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Œuvres Grégoire Ier, pape (540-604) Regula pastoralis

Traduction Masquer
Buch der Pastoralregel (BKV)

XXIX. Kapitel: Wie man diejenigen ermahnen muß, welche Tatsünden, und wie diejenigen, welche nur Gedankensünden zu bereuen haben

Anders muß man diejenigen ermahnen, welche Tatsünden, anders diejenigen, welche Gedankensünden bereuen. Diejenigen, welche Tatsünden beweinen, muß man erinnern, daß das geschehene Böse durch die Tränen vollkommener Reue getilgt wird. Denn das Bewußtsein der Schuld darf die Tränen der Genugtuung nicht in den Hintergrund drängen. Denn es steht geschrieben: „Er gab uns Tränen zum Tranke nach genauem Maße.“1 Soviel soll nämlich jede Seele durch Buße an Reuetränen trinken, als sie durch ihre Sünden und ihre Gottentfremdung in ihrem Innern ausgetrocknet ist. Man muß sie ermahnen, unablässig ihre Vergehen vor Augen zu haben und durch ihr Leben zu bewirken, daß der strenge Richter nicht auf ihre Sünden sehe. Als darum David flehte: „Wende deine Augen ab von meinen Sünden“,2 hatte er kurz zuvor gesagt: „Meine Sünde ist immer vor mir.“3 Damit sagt er gleichsam: Ich bitte dich, siehe meine Sünde nicht an, weil ich selbst ohne Unterlaß sie be- S. 233 trachte. Darum sagt der Herr auch durch den Propheten: „Und deiner Sünden will ich nicht mehr eingedenk sein, du aber sollst ihrer gedenken.“4 Sie sollen jede einzelne Sünde erwägen, und, während sie bei jeder einzelnen die Makel der Sünde beweinen, zugleich sich selbst ganz und gar mit Tränen reinigen. Darum sagt treffend Jeremias, indem er die Verbrechen des Judenlandes im einzelnen erwägt: „Geteiltes Wasser5 ist aus meinem Auge geflossen.“6 Geteiltes Wasser fließt aus unsern Augen, wenn wir jede einzelne Sünde mit gesonderten Tränen beweinen. Denn nicht zu ein und derselben Zeit empfindet die Seele gleichen Schmerz über alle; aber indem sie sich bald an die eine, bald an die andere schmerzlich erinnert, wird sie von allen zusammen rein, nachdem sie über jede einzelne zerknirscht gewesen.

Man muß sie ermahnen, auf die erbetene Barmherzigkeit zuversichtlich zu vertrauen, damit sie nicht aus übergroßer Betrübnis zugrunde gehen. Denn Gott würde nicht liebevoll den Sündern ihre Sünden zum Beweinen vor Augen führen, wenn er sie selbst nach Gerechtigkeit bestrafen wollte. Offenbar will er diejenigen vor seinem Gerichte sicherstellen, die er erbarmungsvoll zuvorkommend zu ihren eigenen Richtern bestellt. Darum steht geschrieben: „Lasset uns dem Angesicht des Herrn mit Bekenntnis zuvorkommen!“7 Darum sagt Paulus: „Wenn wir uns selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet werden.“8 Aber man muß sie auch ermahnen, so Hoffnung und Vertrauen zu haben, daß sie nicht in falscher Sicherheit sich einem lauen Wesen hingeben. Denn der arglistige Feind die Seele, welche er zur Sünde verführt hat, über ihren Fall in Betrübnis steht so verleitet er sie sehr häufig durch schmeichelhafte Vorspie- S. 234 gelungen zu einer verderblichen Sicherheit. Dies wird uns bildlich an der Geschichte der Dina gezeigt. Es steht nämlich geschrieben: „Dina ging aus, die Frauen jenes Landes zu sehen. Da sah sie Sichem, der Sohn des Heviters Hemor, der Fürst jenes Landes, und gewann sie lieb. Und er entführte sie und schlief bei ihr, der Jungfrau Gewalt antuend. Und sein Herz hing an ihr; und da sie traurig war, tröstete er sie mit schmeichelnden Worten.“9 Dina geht aus, um die Frauen eines fremden Landes zu sehen, wenn eine Seele mit Vernachlässigung ihrer eigenen Angelegenheiten sich um anderer Leute Tun bekümmert und wider Ordnung und Stand sich zerstreuenden Gedanken hingibt. Sichem, der Fürst des Landes, tut ihr Gewalt an, d. h. es verführt sie der Teufel, der sie mit der Sorge um äußere Dinge beschäftigt findet. „Und sein Herz hing an ihr“, d. h. er betrachtet sich eins mit ihr wegen der Sünde. Wenn nun die Seele nach der Sünde wieder zu sich kommt, sich verurteilt und das Vergehen zu beweinen sucht, dann spiegelt ihr der Verführer eitle Hoffnung und falsche Sicherheit vor, um sie heilsamer Trübsal zu entziehen. Darum heißt es mit Recht noch: „Da sie traurig war, tröstete er sie mit schmeichelnden Worten.“ Bald stellt er nämlich die Sünden anderer als viel schwerer dar, bald sagt er, das Geschehene habe nichts zu bedeuten, bald spricht er von Gottes Barmherzigkeit, bald verspricht er für später noch Zeit zur Buße. Damit wird die Seele getäuscht und hingehalten und kommt nicht zum Entschluß, ernste Buße zu üben. Auf solche Art kann sie später keine Gnade mehr erhalten, weil sie jetzt nicht über ihre Sünden trauert; dagegen wird sie später um so mehr gestraft werden, weil sie sich jetzt auch in ihren Sünden der Freude hingibt.

