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Über die Seele. (BKV)
44. Cap. Der angebliche Vorfall mit Hermotimus.
Aber Hermotimus? –— Er hatte, wie man sagt, während des Schlafes keine Seele; sie verliess bei dieser Gelegenheit, da der Mensch gleichsam nichts zu thun hatte, den Körper. Seine Ehefrau hat dies verraten. Feinde, die ihn schlafend fanden, verbrannten ihn als tot. Später kam die Seele zurück und musste sich nun, vermute ich, den Mord zuschreiben. Des Hermotimus Mitbürger, die Klazomenier, trösteten ihn durch Errichtung eines Tempels; kein Weib betritt ihn wegen des Vorwurfs, den die Ehefrau trifft. Wozu soll dies dienen? Damit die Leichtgläubigkeit, da es leicht ist, gemeinhin den Schlaf für eine Entfernung der Seele zu halten, sich nicht auf dieses Beispiel mit Hermotimus stütze. Es war eine Art bedeutend schwereren Schlafes, wie man sich das Alpdrücken denkt oder jenen Mangel an Gesundheit, den Soranus, das Alpdrücken verwerfend, an dessen Stelle setzt, oder es war etwas wie das Leiden, das auch den Epimenides zum Gegenstand einer Mythe machte, der beinahe fünfzig Jahre im Schlaf befangen war. Sueton erzählt in betreff des Nero und Theopompus in betreff des Thrasymedes, sie hätten niemals geträumt, Nero höchstens bei seinem letzten Ende nach seinen Angstanfällen. Wie, wenn es nun bei Hermotimus auch so war und die tiefe Ruhe der Seele, die sich nicht in Träumen thätig zeigte, für Abwesenheit gehalten wurde? Man müsste eher alles andere annehmen als eine derartige Freiheit der Seele, sich ohne Eintritt des Todes entfernen zu können, und zwar regelmässig und beständig. Wollte man dagegen dergleichen einen einmaligen Vorfall nennen, etwa eine Sonnen- oder Mondfinsternis der Seele, dann allerdings würde ich mir einreden lassen, dass es etwas von Gott Gewirktes sei. Es hat Sinn und Verstand, dass der Mensch von Gott durch den Schlag eines augenblicklichen Todes gemahnt oder geschreckt werde wie durch einen raschen Blitzstrahl, wenn es nicht näher läge, für einen Traum zu halten, was eher hätte einem Wachenden zustossen müssen, wenn es nicht noch eher für eine Faselei gehalten werden müsste.
Edition
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De Anima
XLIV. DE HERMOTIMO.
[1] Ceterum de Hermotimo. Anima, ut aiunt, in somno carebat, quasi per occasionem uacaturi hominis proficiscente de corpore. Vxor hoc prodidit. Inimici dormientem nacti pro defuncto cremauerunt. Regressa anima tardius, credo, homicidium sibi imputauit. Ciues Clazomenii Hermotimum templo consolantur. Mulier non adit ob notam uxoris. [2] Quorsum istud? Ne, quia facile est uulgo existimare secessionem animae esse somnum, hoc quoque Hermotimi argumento credulitas subornetur. Genus fuerat grauioris aliquanto soporis, ut de incubone praesumptio est uel de ea ualetudinis labe quam Soranus opponit excludens incubonem, aut tale quid uitii quod etiam Epimeniden in fabulam impegit quinquaginta paene annos somniculosum. Sed et Neronem Suetonius et Thrasymeden Theopompus negant unquam somniasse, nisi uix Neronem in ultimo exitu post pauores suos. [3] Quid, si et Hermotimus ita fuit, ut otium animae nihil operantis in somnis diuortium crederetur? Omnia magis coniectes quam istam licentiam animae sine morte fugitiuae, et quidem ex forma continuam. Si enim tale quid semel accidere dicatur, ut deliquium solis aut lunae, ita et animae, sane persuaderer deuinitus factum; congruere enim hominem seu moneri seu terreri a deo, uelut fulgure rapido, momentaneae mortis ictu ---- si non magis in proximo esset somnium credi, quod uigilanti potius accidere deberet, si non somnium magis credi oporteret.