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Œuvres Jean Damascène (675-750) Expositio fidei Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens (BKV)
Zweites Buch

XXIX. KAPITEL. Von der Vorsehung.

Vorsehung ist die Sorge, die Gott dem Seienden zuwendet. Und wiederum: Vorsehung ist der Wille Gottes, durch den alles Seiende die angemessene Leitung erhält. Ist aber die Vorsehung Gottes Wille, so muß folgerichtig alles, was durch die Vorsehung geschieht, überaus schön und gotteswürdig und so geschehen, wie es besser gar nicht geschehen könnte. Denn es muß der Schöpfer und Vorseher des Seienden ein und derselbe sein. Es wäre ja weder geziemend noch folgerichtig, wenn einer Schöpfer des Seienden und einer Vorseher wäre. Denn da fehlte sicherlich beiden die Kraft 1: dem einen, um zu schaffen, dem andern, um vorzusehen. Gott ist also sowohl Schöpfer als Vorseher, und seine schaffende und erhaltende und vorsehende Kraft ist sein guter Wille. Denn „alles, was er wollte, hat der Herr im Himmel und auf der Erde gemacht 2“, und seinem Willen widersteht niemand 3. Er wollte, daß alles werde, und es ward. Er will, daß die Welt bestehe, und sie besteht, und alles, was er will, geschieht.

Daß Gott vorsorgt und daß er trefflich vorsorgt, zeigt wohl am richtigsten folgende Erwägung: Gott allein ist von Natur aus gut und weise. Da er also gut ist, sorgt er vor. Denn wer nicht vorsorgt, ist nicht gut. Auch die Menschen und die vernunftlosen Wesen sorgen ja naturgemäß für ihre Kinder vor. Und wer nicht vorsorgt, wird getadelt. Da er ferner weise ist, sorgt er aufs beste für das Seiende.

Beachten wir dies, so müssen wir alle Werke der Vorsehung bewundern, alle loben, alle ohne Grübeln S. 106 hinnehmen, auch wenn sie der Menge ungerecht scheinen. Denn die Vorsehung Gottes ist unerkennbar und unbegreifbar, und unsere Gedanken und Handlungen sowie die Zukunft sind ihm allein bekannt. All das steht nämlich nicht in unserer Macht. Denn was in unserer Macht liegt, ist nicht Sache der Vorsehung, sondern unseres freien Willens.

Was Sache der Vorsehung ist, geschieht teils nach Wohlgefallen, teils nach Zulassung. Nach Wohlgefallen alles, was unwidersprechlich gut ist. Nach Zulassung aber [auf verschiedene Art]. Oft läßt sie zu, daß auch der Gerechte in Unglück fällt, um die in ihm verborgenen Tugenden den andern kundzutun, wie bei Job 4. Ein andermal läßt sie etwas Unziemliches geschehen, auf daß durch die unziemlich scheinende Tat etwas Großes und Wunderbares vollbracht werde, wie durch das Kreuz das Heil der Menschen. In anderer Weise läßt sie den Frommen Übles leiden, auf daß er nicht das gute Gewissen verliere oder auch ob der ihm verliehenen Kraft und Gnade in Prahlerei verfalle, wie bei Paulus 5. Mancher wird eine Zeitlang zur Besserung eines andern verlassen, damit die andern, die seine Lage sehen, unterwiesen werden, wie bei Lazarus und dem Reichen 6. Denn naturgemäß gehen wir, wenn wir welche leiden sehen, in uns. Manch einer wird auch zur Ehre eines andern, nicht durch eigene oder der Eltern Sünde, verlassen, wie der Blindgeborene zur Ehre des Menschensohnes 7. Ferner wird zugelassen, daß mancher zur Aneiferung eines andern leidet, damit, wenn des Leidenden Ruhm sich erhöht, die andern das Leiden ohne Zaudern ertragen in der Hoffnung auf die „künftige Herrlichkeit 8“ und im Verlangen nach den „künftigen Gütern 9“ , wie bei den Märtyrern 10. Es wird zugelassen, S. 107 daß mancher zuweilen sogar eine schändliche Handlung begeht, um ein anderes, noch schlimmeres Übel zu verhindern. Z. B.: Es ist einer stolz auf seine Tugenden und guten Werke. Diesen läßt Gott in Unzucht fallen, daß er durch den Fall zur Erkenntnis seiner Schwäche komme, sich demütige, zum Herrn hinzutrete und ihm ein Bekenntnis ablege.