Diejenigen hingegen, welche Gedankensünden beweinen, muß man zu sorgfältiger Erforschung anhalten, ob sie in ihren geheimen Gedanken bloß durch Wohlgefal- S. 235 len oder auch durch Zustimmung gesündigt haben. Denn oft empfindet das Herz bei einer Versuchung wegen der Bosheit des Fleisches Wohlgefallen, widersteht aber dieser Bosheit aus Vernunftgründen, so daß sie in ihren geheimen Gedanken darüber trauert, woran sie Gefallen hat, und doch an dem Gefallen hat, worüber sie traurig ist. Bisweilen aber wird die Seele so in den Strudel der Versuchung hineingerissen, daß sie gar keinen Widerstand leistet, sondern mit Überlegung sich dem hingibt, worauf sich das Wohlgefallen bezieht; und wäre die äußere Gelegenheit vorhanden, so würde der inneren Begierde bald die Tat folgen. Dies ist aber vor dem Auge des strenge strafenden Richters nicht mehr eine Gedankensünde, sondern eine Tatsünde; denn wenn auch wegen mangelnder Gelegenheit die äußere Sünde noch aufgeschoben ist, so hat sie doch der Wille bereits durch das Werk der inneren Einwilligung vollbracht.

An den ersten Menschen können wir lernen, daß bei jeder Sünde drei Dinge in Betracht kommen: Einflüsterung, Wohlgefallen und Einwilligung. Das erste geschieht durch den bösen Feind, das zweite durch das Fleisch, das dritte durch den Geist. Der Versucher flüstert Böses ein, das Fleisch gibt sich dem Wohlgefallen hin, und zuletzt willigt der Geist ein, vom Wohlgefallen überwunden. So hat die Schlange Böses eingeflüstert, Eva als das Fleisch sich dem Wohlgefallen hingegeben, Adam aber als Geist der Einflüsterung und dem Wohlgefallen nachgegeben und eingewilligt. Durch die Einflüsterung werden unsere Gedanken auf die Sünde gelenkt, durch das Wohlgefallen werden wir besiegt, durch die Einwilligung aber gefesselt. Die also Gedankensünden beweinen, muß man zu sorgfältiger Erforschung ermahnen, in welchen Grad der Sünde sie gefallen sind, damit sich je nach dem Maß der Sünde, dessen sie sich innerlich schuldig fühlen, auch die Buße richte, durch die sie sich wieder erheben sollen. Denn wenn sie die Gedankensünden zu wenig büßen, so wer- S. 236 den sie durch diese zu Tatsünden kommen. Sie dürfen aber durch die Furcht, in die man sie dabei versetzt, nicht völlig geknickt werden. Denn oft tilgt der barmherzige Gott die Sünden des Herzens sehr schnell, weil er sie nicht zu Tatsünden ausarten lassen will; auch wird Gedankenbosheit schneller ausgelöscht, weil sie noch nicht infolge der wirklichen Ausführung zu fest gewurzelt ist. Darum sagt der Psalmist treffend: „Ich habe gesagt: Ich will bekennen wider mich meine Ungerechtigkeit dem Herrn, und du hast nachgelassen die Gottlosigkeit meines Herzens.“10 Weil von Gottlosigkeit des Herzens die Rede ist, so ergibt sich, daß er Gedankensünden bekennen wollte. Wenn er sagt: „Ich habe gesagt: Ich will bekennen“ und beifügt: „Und du hast nachgelassen“, so zeigt er, wie leicht man für solche Sünden Verzeihung erlangen könne. Während er sich noch vornimmt, zu bitten, hat er schon erlangt, um was zu bitten er sich vorgenommen hatte. Denn weil die Sünde nicht bis zur Tat gekommen war, so sollte auch die Buße nicht bis zur Qual sich steigern, sondern Trübsal in Gedanken die Seele reinigen, die auch nur durch Gedankensünden sich befleckt hatte.


