3. Die kurz zusammengefaßte Theologie
So sagt denn der göttliche Bartholomäus, die Theologie sei zugleich vielumfassend und ganz klein, das Evangelium zugleich weit und groß und kurz zusammengefaßt. Mir scheint, in ausgezeichneter Erkenntnis dessen, daß die gütige Erkenntnis aller Dinge zugleich vielsagend ist und sich kurz faßt und doch wiederum ohne Sprache ist, weil ohne Wort und Erkenntnis in ihrem über-seienden Vorrang vor allen Dingen; und unverhüllt und wahrhaft zeigt sie sich nur denen, die alles Unreine und Reine durchschritten haben und über den Aufstieg aller heiligen Gipfel hinausgehen, alles göttliche Licht, alle himmlischen Klänge und Worte hinter sich lassen und sich in die Dunkelheit versenken, in der, wie die Schrift sagt, Der wahrhaft ist, Der über allem ist. Denn nicht so einfachhin hier erhält der göttliche Moses den Befehl, selbst erst sich zu reinigen und dann von den Ungereinigten sich abzusondern, und nach der ganzen Reinigung hört er die vieltönigen Trompeten und sieht viele Lichter, die reine und mannigfaltige Strahlen aussenden; dann trennt er sich von der Menge und gelangt mit auserwählten Priestern zum höchsten Gipfel der göttlichen Aufstiege. Und damit verkehrt er noch nicht mit Gott selbst, er schaut Ihn nicht (Er ist ja unsichtbar), sondern [nur] den Ort, wo Er ist. Dies bedeutet, glaube ich, daß das Höchste von dem, was geschaut und erkannt wird, nur angesetzte Begriffe für das sind, was Dem unterworfen ist, der alles überragt; durch sie wird Seine Gegenwart angezeigt, die über alle Erkenntnis ist, als daherschreitend auf den höchsten geistigen Gipfeln der heiligsten Orte: Und dann löst er sich von allem Geschauten und allen Schauenden und taucht unter in das wahrhaft geheimnisvolle Dunkel der Unerkennbarkeit; demgemäß schaltet er alle Erkenntnishilfen aus und verweilt in dem ganz Unfaßbaren und Unsichtbaren, ganz Dem eigen, der über allem ist, er gehört keinem an, weder sich selbst noch einem andern; dem ganz Unerkennbaren ist er geeint durch das Ruhen aller Erkenntnis, mit dem besseren Teil seiner selbst; und dadurch, daß er nichts erkennt, erkennt er über allen Verstand.