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Petrus war rein. Aber den Fuß mußte er waschen; denn er war als Erbfolger des ersten Menschen sündebehaftet, nachdem einmal die Schlange dessen Fuß nachgestellt und ihn irregeführt hatte. Die S. 290 Fußwaschung an ihm bezweckt sonach die Tilgung des Erbsündlichen; denn unsere eigenen Sünden werden durch die Taufe nachgelassen1.
Diese Stelle wurde des öfteren dahin mißverstanden, als hielte Ambr. die Fußwaschung für ein eigentliches, der Taufe analoges Sakrament, das, wie letztere die persönlichen Sünden, so die Erbsünde abwasche. Schon die Mauriner bekämpfen in der admonitio ihrer Ausgabe der obigen Schrift (M. XVI 403 sqq.) diese Auslegung. Sie steht tatsächlich in so schreiendem Widerspruch mit der Auffassung unseres Heiligen über die Taufe, daß J. Dalläus u. a. konsequent genug waren, auf Grund derselben geradezu die Echtheit der Schrift zu bestreiten. Indes war dies eine übereilte Konsequenz. Schon das sichtliche Spielen mit Worten sowie der Plural ‚haereditaria peccata‘ hätte zur Vorsicht mahnen sollen. Die ausführliche Parallelstelle aber in der Erklärung des 48. Psalmes (n. 8—12) lehrt deutlich, daß Ambr. unter ‚haereditaria peccata‘ bezw. ‚iniquitas calcanei‘ (Ps. 48, 6 nach dem Italatext) nichts anderes versteht als die Regungen der Begierlichkeit in der verderbten Adamsnatur des Menschen. „Ich glaube“, versichert er wörtlich (l. c. 9), „jene ‚iniquitas calcanei‘ bedeute mehr den Hang zum Sündigen (lubricum delinquendi) als irgendeinen Sündenreat unsererseits (reatum aliquem nostri delicti).“ „Und nicht braucht diesen ererbten Hang (lubricum haereditatis) fürchten, wer den Tugendpfad einzuhalten bestrebt ist“ (ebd.). Ein „Hinken als Folge jenes Schlangenbisses“, d. i. der Adams- bezw. Erbsünde, stellt die ‚iniquitas calcanei‘ für alle dar (l. c. 8). Die Zeremonie der Fußwaschung findet sich auch im afrikanischen, gallischen und spanischen (dagegen das Konz. v. Elvira) Taufritus, nicht aber im römischen und orientalischen. Vgl. Kraus RE I 546 f.; II 968 f. ↩