  1. Ps. 79, 6. ↩

  2. Ps. 50, 11. ↩

  3. Ebd. 50, 5. ↩

  4. Is. 43, 25. ↩

  5. Gregor gibt dem Ausdruck Divisiones aquarum hier mit Rücksicht auf seine Anwendung diese Bedeutung. ↩

  6. Klagel. 3, 48. ↩

  7. Ps. 94, 2. ↩

  8. 1 Kor. 11, 31. ↩

  9. Gen. 34, 1—3. ↩

  10. Ps. 31, 5. ↩

Edition Masquer
Regulae pastoralis liber

Caput XXIX.

Quomodo admonendi

qui peccata operum lugent, et qui

solum cogitationum.

Aliter admonendi sunt qui peccata deplorant operum, atque aliter qui cogitationum. Admonendi quippe sunt qui peccata deplorant operum, ut consummata mala perfecta diluant lamenta, ne plus astringantur in debito perpetrati operis, et minus solvant fletibus satisfactionis. Scriptum quippe est: Potum dedit nobis in lacrymis in mensura (Psal. LXXIX, 6); ut videlicet uniuscujusque mens tantum poenitendo compunctionis suae bibat lacrymas, quantum se a Deo meminit aruisse per culpas. Admonendi sunt ut incessanter admissa ante oculos reducant, atque vivendo agant, ut a districto judice videri non debeant. Unde David cum peteret, dicens: Averte oculos tuos a peccatis meis (Psal. L, 11), paulo superius intulit: Delictum meum coram me est semper (Ibid., 5). Ac si diceret: Peccatum meum ne respicias postulo, quia hoc respicere ipse non cesso. Unde et per prophetam Dominus dicit: Et peccatorum tuorum memor non ero, tu autem memor esto (Isai. XLIII, 25, 26, sec. LXX). Admonendi sunt ut singula quaeque admissa considerent, et dum per unumquodque erroris sui inquinationem deflent, simul se ac totos lacrymis mundent. Unde bene per Jeremiam dicitur, cum Judaeae singula delicta pensarentur: Divisiones aquarum deduxit oculus meus (Thren. III, 48). Divisas quippe ex oculis aquas deducimus, quando peccatis singulis dispertitas lacrymas damus. Neque enim uno eodemque tempore aeque mens de omnibus dolet; sed dum nunc hujus, nunc illius culpae memoria acrius tangitur, simul de omnibus in singulis commota purgatur.

