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Himmlische Hierarchie (BKV)
§ 3.
1) Eine andere Lösung meint, jener dem Propheten erschienene Engel habe das Geschäft der Entsühnung auf Gott und nächst Gott auf die erstwirkende Hierarchie zurückbezogen. Die göttliche Macht durchdringt und durchwirkt nämlich alles. 2) Sie teilt ihr Licht zunächst den vornehmsten Geistern und durch diese in entsprechenden Maßen den tieferstehenden Engeln mit. 3) Als Gleichnis dient das Sonnenlicht, welches durch die erste Materie am hellsten hindurchgeht, durch die dichteren Stoffe dagegen wegen ihrer ungeeigneten Beschaffenheit nur verdunkelt oder beinahe gar nicht dringt. 4) Ein zweites Gleichnis wird dem Gesetze der Wärmestrahlung entnommen. Das Feuer bringt die Stoffe, welche für seine Aufnahme geeignet sind, leichter zur Entzündung als die weniger brennbaren Dinge, welche dem Wesen des Feuers nicht so verwandt sind und deshalb der Verähnlichung mit ihm widerstreben. Diese können aber immerhin durch Vermittlung brennbarer Stoffe ebenfalls erhitzt werden wie z. B. das Wasser. 5) Analog den geschilderten, physikalischen Vorgängen wird die Lichtmitteilung aus der Urquelle durch die höheren Wesen den niedern vermittelt. Die vornehmsten Geister sind durch erstgradiges Erkennen, Lieben und Nachahmen Gottes ausgezeichnet, ihre neidlose Mitteilung weckt dann einen ähnlichen Wetteifer bei den tieferen Ordnungen. 6) Gott ist das wesenhafte Licht und Prinzip alles Seins und Schauens; gemäß göttlicher Anordnung ist dann jede höhere Stufe mittelbar in abgeminderten Maßen die Lichtquelle für die nächst niedere. 7) Dieses Gesetz erkennen die Engel der untern Stufen und führen demnach alle ihre Wirksamkeit auf Gott als letzte Ursache und auf die obersten Engel als erstwirkende Organe zurück. So hat also die erste Ordnung das höchste Maß von Liebe, Erkenntnis und Aufnahmsfähigkeit für das Göttliche, die tieferen Ordnungen dagegen haben an diesen Eigenschaften geringeren Anteil und schauen und streben aufwärts nach S. 66 den höheren, sie erleuchtenden Chören. Ihnen schreiben sie daher als ihren Hierarchen nächst Gott die also mitgeteilten Kräfte zu.
Ein anderer aber bot mir für den in Rede stehenden Einwand eine nicht eben unpassende Lösung dar. Er sagte nämlich, daß jener große Engel — wer es nun immer sein mochte —, der behufs der Einführung des Propheten in die göttlichen Geheimnisse die Vision hervorbrachte, den ihm zustehenden heiligen Dienst der Entsühnung auf Gott und nächst Gott auf die erstwirkende Hierarchie zurückgeführt habe. Und ist nun dieses Wort nicht der Wahrheit entsprechend? Denn es sagte mein Gewährsmann, daß die urgöttliche Kraft über alles hingeht und sich erstreckt und durch alles ungehemmt hindurchdringt und doch hinwieder allem unsichtbar ist, nicht bloß, weil sie über alles überwesentlich erhaben ist, sondern auch, weil sie verborgener Weise ihre fürsorglichen Wirkungen in alles entsendet. Aber nun fürwahr zeigt sie sich allen geistigen Wesen auf entsprechende Weise und indem sie die Ergießung ihres eigenen Lichtes den vornehmsten Wesen spendet, verteilt sie dasselbe durch diese als die ersten hindurch in schöner Ordnung auf die tieferstehenden, entsprechend der harmonisch abgestuften jeglicher Ordnung eigenen Kraft, Gott zu schauen.
Um deutlicher zu sprechen und natürliche naheliegende Beispiele zu gebrauchen (mögen sie auch Gott gegenüber, der über alles erhaben ist, unzulänglich sein, so sind sie doch für uns anschaulicher), der mitgeteilte Sonnenstrahl geht durch die erste Materie, welche durchleuchtbarer als alle andern ist, ohne Widerstand ein und läßt durch sie hindurch seinen eigenen Glanz lichter aufblitzen.
