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Himmlische Hierarchie (BKV)
§ 4.
1) Die gegebene Lösung setzt voraus, daß dem Propheten durch einen niedrigeren Engel jene Vision vermittelt worden sei, in der ihm die höchsten Engel und Gott selbst gezeigt wurden. Isaias erkannte hiedurch, daß Gott über alles Sichtbare und Unsichtbare erhaben, der Urgrund aller Dinge und das Fundament ihres Seins und Bestehens ist. 2) Desgleichen wurden dem Seher die Eigenschaften der Seraphim geoffenbart, da ihm der Name Seraphim die Glutnatur derselben andeutete. 3) Die sechs Flügel der Seraphim bedeuten deren unablässige Erhebung zu Gott, die Menge ihrer Füße und Augen offenbaren die außerordentliche Sehkraft, S. 69 das Bewegen nur des mittleren Flügelpaares die heilige Ehrfurcht und Zurückhaltung. 4) Ferner hörte der Prophet den Lobgesang der Seraphim und ward auch darüber belehrt, daß selbst für die Reinen die Teilnahme am göttlichen Licht weitere Reinigung bewirkt. 5) Dieses Licht, das sich alten heiligen Geistern geheimnisvoll mitteilt, ergießt sich in die zunächst um Gott stehenden Engel in hellerem Glanze, in die entfernter oder zu äußerst stehenden Vernunftwesen aber in dem Maße, als es dem betreffenden Abstand entspricht. Es leuchtet den Gliedern der tiefern Ordnung vermittels der ersten Engel und wird durch diese sozusagen aus dem Verborgenen ans Licht gezogen. 6) In dieses Gesetz nun, daß Reinigung und alle übrigen Wirkungen zuerst in den obersten Wesen hervortreten und durch diese dann den niedern nach Verhältnis vermittelt werden, wurde der Prophet eingeweiht und deshalb führte er die Tätigkeit des Reinigens (Entsühnens) nächst Gott auf die Seraphim zurück. 7) Wie Gott, da er jeglicher Reinigung Urgrund ist, alle reinigt, wie auf unsern Bischof, der durch Diakone und Priester reinigt und erleuchtet, die Reinigung und Erleuchtung der Gläubigen zurückgeführt wird, so führt auch der Engel, der den Propheten entsühnt, die Gabe zu entsühnen auf Gott als den Urheber, auf den Seraph als erstwirkenden Hierarchen zurück. Wiederholung des Gesagten. 8) Die eine oder andere der beiden Lösungen möge dem Adressaten genügen, oder er suche eine neue zu finden, oder von einem andern zu erfahren. Der Verfasser wünscht deren Mitteilung 1.
Es sagte nämlich der Mann, der die Erklärung gab, jenes Gesicht sei dem Propheten durch einen der heiligen und glückseligen Engel gezeigt worden, welche über uns als Vorsteher gesetzt sind, und durch dessen erleuchtende Anleitung sei er zu jenem geistigen Schauen erhoben werden, in welchem er die höchsten Wesen (um in Symbolen zu sprechen) unter Gott und mit Gott und um Gott gestellt sah und die überursprüngliche, auch über sie alle in überunaussprechlicher Weise entrückte Spitze inmitten der höheren Mächte erhöht erblickte. Durch die Vision erkannte der Prophet, daß die Gottheit in aller überwesentlichen Vorzüglichkeit unvergleichlich weit über jede sichtbare und unsichtbare Macht erhaben und, wahrhaftig einfachhin allem entrückt, auch nicht den ersten Wesen der Schöpfung vergleichbar ist. Er erkannte ferner, daß die Gottheit das Prinzip und die wesengebende Ursache und das unveränderliche Fundament des unauflöslichen Bestandes der Dinge sei, von welchem auch selbst die übergeordneten Mächte das Sein und das glückliche Sein haben. Weiterhin wurde der Prophet über die gottgleichen Kräfte der heiligsten Seraphim selbst geheimnisvoll aufgeklärt, da ihm der heilige Name derselben ihre Feuernatur anzeigte. Wir werden darüber ein wenig später reden, um nach unserem Vermögen die Aufschwünge der feuererfüllten Kraft zur Gottähnlichkeit zu schildern.