Admonendi sunt, ut de misericordia quam postulant, praesumant, ne vi immoderatae afflictionis intereant. Neque enim pie Dominus ante delinquentium oculos flenda peccata opponeret, si per semetipsum ea districte ferire voluisset. Constat enim quod a suo judicio abscondere voluit, quos miserando praeveniens sibimetipsis judices fecit. Hinc enim scriptum est: Praeveniamus faciem Domini in confessione (Psal. XCIV, 2). Hinc per Paulum dicitur: Si nosmetipsos dijudicaremus, non utique judicaremur (I Cor. XI, 31). Rursumque admonendi sunt, ut sic de spe fiduciam, habeant, ne tamen incauta securitate torpescant. Plerumque enim hostis callidus mentem quam peccato supplantat, cum de ruina sua afflictam respicit, securitatis pestiferae blanditiis seducit. Quod figurate exprimitur, cum factum Dinae memoratur. Scriptum quippe est: Egressa est Dina ut videret mulieres regionis illius; quam cum vidisset Sichem filius Hemor Hevaei, princeps terrae illius, adamavit eam, et rapuit, et dormivit cum illa, vi opprimens virginem; et conglutinata est anima ejus cum ea, tristemque blanditiis delinivit (Genes. XXXIV, 1-3). Dina quippe ut mulieres videat extraneae regionis, egreditur, quando unaquaeque mens sua studia negligens, actiones alienas curans, extra habitum atque extra ordinem proprium vagatur. Quam Sichem princeps terrae opprimit, quia videlicet inventam in curis exterioribus diabolus corrumpit. Et conglutinata est anima ejus cum ea (Ibid.); quia unitam sibi per iniquitatem respicit. Et quia cum mens a culpa resipiscit, addicitur, atque admissum flere conatur: corruptor autem spes ac securitates vacuas ante oculos revocat, quatenus utilitatem tristitiae subtrahat, recte illic adjungitur: Tristemque blanditiis delinivit (Ibid.). Modo enim aliorum facta graviora, modo nil esse quod perpetratum est, modo misericordem Deum loquitur, modo adhuc tempus subsequens ad poenitentiam pollicetur; ut dum per haec decepta mens ducitur, ab intentione poenitentiae suspendatur; quatenus tunc bona nulla percipiat, quam nunc mala nulla contristant: et tunc plenius obruatur suppliciis, quae nunc etiam gaudet in delictis. At contra admonendi sunt qui peccata cogitationum deflent, ut sollicite considerent intra mentis arcana utrum delectatione tantummodo, an etiam consensu deliquerint. Plerumque enim tentatur cor, et ex carnis nequitia delectatur, et tamen eidem nequitiae ex ratione renititur, ut in secreto cogitationis et contristet quod libet, et libeat quod contristat. Nonnumquam vero ita mens baratro tentationis absorbetur, ut nullatenus renitatur, sed ex deliberatione sequitur hoc, unde ex delectatione pulsatur; et si facultas exterior suppetat, rerum mox effectibus interiora vota consummat. Quod videlicet si justa animadversio districti judicis respicit, non est jam cogitationis culpa, sed operis; quia etsi rerum tarditas foras peccatum distulit, intus hoc consensionis opere voluntas implevit.

In primo autem parente didicimus quia tribus modis omnis culpae nequitiam perpetramus, suggestione scilicet, delectatione et consensu. Primum itaque per hostem, secundum vero per carnem, tertium per spiritum perpetratur. Insidiator enim prava suggerit, caro se delectationi subjicit, atque ad extremum spiritus victus delectatione consentit. Unde et ille serpens prava suggessit, Eva autem quasi caro se delectationi subdidit, Adam vero velut spiritus suggestione ac delectatione superatus assensit. Suggestione itaque peccatum agnoscimus, delectatione vincimur, consensu etiam ligamur. Admonendi sunt igitur qui nequitias cogitationis deflent, ut sollicite considerent in qua peccati mensura ceciderunt, quatenus juxta ruinae modum quam in semetipsis introrsus sentiunt, etiam mensura lamentationis erigantur, ne si cogitata mala minus cruciant, usque ad perpetranda opera perducant. Sed inter haec ita terrendi sunt, ut tamen minime frangantur. Saepe enim misericors Deus eo citius peccata cordis abluit, quo haec exire ad opera non permittit; et cogitata nequitia quando citius solvitur, quia effectu operis districtius non ligatur. Unde recte per Psalmistam dicitur: Dixi, pronuntiabo adversum me injustitias meas Domino, et tu remisisti impietatem cordis mei (Ps. XXXI, 3). Qui enim impietatem cordis subdidit, quia cogitationum injustitias pronuntiare vellet indicavit. Dumque ait: Dixi, pronuntiabo, atque illico adjunxit, Et tu remisisti; quam sit super haec facilis venia ostendit. Qui dum se adhuc petere promittit, hoc quod petere se promittebat, obtinuit; quatenus quia usque ad opus non venerat culpa, usque ad cruciatum non perveniret poenitentia, sed cogitata afflictio mentem tergeret, quam nimirum tantummodo cogitata iniquitas inquinasset.

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