Wenn er aber auf die dichteren Stoffe fällt, so ist sein mitgeteiltes Licht mehr verdunkelt, weil die erleuchteten Gegenstände kein günstiges Verhältnis für Vermittlung der Lichtspendung besitzen und infolge davon wird der Strahl allmählich nahezu bis zur vollständigen Unmöglichkeit des Weiterdringens aufgehalten. Die Wärme des Feuers desgleichen teilt sich mehr den dafür empfänglicheren Stoffen mit, welche sich zur Ver- S. 67 ähnlichung mit ihm gut eignen und erheben lassen. An den widerstrebenden, entgegengesetzten Stoffen dagegen erscheint entweder gar keine oder nur eine dunkle Spur von der in Feuer verwandelnden Wirkung. Und was noch bedeutsamer ist, wenn es mit Stoffen in Berührung kommt, welche mit ihm verwandt sind und eine entsprechende Beziehung zu ihm haben, da macht es nach Umständen zunächst die Dinge, welche sich leicht verwandeln lassen, feuerförmig und erhitzt dann durch dieselben das Wasser oder irgend einen andern nicht leicht zu erhitzenden Stoff in entsprechender Weise. Nach dem gleichen Gesetz nun, das in der physikalischen Ordnung herrscht, läßt auch das ursprüngliche Ordnungsprinzip jeder sichtbaren und unsichtbaren Ordnung übernatürlicher Weise den Glanz der von ihm ausgehenden Lichtspendung in allseligen Ergießungen den höchsten Wesen im ersten Erscheinen aufleuchten und durch diese nehmen dann die nach ihnen folgenden Wesen am göttlichen Strahle teil. Denn jene erkennen Gott zuerst und streben im überragenden Maße nach der göttlichen Tugend und deshalb sind sie auch gewürdigt, in erster Linie die Gott nachahmende Kraft soviel als möglich auszuwirken und zu betätigen. Die nach ihnen folgenden Wesen aber erheben sie gütig, soweit es möglich ist, zu wetteiferndem Streben, indem sie ihnen von dem ihnen zuströmenden Glanze neidlos mitteilen. Und diese hinwieder handeln so gegenüber den tieferstehenden. Und auch jedes einzelne erste Wesen teilt dem nach ihm folgenden von dem geschenkten und durch die Vorsehung allen im rechten Verhältnis zufließenden göttlichen Lichte mit. So ist also Gott für alle, die erleuchtet werden, von Natur aus wesentlich und eigentlich Prinzip der Erleuchtung, da er wesenhaftes Licht und Urheber des Seins und Sehens selber ist. Dagegen ist das einzelne graduell übergeordnete Wesen für das nach ihm folgende nach positiver Anordnung und in Nachahmung Gottes Prinzip der Erleuchtung, sofern die göttlichen Lichtströme durch jenes auf dieses übergeleitet werden. Die höchste Ordnung der himmlischen Geister nun er- S. 68 kennen alle übrigen Engelnaturen mit Recht nächst Gott als die Quelle aller heiligen Gotteserkenntnis und Gottesnachahmung, da durch dieselbe auf alle Engel und auch auf uns die urgöttliche Erleuchtung verbreitet wird. Deshalb führen sie auch jede heilige und Gott nachahmende Tätigkeit auf Gott als ersten Urheber, auf die ersten, gottähnlichen Geister aber als auf die ersten Organe und Lehrer des Göttlichen zurück. Deshalb hat die erste Ordnung der heiligen Engel mehr als alle die Eigentümlichkeit des Erglühens und die (reich) ergossene Mitteilung der urgöttlichen Weisheit und die Erkenntniskraft für das höchste Wissen der göttlichen Einstrahlungen und besitzt das Charakteristische der Throne, das die offene Empfänglichkeit zur Aufnahme Gottes andeutet 1. Die Ordnungen der tieferstehenden Wesen haben zwar an der Kraft des Erglühens, an der Weisheit, der Erkenntnis, der Aufnahme Gottes Anteil, aber in einem verminderten Grade, indem sie auf die ersten Wesen schauen und durch sie, die in erster Wirkung der Nachahmung Gottes gewürdigt sind, zu der erreichbaren Höhe der Gottähnlichkeit erhoben werden. Daher führen sie die erwähnten heiligen Eigenschaften, an welchen vermittels der ersten Wesen die nach ihnen folgenden Anteil gewinnen, nächst Gott auf eben dieselben (ersten) als Hierarchen zurück.
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Vgl. oben Kap. VII, 1 und 2. ↩
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Himmlische Hierarchie (Edith Stein)
§ 3.