Wenn dann der heilige Prophet die unbehinderte und höchste Erhebung der heiligen, sechsflügelig gebildeten Gestalten zum Göttlichen in ersten, mittlern und letzten Erkenntnissen, ferner die zahllose Menge der Füße und Augen sah, und wie mit den Flügeln das Schauen unter die Füße und über das Antlitz verhindert wurde und nur in den mittlern Flügeln eine beständige Bewegung war, so ward er zur geistigen Erkenntnis der geschauten Dinge emporgehoben. Denn es wurde ihm die weitreichende und vielschauende Sehkraft der höchsten Geister, ihre heilige Scheu, welche sie überweltlich gegen die selbstmächtige, kecke und unerreichbare Erforschung der zu hohen und zu tiefen Geheimnisse hegen, und die unablässige, höchststre- S. 71 bende Beweglichkeit, welche sich allzeit in harmonischer Ordnung der gottnachahmenden Tätigkeiten zeigt, geoffenbart. Auch in jenen urgöttlichen und vielgepriesenen Lobgesang wurde er eingeweiht, da der Engel, welcher das Visionsbild formte, nach seinen Kräften dem Propheten von der eigenen heiligen Erkenntnis mitteilte. Er belehrte ihn desgleichen darüber, daß für alle, wie rein sie auch immer sein mögen, die geheimnisvolle, möglichste Teilnahme an dem urgöttlichen Strahlenglanze (weitere) Reinigung ist. Dieser Glanz nun, der von der Urgottheit selber aus erhabenen Ursachen in alle heiligen Geister in überwesentlicher Heimlichkeit mystisch verbreitet wird, erscheint den Mächten, welche um Gott stehen, weil sie die höchsten sind, in einem gewissen helleren Lichte und zeigt und teilt sich ihnen in höherem Grade mit. Bei den Geistern der tiefern Ordnung oder bei den letzten vernunftbegabten Wesen unter uns beschränkt sie in dem Verhältnis des Abstandes, den jedes in der Gottähnlichkeit einnimmt, das klare Licht, welches sie auf das einige und unerforschliche Wesen ihrer eigenen Heimlichkeit fallen läßt. Sie strahlt aber in die einzelnen Glieder der zweiten Ordnung vermittels der ersten hinein und wird, um es kurz zu sagen, zuerst durch die obersten Mächte aus der Verborgenheit ans Licht gebracht.
In diesem Gesetze also wurde der Prophet von dem Engel, der ihn erleuchtete, unterrichtet, daß nämlich die Reinigung und alle urgöttlichen Wirkungen, durch die obersten Wesen erstrahlend, auf alle übrigen verteilt werden, sowie es dem jeweiligen Grade der Anteilnahme am göttlichen Wirken entspricht. Deshalb hat er auch die eigentümliche Kraft durch Feuer zu reinigen geziemend nächst Gott auf die Seraphim zurückgeführt. Es ist daher kein Widerspruch, wenn es heißt, daß der Seraph den Propheten reinige. Wie nämlich Gott dadurch, daß er jeglicher Reinigung Ursache ist, alle reinigt, oder deutlicher (ich will ein naheliegendes Beispiel gebrauchen) gleichwie von unserm Hierarchen, wenn er durch seine Diakone oder Priester reinigt oder erleuchtet, gesagt wird, daß er selbst reinige und erleuchte, insofern die von ihm konsekrierten Stände ihre S. 72 eigenen heiligen Tätigkeiten auf ihn zurückführen, so führt auch der Engel, welcher die Reinigung des Propheten mystisch vollzieht, seine eigene Wissenschaft und Kraft des Entsühnens auf Gott als den Urheber, auf den Seraph aber als erstwirkenden Hierarchen zurück. Man möchte sagen, daß er mit der Ehrfurcht eines Engels den von ihm gereinigten Propheten also belehre: „Das erhabenste Prinzip der von mir an dir vollzogenen Reinigung, ihr Wesen, ihr Vollzieher, ihr Urheber ist derjenige, welcher auch die vornehmsten Naturen ins Dasein gerufen hat und sie rings um sich in fester Stellung erhält und sie vor jeder Veränderlichkeit und jedem Abfall bewahrt und sie zur unmittelbaren Teilnahme an seiner eigenen fürsorgenden Tätigkeit anregt“. Denn diesen Sinn habe die Sendung des Seraph, sagte mir der Mann, der mich hierüber belehrte: „Als Hierarch und als Führer nächst Gott vollzieht die Ordnung der vornehmsten Wesen, von welcher ich auf gottähnliche Weise das Entsühnen gelehrt worden bin, durch mich an dir die Entsühnung. Sie ist es, durch welche die (höchste) Ursache und Bewirkerin jeglicher Reinigung ihre eigenen fürsorglichen Tätigkeiten aus der Verborgenheit auch auf uns erstreckt hat.