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Über die Seele. (BKV)
31. Cap. Schwierigkeiten, die sich aus dem Lebensalter und den Beschäftigungen der Menschen gegen die Seelenwanderung ergeben.
Gesetzt nunmehr, es würden aus den Toten Lebendige, dann aber doch aus den einzelnen Personen immer nur wieder einzelne Personen. Es hätten also die Seelen der einzelnen Körper als einzelne in die einzelnen Körper zurückkehren müssen. Wenn sie nun aber zu je zwei, drei bis zu fünf in einen Mutterschooss Aufnahme finden, so entstehen nicht aus den Toten Lebendige, weil nicht je ein Individuum aus je einem. Auch dadurch findet die ursprüngliche Regel ihre Bestätigung, dass auch jetzt noch mehrere Seelen aus einer einzigen hervorgehen.
Da die Seelen in verschiedenem Lebensalter von hinnen scheiden, warum, frage ich da, kommen sie alle denn in demselben Alter wieder? Alle Geborenen befinden sich im Kindesalter. Was soll das aber heissen, dass ein verstorbener Greis als Kind zurückkehrt und seine Seele draussen in rückläufigem Alter abnimmt? Wie viel angemessener wäre es, wenn die Seelen tausend Jahre später vorangeschrittener zurückkämen, oder wenigstens in demselben Alter als bei ihrem Tode, um die abgebrochene Lebensperiode von neuem aufzunehmen!
Gesetzt auch, sie kämen immer als dieselben wieder, so müssten sie, wenn auch nicht dieselben Körperformen, so doch die vorigen Eigentümlichkeiten in den Geistesanlagen, Studien und Neigungen mit sich zurückbringen. Denn wenn sie dessen entbehren, woran man ihre Identität erkennt, so würde es ja ein übereiltes Urteil sein, sie für identisch zu halten. Woher weisst Du denn, wendet man mir ein, ob es nicht im Verborgenen doch so ist, aber der tausendjährige Zeitraum mag die Fähigkeit rauben, sie wiederzuerkennen, da es uns unbekannte sind, die zurückkehren. S. 337 O bitte, ich weiss sehr wohl, dass es sich nicht so verhält, da es ja Pythagoras-Euphorbus ist, den man mir entgegenstellt. Denn siehe, Euphorbus ist, wie schon durch die Auszeichnung seiner zum Weihgeschenk gemachten Schilde zur Genüge feststeht, eine kriegerische und soldatische Seele gewesen. Pythagoras dagegen war so friedlich und unkriegerisch, dass er die damaligen Kämpfe in Griechenland vermeidend das ruhige Italien vorzog, ganz der Geometrie, Astronomie und Musik hingegeben, ganz fremd den Neigungen und Beschäftigungen des Euphorbus. Pyrrhus beschäftigte sich mit Überlistung der Fische, Pythagoras aber nicht einmal mit deren Verspeisung, da er sich von Tierischem enthielt. Äthalides und Hermotimus fielen über ihre Bohnen her als alltägliche Speise; Pythagoras dagegen lehrte seine Schüler, sie sollten nicht einmal an Bohnenpflanzungen vorübergehen. Wie wäre es also möglich, dass dieselben Seelen wieder angenommen würden, da sie sich weder nach ihren Anlagen noch durch Fertigkeiten und Lebensweise als dieselben ausweisen?
Von der grossen Anzahl Seelen aus Griechenland werden ferner nur vier angeführt. Und warum denn bloss solche aus der Schar der Griechen? Warum finden nicht aus jedem Volk, jedem Alter, jeder Lebensstellung und auch aus jedem Geschlecht täglich Metempsychosen und Metensomatosen statt? Warum erkennt sich Pythagoras allein als den oder den wieder und warum erkenne ich mich nicht auch? Oder wenn das ein Vorzug der Philosophen ist, und noch dazu der griechischen — als ob nicht die Scythen und Indier auch philosophierten — warum erinnert sich nicht Epikur, früher der und der gewesen zu sein, warum nicht Chrysippus, Zeno und nicht einmal Plato, den wir etwa für Nestor angesehen haben würden wegen seiner honigartigen Wohlredenheit?
Edition
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De Anima
XXXI.
[1] Iam uero si ex mortuis uiui, utique singuli ex singulis. Singulorum ergo corporum animas ut singulas in singula corpora reuerti oportuerat. Porro si et binae et trinae et quinae usque uno utero resumuntur, non erunt ex mortuis uiui, quia non singuli ex singulis. Et hoc autem modo primordii forma signatur, cum et nunc plures animae de una proferuntur. [2] Item cum uaria aetate discedant animae, cur una reuertuntur? Omnes enim ab infantia imbuuntur, qua infans reuertatur. Quale est autem, ut senex defunctus infans reuertatur? Si decrescit foris anima retrograda aetate, quanto magis erat ut progressior reuerteretur mille post annis, certe uel coaetanea suae mortis, ut aeuum quod reliquisset iterum recepisset? [3] Sed etsi eaedem semper reuoluerentur, licet non corporum quoque formas easdem, licet non fatorum quoque sortes easdem, tamen uel ingeniorum et studiorum et affectionum pristinas proprietates secum referre deberent, quoniam temere eaedem haberentur carentes his per quae eaedem probarentur. Vnde scias, inquis, an ita quidem fiat occulte, sed condicio miliarii aeui interimat facultatem recensendi, quia ignotae tibi reuertuntur? Atquin scio non ita fieri, cum Pythagoran Euphorbum mihi opponis. [4] Ecce enim Euphorbum militarem et bellicam animam satis constat uel de ipsa gloria clipeorum consecratorum. Pythagoran uero tam residem et inbellem, ut proelia tunc Graeciae uitans Italiae maluerit quietem geometriae et astrologiae et musicae deuotus, alienus studio et affectu Euphorbi. Sed et Pyrrhus ille fallendis piscibus agebat, Pythagoras contra nec edendis, ut animalibus abstinens. Aethalides autem et Hermotimus fabam quoque in pabulis communibus inruerat, Pythagoras uero ne per fabalia quidem transeundum discipulis suis tradidit. [5] Quomodo ergo eaedem animae recuperantur, quae nec ingeniis nec institutis iam nec uictibus eaedem probabuntur? Iam nunc de tanto Graeciae censu quattuor solae animae recensentur. Sed et quid utique de solo Graeciae censu, ut non ex omni gente et ex omni aetate ac dignitate, ex omni denique sexu, et metempsychosis et metensomatosis cotidie existant, cur solus Pythagoras alium atque alium se recognoscat, non et ego? [6] Aut si priuilegium philosophorum est, et utique Graecorum, quasi non et Scythae et Indi philosophentur, cur neminem se retro meminit Epicurus, neminem Chrysippus, neminem Zeno, ne ipse quidem Plato, quem forsitan Nestorem credidissemus ob mella facundiae?