Man muß wissen, daß zwar* die Wahl dessen, was zu tun ist, in unserer Macht steht 11.* Das Vollziehen jedoch liegt, was das Gute betrifft, an der Mitwirkung Gottes, der gemäß seines Vorherwissens mit denen, die mit gutem Gewissen das Gute wählen, mit Recht mitwirkt; was aber das Böse betrifft, am Verlassen Gottes, der wieder gemäß seines Vorherwissens mit Recht [den Bösen] verläßt.

Es gibt zwei Arten der Verlassung. Es gibt nämlich eine in der Heilsordnung gelegene und erziehliche Verlassung, und es gibt eine vollständige, verwerfende Verlassung. In der Heilsordnung gelegen und erziehlich ist die, die zur Besserung und Rettung und Ehre des Leidenden oder zur Aneiferung und Nachahmung anderer oder zur Ehre Gottes erfolgt. Die vollständige Verlassung aber ist dann da, wenn der Mensch, trotzdem Gott alles zum Heile Dienende getan, vorsätzlich gefühllos und ungeheilt, oder besser gesagt, unheilbar bleibt. Dann wird er dem völligen Verderben überantwortet wie Judas. Möge Gott uns gnädig sein und uns vor einer solchen Verlassung bewahren!

Man muß wissen, daß es viele Arten der Vorsehung Gottes gibt, die man weder mit Worten erklären noch mit dem Verstande begreifen kann.

Man muß wissen, daß alle traurigen Geschicke denen, die sie mit Dank annehmen, zum Heil gereichen und gewiß nutzbringend sind.

Man muß wissen, daß Gott in vorangehender Weise will, daß alle gerettet werden 12 und sein Reich erlangen. Denn nicht zur Bestrafung hat er uns geschaffen, S. 108 sondem zur Teilnahme an seiner Güte, da er gut ist. Die Bestrafung der Sünder aber will er, da er gerecht ist.

Den ersten [Willen] nun nennt man vorangehenden Willen und Wohlgefallen, da er (Gott) selbst dessen Ursache ist; den zweiten nachfolgenden Willen und Zulassung, da seine Ursache wir sind. Und diese (═ die Zulassung) ist eine doppelte: die eine ist in der Heilsordnung gelegen und erzieht zum Heile, die andere verwirft zur vollen Bestrafung, wie gesagt. Dies aber bezieht sich auf das, was nicht in unserer Macht steht.

Von dem, was in unserer Macht steht, will er (Gott) das Gute in vorangehender Weise und hat daran sein Wohlgefallen. Das Böse und wirklich Schlechte aber will er weder in vorangehender noch nachfolgender Weise. Er erlaubt es jedoch dem freien Willen. Denn was aus Zwang geschieht, ist nicht vernünftig noch Tugend. Gott sorgt für die ganze Schöpfung, und durch die ganze Schöpfung spendet er Wohltaten und erzieht, ja oft sogar durch die Dämonen, wie bei Job 13 und den Schweinen 14.


  1. Fast wörtlich aus Nem., l. c. c. 43, S. 343 f. ↩

  2. Ps. 134, 6 [hebr. Ps. 135, 6]. ↩

  3. Vgl. Röm. 9, 19. ↩

  4. Job 1, 12 ff. ↩

  5. 2 Kor. 12, 7. ↩

  6. Luk. 16, 19 ff. ↩

  7. Joh. 9, 3. ↩

  8. 1 Petr. 5, 1. ↩

  9. Hebr. 10, 1. ↩

  10. Das kursiv Gedruckte wortgetreu aus Nem., l. c. c. 44, S. 362—364. ↩

  11. Nem., l. c. c. 37, S. 299. ↩

  12. Vgl. 1 Tim. 2, 4. ↩

  13. Job 1, 12 ff. ↩

  14. Matth. 8, 30 ff.; Mark. 5, 11 ff.; Luk. 8, 32 ff. ↩

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Faculté de théologie, Patristique et histoire de l'Église ancienne
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