Traduction
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Über die Seele. (BKV)
38. Cap. Über die Entwicklung der Seele und den Einfluss der leiblichen Nahrung auf sie.
Wir haben oben den Nachweis vorausgeschickt, dass alle Natureigentümlichkeiten der Seele, die sich auf die sinnliche Wahrnehmung und den Intellekt beziehen, der Substanz selbst anhaften, und zwar von dem ungewordenen Ursprunge der Seele her, dass sie aber allmählich fortschreiten, entsprechend den Altersstufen, und sich infolge unwesentlicher Umstände verschieden entwickeln, je nach den Fertigkeiten, Anleitungen, Örtlichkeiten und herrschenden Leidenschaften, was jedoch alles für die S. 349 hier aufgestellte Verbindung von Leib und Seele spricht. — Ebenso behaupten wir, dass die geistige Pubertät mit der körperlichen zusammentreffe, jene durch Zunahme der Anschauungen und diese durch Ausbildung der Glieder ungefähr vom vierzehnten Jahre an in gleicher Weise beginne; nicht aus dem Grunde, weil Asklepiades die Weisheit von da an datiert, auch nicht weil die bürgerlichen Rechte den Menschen von da an zum Betriebe von Geschäften geeignet machen, sondern weil diese Einrichtung uranfänglich so bestand.
Wenn Adam und Eva nach erlangter Erkenntnis von Gut und Böse die Notwendigkeit fühlten, die Schamteile zu bedecken, so bekennen wir uns zur Erkenntnis von Gut und Böse, sobald wir das Gleiche empfinden. Von diesen Jahren an ist das Geschlechtsleben erregter und versteckter, die Begierde bedient sich fleissig der Augen zum Beobachten und teilt ihr Wohlgefallen mit; sie wird inne, wozu dies und jenes da ist, und die betreffenden Stellen des Körpers bedecken sich nach Analogie der Feigenblätter.1 Sie führt den Menschen aus dem Paradiese der Unschuld heraus und ist von da an lüstern nach ferneren Sündenschulden, bis zur Begehung von Dingen, die widernatürlich sind, weil nicht mehr Folgen eines Triebes, sondern eines Fehlers der Natur.
Die einzige im eigentlichen Sinne der Natur entsprechende Begierde ist der Nahrungstrieb, den Gott auch schon uranfänglich erteilt hat: „Von jedem Baume”, sagte er, „sollt ihr essen”.2 Der zweiten Schöpfung nach der Sündflut gab er ein noch reichlicheres Maass: „Siehe, ich habe euch alles zur Speise gegeben, wie das Kraut des Feldes,”3 indem er Vorsorge traf, nicht sowohl für die Seele als für den Leib, wenn auch wegen der Seele. Denn man muss der verkehrten Argumentation vorbeugen, die, weil die Seele anscheinend Nahrung begehrt, sie aus diesem Grunde auch für sterblich angesehen wissen will, da sie durch Speise erhalten, durch deren Versagung geschwächt und zuletzt durch deren gänzliche Entziehung getötet werde. Man darf dabei nicht bloss hervorheben, wer es ist, der Speise begehrt, sondern auch für wen; wenn seinetwegen, dann auch, warum, wann und wie lange; sodann, dass es etwas ganz anderes ist, sie kraft der eigenen Natur zu begehren, als aus Zwang infolge seiner Eigentümlichkeit und zu einem bestimmten Zwecke. Die Seele wird also für sich Speise begehren aus Zwang, für den Leib hingegen wegen dessen natürlicher Eigentümlichkeit. Der Leib ist doch sicher das Haus der Seele und die Seele die Bewohnerin des Leibes. Die Bewohnerin wird aus gutem Grunde und mit Notwendigkeit während der ganzen Mietzeit nach dem S. 350 begehren, was dem Hause nutzt, nicht als wäre sie selbst zu erbauen, zu schirmen und zu schützen, sondern wie eine, die zu beherbergen ist, weil sie nicht anders beherbergt werden kann, als in einem wohl versicherten Hause. Nachdem das Haus, seiner Stützen beraubt, eingestürzt ist, stellt es der Seele frei, sich unbeschädigt zu entfernen, da sie ihre besondere Grundlage und die ihrer eigentümlichen Beschaffenheit zukommende Nahrung besitzt, die Unsterblichkeit, die Vernunftthätigkeit, die Wahrnehmung, das Erkenntnisvermögen und den freien Willen.
Edition
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De Anima
XXXVIII. DE CIBIS QVOMODO AD ANIMAM PERTINEANT.
[1] Quamquam autem et retro praestruxerimus, omnia naturalia animae ipsi substantiae inesse pertinentia ad sensum et intellectum ex ingenito animae censu, sed paulatim per aetatis spatia procedere et uarie per accidentia euadere pro artibus, pro institutis, pro locis, pro dominatricibus potestatibus, quod tamen faciat ad carnis animaeque propositam nunc societatem, pubertatem quoque animalem cum carnali dicimus conuenire pariterque et illam suggestu sensuum et istam processu membrorum exsurgere a quarto decimo fere anno, non quia Asclepiades inde sapientiam supputat, nec quia iura ciuilia abhinc agendis rebus attemperant, sed quoniam et haec a primordio ratio est. [2] Si enim Adam et Eua ex agnitione boni et mali pudenda tegere senserunt, ex quo id ipsum sentimus, agnitionem boni et mali profitemur. Ab his autem annis et suffusior et uestitior sexus est, et concupiscentia oculis arbitris utitur et communicat placitum et intellegit quae sint et fines suos ad instar ficulneae contagionis prurigine accingit et hominem de paradiso integritatis educit, exinde scabida etiam in ceteras culpas et delinquendi non naturales, cum iam non ex instituto naturae, sed ex uitio. [3] Ceterum proprie naturalis concupiscentia unica est alimentorum solummodo, quam deus et in primordio contulit: ex omni ligno, inquit, edetis, et secundae post diluuium geniturae supermensus est: ecce dedi uobis omnia in escam tamquam olera faeni, prospectam non tam animae quam carni, etsi propter animam. Auferenda est enim argumentatoris occasio, qui quod anima desiderare uideatur alimenta, hinc quoque mortalem eam intellegi cupit, quae cibis sustineatur, denique derogatis eis euigescat, postremo subtractis intercidat. [4] Porro non solum proponendum est quisnam ea desideret, sed et cui; et si propter se, sed et cur et quando et quonam usque; tum quod aliud natura desideret, aliud necessitate, aliud secundum proprietatem, aliud in causam. Desiderabit igitur cibos anima sibi quidem ex causa necessitatis, carni uero ex natura proprietatis. Certe enim domus animae caro est, et inquilinus carnis anima. [5] Desiderabit itaque inquilinus ex causa et necessitate huius nominis profutura domui toto inquilinatus sui tempore, non ut ipse substruendus nec ut ipse loricandus nec ut ipse tibicinandus, sed tantummodo continendus, quia non aliter contineri possit quam domo fulta. [6] Alioquin licebit animae dilapsa domo ex destitutione priorum subsidiorum incolumi abire, habenti sua firmamenta et propriae condicionis alimenta, immortalitatem rationalitatem sensualitatem intellectualitatem arbitrii libertatem.