Text.
Bonifacius, Bischof der Stadt Rom, (sendet) dem Hilarius, Bischof von Narbonne (seinen Gruß).
1. Schwer zwar schenken wir Klagen, welche gegen die Bischöfe des Herrn gerichtet sind, Glauben, besonders wenn sie dahim lauten, daß jene Etwas gegen die Anordnungen der Väter wagten; häufig jedoch bestätigt dieselben, wie in S. 344 dem jetzigen Falle, die Menge der Klageführenden. Denn siehe, Klerus und Volk der Kirche von Luteva1 schickten, wie deine Liebe aus den Beilagen ersieht, ihre Bitten und Thränen mit großem Schmerze, so weit es zu entnehmen ist, (an uns) indem sie sagen, daß unser Mitbischof Patroclus, mit Beiseitesetzung ihrer Bitte, an die Stelle (ihres) verstorbenen Bischofs einen Anderen, ich weiß nicht wen, in einer fremden Provinz mit Umgehung des Metropoliten den Regeln der Väter zuwider ordinirt habe. Das können wir nicht geduldig hinnehmen, weil wir sorgfältige Wächter der väterlichen Überlieferungen sein sollen. Niemand ist doch die Verordnung der nicänischen Synode unbekannt, deren Vorschrift so lautet, daß wir dieselben Worte (hier als) eigene anführen.2 In jeder Provinz müsse das Recht je einem Metropoliten zustehen, und keinem dürfen zwei (Provinzen) unterworfen sein. Das also beschloßen Jene, weil auch nicht anders zu glauben ist, auf Antrieb des heiligen Geistes für sich wahren zu müssen.
2. Wenn daher, theuerster Bruder, die Sache sich so verhält und die obgenannte Kirche innerhalb der Grenzen S. 345 deiner Provinz liegt, so thue auf unsere Ermahnung, was du eigentlich auf eigenen Antrieb thun solltest, und begieb dich nach dem Wunsche und Willen der Bittresteller kraft des Rechtes als Metropolit und auf unsere Befehhle gestützt an jenen Ort, wo eine derartige Ordination vorgenommen worden sein soll; wisse, daß den Regeln der Väter gemäß was zu geschehen hat, von uns deinem Ermessen anheimgestellt sei, so daß nach Vollendung des Actes, was immer du bestimmt hast, uns dein Bericht mittheile, da dir offenbar die Ordination der ganzen Provinz übertragen ist. Niemand also möge als verwegener Übertreter deren Grenzen3 überschreiten noch zu ihrer Schmach das, was ihm nicht verliehen wurde, für sich beanspruchen. Aufhören soll eine solche durch unsere Auctorität unterdrückte Anmaßung Derjenigen, welche die Grenzen ihrer Würde unerlaubt ausdehnen. Das sagen wir, damit deine Liebe erkenne, wir beobachten die Vorschriften der Canones in der Weise, daß auch unsere Anordnung festsetzt, daß jede Provinz in allen Dingen stets die Anordnung ihres Metropoliten erwarte. Gegeben am 9. Februar unter dem 13. Consulate des Honorius und dem 11. des Theodosius unserer kaiserlichen Herren. 4
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Civitas Lutevensis od. Lutubensis das heut. Lodébe am Fuß der Cevennen, Geburtsort des Card. Fleury. ↩
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Offenbar führt hier Bonifacius nicht die eigenen Worte des nicänischen Canons, sondern wahrscheinlich die in der Klageschrift der Lutevenser gebrauchten an, welche er, weil sie dem Sinne nach mit dem Nicänum vollkommen übereinstimmen, als seine eigenen adoptirte; daß hier, sowie am Schlusse des Briefes der vierte nicänische Canon angezogen wird, ist klar. Quesnell liest in dem Satze; ut eadem proprie verba ponamus statt proprie : prope und meint, der Papst wollte den nicänischen Canon nur beiläufig anführen; Ander behalten propie bei und sagen, Bonifacius citire hier einen jener nicänischen Cannes, welche verloren giengen; allein erstere Vermuthung verstößt gegen den Context und verändert willkürlich und überflüssig, die zweite ist ganz unrichtig; über die Zwanzig – Zahl der nicänischen Cannes s. Hefele I. S. 356 ff. ↩
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D. i. die Grenzen der Väter, die von den Vätern gesetzten Grenzen, wie auch in dem „zu ihrer Schmach“ zu denken ist; zur Schmach der Väter. ↩
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D. i. 422. ↩