Selbstverteidigung
(43) Wenn ich sie auch aufgeben wollte und nach Britannien reisen — sehr gerne wäre ich dazu bereit, ginge es doch in meine Heimat und zu meinen Verwandten — und weiter bis nach Gallien, um meine Brüder zu besuchen und die Heiligen meines Herrn von Angesicht zu sehen — Gott weiß, daß ich es lebhaft wünschte. Aber vom Geiste gebunden, der mir versichert, wenn ich es tue, so werde ich schuldig sein, fürchte ich, das Werk zu vernichten, das ich begonnen habe; das heißt, nicht ich, sondern Christus, der Herr, der mir den Befehl gab, dorthin zu gehen und bei ihnen zu bleiben für den Rest meines Lebens — wenn es der Herr will und mich bewahrt vor jedem bösen Weg, so daß ich nicht vor ihm sündige. (44) Ich hoffe, daß ich das Richtige tue, aber ich traue mir nicht, solange ich in diesem Leibe des Todes bin, denn stark ist der, der sich täglich bemüht, mich vom Glauben abzubringen und von dem Vorsatz, die ungeheuchelte Hingabe für Christus, den Herrn, mir bis an mein Lebensende zu bewahren. Das feindliche Fleisch aber zieht immer zum Tode, das heißt, es lockt zu Dingen, deren Ausführung S. 34 Unheil bedeutet. Ich weiß ja zum Teil, daß ich nicht ein vollkommenes Leben geführt habe wie andere Gläubige. Aber ich bekenne meinem Herrn und erröte dabei nicht vor seinem Angesichte, denn icb lüge nicht seit ich ihn erkannt habe, von meinem Jünglingsalter an ist die Liebe zu Gott und die Furcht vor ihm in mir gewachsen; und bis jetzt habe ich mit der Gnade des Herrn den Glauben bewahrt. (45) Lachen möge und höhnen, wer will, ich werde nicht schweigen und die Wunderzeichen verbergen, die mir viele Jahre vor ihrer Erfüllung vom Herrn gegeben wurden; er weiß ja alles von Ewigkeit her. (46) Deshalb muß ich aber ohne Ende Gott Dank sagen, daß er wiederholt mit meinem Unverstand und mit meiner Trägheit Nachsicht hatte und nicht ein einziges Mal mich seinen Zorn fühlen ließ, der ich als Mitarbeiter bestellt war und mich nicht gleich dem fügte, was mir gezeigt worden war und was mir der Geist eingab. Erbarmt hat sich der Herr meiner tausendfach, denn er sah, daß ich bereit war, aber daß ich mir wegen meiner Stellung keinen Rat wußte, da viele gegen diese Sendung waren. Sie redeten auch hinter meinem Rücken untereinander und sagten: „Warum begibt er sich in Gefahr unter Feinde, die Gott nicht kennen?" Nicht aus Bosheit taten sie das, sondern es war ihnen, wie ich auch selbst bezeuge, unverständlich wegen meiner geringen Bildung. Nicht gleich habe ich die Gnade erkannt, die damals in mir wohnte. Jetzt aber ist mir klar, daß es meine Pflicht war. S. 35 (47) Jetzt habe ich also meinen Brüdern und Mitknechten, die mir geglaubt haben, mitgeteilt, weshalb ich gepredigt habe und predige, um euern Glauben zu stärken und ZU kräftigen. Möchtet auch ihr die größeren Vorbilder nachahmen und das Bessere tun! Dies wird mein Ruhm sein, denn ein weiser Sohn ist der Ruhm des Vaters. (48) Ihr wißt es und Gott, wie ich bei euch gewandelt bin seit meiner Jugend in Treue, in Wahrheit und Aufrichtigkeit des Herzens. Auch bei dem Volk, bei dem ich jetzt wohne, habe ich ihnen immer die Treue gehalten und werde es auch weiter tun. Gott weiß es, ich habe niemanden von ihnen überlistet. Und ich gedenke auch nicht, es zu tun, Gott zuliebe und seiner Kirche, damit ich nicht gegen jene und gegen uns alle eine Verfolgung errege und damit nicht durch mich der Name Gottes gelästert werde. Denn es steht geschrieben Wehe dem Menschen, durch den der Name Gottes gelästert wird.
(49) Denn wenn ich auch in allem unerfahren bin, so habe ich mich doch bemüht, mich (uneigennützig) zu bewahren auch gegenüber den christlichen Brüdern, den Jungfrauen Christi und den frommen Frauen, die mir freiwillig Geschenke brachten und manches von ihren Schmuckstücken auf den Altar legten; aber ich gab es ihnen wieder zurück. Und sie nahmen Ärgernis an mir, weil ich das tat. Aber um der Hoffnung auf die Ewigkeit willen bewahrte ich mich in allem mit großer Vorsicht, daß nicht aus einem (in meiner Person S. 36 gelegenen) Grund die Ungläubigen mich und die Leistung meines Dienstes nicht aufnehmen möchten und daß ich auch nicht im geringsten ihnen Anlaß gäbe, mich zu verunglimpfen und schlecht von mir zu reden. (50) Habe ich etwa, als ich so viele Tausende taufte, von irgend einem auch nur die Hälfte einer Unze erwartet? Sagt es mir, und ich werde es zurückgeben. Oder als Gott überall durch meine geringe Persönlichkeit Priester weihte und ich ihnen diesen Dienst unentgeltlich erwies, wenn ich von einem von ihnen auch nur den Preis meines Schuhwerks verlangt habe, führt es an gegen mich, und ich werde noch mehr zurückgeben.
(51) Ich habe für euch Aufwendungen gemacht, damit sie mich aufnehmen sollten. Bei euch und überall wanderte ich euretwegen, und das unter vielen Gefahren, sogar bis in die entferntesten Gegenden, über die hinaus niemand mehr wohnte und wohin noch nie jemand gekommen war, um zu taufen, Priester zu weihen und das Volk zur Vollendung zu führen; durch Gottes Güte habe ich alles gewissenhaft und mit Freuden für euer Heil getan.
(52) Bisweilen machte ich den Fürsten Zuwendungen außer dem Sold, den ich ihren Söhnen, die mit mir wanderten, zahlte. Nichsdestoweniger haben sie mich einmal samt meinen Begleitern ergriffen. Sie waren damals sehr darauf aus, mich zu töten; aber die Zeit war noch nicht gekommen. Sie raubten aber alles, was sie bei uns fanden, und mich schlossen sie in Ketten. Am vierzehnten Tag S. 37 befreite mich der Herr aus ihrer Gewalt. Und alle unsere Habe wurde uns zurückgegeben dank Gott und nahestehenden Freunden, die wir uns früher verschafft hatten. (53) Ihr habt es aber selbst miterlebt, wieviel ich in allen Gegenden, die ich öfter besuchte, für die ausgab, die als Führer verwendet wurden. Ich glaube, ich habe ihnen nicht weniger als den Preis von fünfzehn Männern ausgezahlt, damit ihr mich genießt und ich euch immer genieße in Gott. Ich bereue es nicht, ja es genügt mir nicht. Auch fürderhin opfere ich und werde noch mehr opfern. Der Herr hat die Macht, mir zu gewähren, daß ich mich selber aufopfere für eure Seelen.
