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Über die Seele. (BKV)
7. Cap. Die hl. Schrift ist der Ansicht von der Körperlichkeit der Seele nicht entgegen.
Was die Philosophen anlangt, so genügt das Gesagte; was die unsrigen betrifft, so ist es bereits zu viel, da uns die Körperlichkeit der Seele schon aus dem Evangelium entgegenleuchtet. Die Seele eines gewissen Mannes in der Unterwelt empfindet Schmerz, wird im Feuer gestraft, leidet Qual an ihrer Zunge und fleht, durch den Finger einer glücklicheren Seele die Erquickung des Taues zu erhalten.1 Hältst du S. 297 das Ende des frohen Armen und des trauernden Reichen für ein blosses Bild? Was soll denn dann der Name Lazarus, wenn der Vorfall kein wirklicher ist? Aber auch wenn er für ein blosses Bild zu halten ist, so wird er doch ein Beleg für die Wirklichkeit sein. Denn wenn die Seele keinen Körper hätte, so würde das Bild der Seele keinen Vergleich mit dem Körper zulassen und die heilige Schrift würde nicht — lügnerischer Weise also — von körperlichen Gliedern reden, wenn es keine gäbe. Was ist es denn aber, das zur Unterwelt getragen wird nach der Trennung vom Körper? Was ist es, das dort festgehalten und für den Gerichtstag aufbewahrt wird? Zu wem ist Christus nach seinem Tode hinabgestiegen? Ich denke, zu den Seelen der Patriarchen. Aber warum befindet sich denn die Seele unter der Erde, wenn sie ein Nichts ist? Denn ein Nichts ist sie, wenn sie kein Körper ist. Für die Körperlosigkeit gibt es keine Art von Gewahrsam, sie ist ledig der Strafe sowohl als der Erquickung; denn das, woran man gestraft oder erquickt wird, kann nur ein Körper sein. Ich werde darüber noch ausführlicher an einem gelegeneren Orte handeln. Wenn also die Seele im Kerker oder am Aufenthaltsorte des Unterirdischen, im Feuer oder im Schoosse Abrahams Strafe und Trost irgendwelcher Art im voraus verkostet, so dürfte die Körperlichkeit der Seele damit bewiesen sein. Denn das Körperlose empfindet nichts, da es kein Organ hat, wodurch es empfinden könnte, oder wenn es eins hat, so ist es der Körper. Wie nämlich alles Körperliche leidens- und empfindungsfähig, so ist alles Leidens- und Empfindungsfähige körperlich.
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Luk. 16, 23 ff. ↩
Edition
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De Anima
VII.
[1] Quantum ad philosophos satis haec, quia quantum ad nostros ex abundanti; quibus corporalitas animae in ipso euangelio relucebit. Dolet apud inferos anima cuiusdam et punitur in flamma et cruciatur in lingua et de digito animae felicioris implorat solacium roris. [2] Imaginem existimas exitum illum pauperis laetantis et diuitis maerentis? Et quid illic Eleazari nomen, si non in ueritate res est? Sed et si imago credenda est, testimonium erit ueritatis. Si enim non haberet anima corpus, non caperet imago animae imaginem corporis, nec mentiretur de corporalibus membris scriptura, si non erant. [3] Quid est autem illud quod ad inferna transfertur post diuortium corporis, quod detinetur illic, quod in diem iudicii reseruatur, ad quod et Christus moriendo descendit (puto, ad animas patriarcharum), si nihil anima sub terris? Nihil enim, si non corpus; incorporalitas enim ab omni genere custodiae libera est, immunis et a poena et a fouella. Per quod enim punitur aut fouetur, hoc erit corpus; reddam de isto plenius et oportunius. [4] Igitur si quid tormenti siue solacii anima praecerpit in carcere seu deuersorio inferum, in igni uel in sinu Abrahae, probata erit corporalitas animae. Incorporalitas enim nihil patitur, non habens per quod pati possit; aut si habet, hoc erit corpus. In quantum enim omne corporale passibile est, in tantum quod passibile est corporale est.