrecht geschehen sei.
Von dieser Zeit an gründete er eine eigene Partei. Alle nämlich, welche um die Übereinstimmung der beiden Männer in der Lehre wußten, klagten jetzt den Eudoxius des Verrates an, sagten sich von ihm los und schlossen sich an Eunomius an, nach dem sie noch bis auf den heutigen Tag benannt werden. Von da an war Eunomius ein Sektenstifter, der die gotteslästerliche Lehre des Arius mit seinen eigenen gottlosen Zusätzen noch bereicherte. Daß er aber nur aus leidenschaftlichem Ehrgeiz eine eigene Partei gebildet hat, das verkünden laut die Tatsachen. Denn als Aëtius abgesetzt und verbannt wurde, ging er mit demselben nicht fort, obwohl er ihn seinen Lehrer und einen Mann Gottes nannte, sondern blieb in enger Verbindung mit Eudoxius; als er aber selbst der Strafe für seine Gottlosigkeit verfiel, da nahm er das Urteil der Synode nicht an, sondern weihte Bischöfe und Priester, obschon er selbst der bischöflichen Würde beraubt war.
Das sind die Vorgänge, die sich in Konstantinopel zugetragen haben.