“ Diese Geheimnisse lehrte mich jener, ich aber teile sie dir mit. Sache deiner verständigen und kritischen Einsicht dürfte es nun sein, entweder mit Rücksicht auf den einen der beiden besprochenen Gründe dich von der Schwierigkeit zu befreien und ihn vor dem andern zu bewerten, weil er die Wahrscheinlichkeit und das Vernunftmäßige und vielleicht auch die Richtigkeit für sich hat; oder auf eigene Faust etwas der eigentlichen Wahrheit näher Verwandtes ausfindig zu machen, oder von einem andern zu erlernen (indem Gott natürlich das Wort verleiht und die Engel es vermitteln) und uns, die wir Liebe zu den Engeln tragen, eine (wenn es anders möglich ist) klarere und uns noch liebere Erkenntnis mitzuteilen.
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Die eine wie die andere Lösung erscheint als eine erkünstelte Interpretation des klaren Schriftwortes. D. kann freilich von seinem Triadensystem und seiner Grundidee aus, daß nur die untersten Engel direkt mit den Menschen verkehren, sich nicht besser behelfen. Die mittelalterlichen Theologen befassen sich alle mit der gleichen Stelle, ohne jedoch sämtlich an D. sich anzuschließen. Die Hauptschwierigkeit gegen D. liegt in den Worten des Hebräerbriefes 1, 14: Nonne omnes sunt administratorii Spiritus in ministerium missi etc. Keiner von den heiligen Vätern vor D. hat eine solche Umdeutung des heiligen Textes gewagt; Gregor d. Gr. nach ihm will die Frage nicht entscheiden hom. 34 (M. s. lat. 76, 1255 A). ↩
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Himmlische Hierarchie (Edith Stein)
§ 4.
Der dies ausführte, sagte also, jenes Gesicht sei dem Theologen durch einen jener heiligen und seligen Engel vorgestellt worden, die uns leiten; durch dessen erleuchtende Führung sei er zu jener geistigen Schau erhoben worden, worin er jene höchsten Wesen (gleichsam in Sinnbildern) unterhalb Gottes, neben Gott und rings um Gott sah, und darüber ihrer aller überunaussprechlich überragenden, überwesentlichen Gipfel inmitten der überragenden Kräfte thronend.
Aus diesen Gesichten lernte also der Theologe, daß neben aller übernatürlichen Auszeichnung die Gottheit jede sichtbare und unsichtbare Kraft unvergleichlich übertreffe und über alle hinausgehoben sei, so daß sie nicht einmal den ersten Wesen irgendwie gliche: dazu, daß sie aller Dinge Urgrund und wesengebende Ursache sei, unwandelbare Grundlage des unauflöslichen Bleibens aller Dinge, woher auch die höchsten Kräfte ihr Sein und ihr Gutsein haben.
Er wurde sodann belehrt über die gottähnlichen Kräfte der heiligen Seraphim, deren heiliger Name etwas Feuriges bezeichnet – wir werden bald noch darüber sprechen und ihn nach Kräften deuten –, und über die Antriebe dieser feurigen Kraft zur Verähnlichung mit Gott. Als er dann in dem heiligen Bilde der sechs Flügel die vollkommene, höchste Bewegung zu Gott hin an den ersten, mittleren und letzten Geistern sah, ihre zahllosen Füße und vielen Angesichter, und wie sie mit den Flügeln die Füße und Angesichter gegen Blicke schützten und wie sich die mittleren Flügel beständig bewegten, da wurde er zum geistigen Verständnis dessen, was er sah, geführt, es wurde ihm die vielfältige und vielschauende Kraft der höchsten Geister klargemacht und ihre heilige Scheu gegenüber einer dreisten, verwegenen, unmöglichen Erforschung der tiefsten Geheimnisse und die unaufhörliche, hochfliegende, dauernde Bewegung ihrer Gott nachahmenden Tätigkeiten vortrefflich zu verstehen gegeben. Er lernte auch jenen göttlichen, hervorragenden Lobgesang, da der Engel, der die Erscheinung bildete, ihm sein heiliges Wissen, soweit möglich, mitteilte.
