Text.
Dem geliebstesten Bruder Rufus (sendet) Bonifacius (seinen Gruß).
1. Das einstens deinen Vorgängern über die Provinzen des apostolischen Stuhles übertragene (Amt) muß von deiner Liebe sorgfältig verwaltet werden. Denn die Angelegenheiten der in jenen Gegenden befindlichen Kirchen müssen mit großer Wachsamkeit und Umsicht behandelt werden. So nemlich übertrug der selige Apostel Petrus an seiner Statt Alles der Kirche von Thessalonich, daß sie wisse, es bliebe ihr die Sorge um Viele, welche Neuerungsversuche, die jedoch nicht zur Geltung kommen können, nicht verringern dürfen. 1 Denn man darf den Bestrebungen Derjenigen nicht nachgeben, welche Neuerungssucht und Haschen nach ungebührlicher Würde entflammt, sondern muß vielmehr dahin trachten und unter Gottes Beistand kämpfen, daß, wer immer das Erlaubte angreift, den allgemeinen Widerstand erfahre. Deßhalb, theuerster Bruder, bewaffne dich, im Vertrauen auf die schon längst überkommene Au- S. 347 ctorität als tüchtiger Streiter unseres Gottes gegen die feindlichen Schaaren. Nichts vou einem zweifelhaften oder unsicheren Erfolge hast du da zu fürchten; an deiner Seite steht der heil. Apostel Petrus, welcher vor dir mit seiner Macht widerstehen kann. Wolle dich durch den Sturm des aufgeregten Meeres nicht schrecken lassen. Sicherlich ist dein Glaube, welchen du im Innern deines Herzens trägst, größer als Alles. Nie soll ein Wirbel, nie ein Sturm dich quälen. Es läßt jener Fischer bei deiner Arbeit kein Privilegium seines Stuhles verloren gehen. Alles Brausen der Fluthen, aller Sturm wird deinen Bemühungen weichen durch die Hilfe dessen, der allein auf dem Meere einhergieng. Er wird (dir) beistehen und die Verletzer der Canones und die Feinde des kirchlichen Rechtes durch den Willen Gottes unterdrücken, welcher die Gelüste solcher Geister stets vereitelt.
2. Gegen die übrigen Hartnäckigen gebrauche das Recht der (dir übertragenen) Gewalt. Denn du siehst, daß wir keinen Ort in Ruhe ließen. An die Thessalier schickten wir Briefe, voll der Drohung und des Tadels. An die Synode, 2 von welcher es heißt, daß sie unerlaubter Weise in der Angelegenheit unseres Bruders und Mitbischofs Perigenes sich versammeln soll, deren Bestand in keiner Weise, wie wir schrieben, gestört werden könne, richteten wir solche schreiben, durch welche alle Brüder einsehen, daß sie ohne dein Wissen sich nicht hätten versammeln sollen, ferner daß über unser Urtheil keine weitere Verhandlung gestattet sei. Denn niemals war es erlaubt, über einen vom apostolischen Stuhle einmal gefaßten Beschluß nochmals zu verhandeln. In diesem uuserem Schreiben wahrten wir, wie es sich ziemte, die deiner Heiligkeit gebührende Ehre, wie es deine Liebe beim Lesen desselben ersehen wird. S. 348
3. Über die AngeIegenheit aber unseres Mitbischofs Perevius,3 von welcher uns die von ihm überreichte Klageschrift Anzeige machte, den seine Mitbischöfe allzu sehr bedrücken sollen, so daß sie ihn sogar von seiner Kirche vertreibeiben zu müssen glaubten, wollen wir deine Liebe sorgfaltig hören, nachdem unsere obgenannten Bischöfe berufen worden, über deren Gewaltthätigkeit er sich beklagt. Dann erst, damit sie einsehen, das, was sie etwa gegen die Gewohnheit mitgethan hätten, müsse zu nichte gemacht werden mag deine Liebe nach vollendeter Untersuchung bald an uns Bericht erstatten, damit das von deiner Brüderlichkeit gefällte Urtheil durch unsern Ausspruch bekräftigt werden könne.
4. Wir wollen dir mittheilen, daß wir in dem an die thessalischen Brüder gerichteten Briefe geschrieben haben, daß Pausianus, Cyriakus und CalIiopus4 aus unserer Gemeinschaft gänzlich zu entfernen seien, so daß sie wissen, es sei die Gnade deiner Vermittlung ihr einziges Zufluchtsmittel. Maximus aber, der nach dem Berichte deiner Liebe schlecht ordinirt wurde, erklären wir seiner Bischofswürde gänzlich verlustig.
5. Die Pflicht deiner Liebe ist es, den Severus, Notar des apostolischen Stuhles, welcher unserem Herzen sehr lieb und von unserer Seite 5 (an dich) gesandt ist, nach Durchführung des Auftrags schleunigst zu entlassen, damit wir so schnell als möglich bei seiner Rückkehr den Verlauf der S. 349 Begebenheiten erfahren. Gegeben am 11. März unter dem 13. Consulate des Honorius und dem 11. des Theodosius, unserer Kaiser.6
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Damit ist der Versuch gemeint, die Kirchen von Illyricum unter die Jurisdiction des Bischofs von Constantinopel zu bringen. ↩
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Die Synode von Corinth, welche den Papst um die Bestätigung des Perigenes bat und Diesen ihm als bewährt und richtig empfahl. ↩
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Wahrscheinlich identisch mit dem Bischof von Pharsalia (einer Stadt Thessaliens) auf der 1. Action des ephesinischen Concils. ↩
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Diese drei Bischöfe scheinen jene zu sein, von welchen in n. 2 des folgenden Briefesgesagt wird, daß sie sich vom apostolischen Stuhle lossagen wollen; vielleicht waren sie auch die, welche den Maximus male d.i. ohne Wissen des Rufus ordinirten; ein Pausianus, Bischof von Hypata (Stadt im südöstl. Thessalien), wird als Anhänger des Nestorius genannt. ↩
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Der also bewährt und vertraut ist. ↩
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J. 422. ↩