Ein anderer legte mir folgende gar nicht unangemessene Lösung vor: Jener große Engel (wer immer er war), der diese Erscheinung gestaltete, um den Propheten über göttliche Dinge zu unterrichten, hätte sein Amt zu reinigen auf Gott und, nächst Gott, auf jene erste Hierarchie zurückgeführt. Ist das nicht wahr gesprochen? Der dies ausführte, erinnerte daran, wie jene ursprüngliche Kraft Gottes zwar ausströmend alles erreicht und frei durchdringt, aber doch für alle unsichtbar bleibt, nicht nur, weil sie überwesentlich alles überragt, sondern auch, weil sie in Verborgenheit durch das Wirken ihrer Vorsehung alles durchdringt: Sie erleuchtet alle geistigen Naturen nach einer jeden Maß, und indem sie den höchsten Geistern die Strahlen ihres Lichtes zusendet, gibt sie durch diese, als den ersten, den niederen in schönster Ordnung die Möglichkeit zu schauen.
Um aber deutlicher zu sprechen, will ich vertraute Beispiele benützen (sie sind zwar Gott, der alles überragt, nicht angemessen, aber für uns klarer): Wenn der Sonnenstrahl sich verbreitet, durchdringt er leicht den zunächst befindlichen Stoff, der durchsichtiger ist als die übrigen, und offenbart dadurch augenscheinlicher seinen Glanz; trifft er aber auf dichtere Stoffe, dann verdunkelt sich der Lichtschein wegen der Untauglichkeit der Stoffe, die erleuchtet werden sollen, zur Verbreitung des Lichtes; und so wird er allmählich so gehemmt, daß er sich kaum noch ausbreiten kann. So geht auch die Wärme des Feuers mehr auf das über, was dafür aufnahmefähiger ist und sich ihm leicht angleicht; in widerstrebenden und entgegengesetzten Naturen aber findet sich gar keine oder nur eine geringe Wirksamkeit des Feuers; und das jeweils Größere überträgt sich auf das, was nicht von seiner Art ist, durch Dinge, die ihm schon angepaßt sind; so macht das Erste zunächst das feurig, was leicht feurig wird, und durch dessen Vermittlung erwärmt es auf dieselbe Weise das, was schwer die Natur des Feuers annimmt.
Dieser natürlichen Ordnung entsprechend offenbart der übernatürliche Quell aller Ordnung, aller sichtbaren und unsichtbaren Ausstrahlung, den Glanz seiner Erleuchtung zuerst durch seliges Einströmen den höchsten Geistern, und durch sie erhalten die andern nacheinander Anteil an jenem göttlichen Strahl. Denn indem jene ersten Gott erkennen und von höchstem Verlangen nach göttlicher Kraft erfaßt werden, wird ihnen auch als den ersten die Fähigkeit zur Nachahmung der göttlichen Macht und Wirksamkeit zuteil, so daß sie die niederen, so weit möglich, zu eben dieser Nachahmung gütig emporführen können: Neidlos lassen sie einen Teil des ihnen geschenkten Lichtes auf sie übergehen, und diese wiederum auf die niederen; und so macht das erste jeweils das ihnen nächste teilhaft des ihm Gegebenen, und das göttliche Licht teilt sich durch die Vorsehung nach eines jeden Fassungskraft allen mit. Für alles also, was erleuchtet wird, ist Gott der Ursprung der Erleuchtung, seiner Natur nach, wahrhaft und eigentlich als Wesen des Lichts, und Urheber seines Seins und Schauens; aufgrund göttlicher Einrichtung und in Nachahmung Gottes ist es der jeweils Höhere gegenüber dem Niederen, dem durch seine Vermittlung das göttliche Licht zugeführt wird. Die höchste Ordnung himmlischer Geister halten also mit Recht alle andern englischen Wesen nächst Gott für den Quell aller heiligen Gotteserkenntnis und -nachfolge, weil durch sie allen, bis herab zu uns, die ursprüngliche Erleuchtung Gottes zugeführt wird; deshalb beziehen sie alle heilige, Gott nachahmende Wirksamkeit auf Gott als Urheber, auf die ersten gottähnlichen Geister aber als auf die ersten Vollbringer und Lehrer göttlicher Werke. Die erste Ordnung der heiligen Engel also hat mehr feuerähnliche Beschaffenheit als die übrigen und eingegossene Gemeinschaft mit der göttlichen Weisheit und Übung und Erfahrung in der Kenntnis der höchsten göttlichen Erleuchtungen und die Eigentümlichkeit des Thronens, was geöffnete Empfangsbereitschaft für die Aufnahme Gottes anzeigt: Die niederen Wesensordnungen aber haben ihrerseits Anteil an dieser feurigen, weisen, wissenden, für Gott aufnahmefähigen Kraft, aber in niederem Grade, und im Hinblick auf die höheren, diese als die Gott vorbildlich nachahmenden führen sie, ihrer Fassungskraft entsprechend, zur Gottähnlichkeit. Die genannten heiligen Eigenschaften, an denen die folgenden Engel durch die ersten Anteil gewinnen, schreiben jene, nächst Gott, diesen als den ihnen vorgesetzten zu.