Er wurde auch belehrt, wie die Teilnahme an der göttlichen Klarheit und Reinheit den auf irgendwelche Weise Gereinigten Entsühnung wirkt. Sie wird in allen heiligen Geistern von Gott aus besonderen Ursachen auf geheimnisvolle Weise gewirkt, für die höchsten, Gott nächsten Kräfte aber ist sie offenkundiger und gibt sich klarer zu erkennen. Den zweiten und letzten aber und unseren geistigen Kräften gibt Er, dem Maß ihres Abstandes von der Gottähnlichkeit entsprechend, Seine klare Erleuchtung zu einem besonderen Nichtwissen um Sein Geheimnis.
Er erleuchtet sodann einzeln die zweiten durch die ersten; um es kürzer zusammenzufassen – Er wird zuerst durch die ersten Kräfte aus der Verborgenheit zum Offenbarsein geführt. Das lernte also der Theologe von dem Engel, der ihn erleuchtete, wie sowohl die Reinigung als [auch] die andern Tätigkeiten Gottes durch die ersten erleuchtenden Wesen auf die übrigen verteilt werden, entsprechend der Fassungskraft eines jeden für die vergöttlichende Teilhabe: Darum schrieb er die Eigenschaft, durch Feuer zu reinigen, mit Recht nächst Gott den Seraphim zu. Es ist also durchaus nicht unangemessen, wenn gesagt wird, daß ein Seraph den Theologen reinige. Denn wie Gott, als Ursache aller Reinigung, alle reinigt, oder besser (um ein uns näherliegendes Beispiel zu gebrauchen), wie bei uns vom obersten Priester gesagt wird, er reinige und erleuchte, wenn er durch seine Diener oder untergeordneten Priester reinigt und erleuchtet, weil die Stände, die er weiht, ihre Handlungen auf ihn zurückbeziehen, so schrieb auch der Engel, der den Theologen entsühnte, seine eigene Kraft zu reinigen und sein Wissen Gott als dem Urheber zu, dem Seraph aber gleichsam als dem obersten Priester im Heiligtum: Als wollte er, mit der heiligen Scheu eines Engels dem, den er reinigte, sagen: »Vorzüglicher Seinsgrund, wirksames Wesen und Urheber der Entsühnung, die durch meinen Dienst in dir vollbracht wird, ist Jener, der auch die Wesen ans Licht förderte, sie in Seiner Nähe aufstellte und unwandelbar bewahrt, frei von jedem Fehl, und der sie zum ersten Anteil an den Werken Seiner Vorsehung bewegt.« Denn das – so sagte der, der mich darüber belehrte – erkläre die Sendung des Seraph. »Der oberste Priester aber und Führer nächst Gott ist jene Ordnung höchster Wesen, von dem ich es gelernt habe, gottähnlich zu reinigen. Er ist es also, der durch mich Dich reinigt, durch den der Urheber und Bewirker aller Reinigung das Wirken Seiner Vorsehung aus der Verborgenheit zu uns hinleitete.« Dies hat jener mich gelehrt, ich aber übergebe es Dir. Denn Deinem Wissen, das verstehen und unterscheiden kann, wird es zukommen, entweder durch die eine der genannten Darlegungen der Sache von jedem Zweifel und Schwanken befreit zu werden und sie der anderen als beweisbar und übereinstimmend und durchaus wahr vorzuziehen oder von Dir aus etwas zu finden, was mehr mit der Wahrheit übereinstimmt, oder es von einem andern zu lernen (wenn Gott das Wort gibt und die Engel es auslegen) und uns, den Freunden der Engel, eine klarere und mir willkommenere Anschauung zu offenbaren.