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Œuvres Grégoire Ier, pape (540-604) Regula pastoralis Buch der Pastoralregel (BKV)
Dritter Teil: Wie der Seelsorger, der ein gutes Leben führt, seine Untergebenen lehren und ermahnen muß

II. Kapitel: Wie man Arme und wie man Reiche ermahnen muß

Anders muß man Arme, anders Reiche ermahnen: Jenen nämlich müssen wir Trost in der Trübsal bringen, diesen aber Furcht vor ihrem Stolz einflößen. Einer Armen sagt ja der Herr durch den Propheten: „Fürchte dich nicht, denn du wirst nicht beschämt werden.“1 Gleich darauf ruft er ihr freundlich zu: „Du Arme, vom Wettersturme Verstörte.“2 Und wiederum tröstet er sie mit den Worten: „Ich habe dich ausgeschieden im Schmelzofen des Elendes.“3 Dagegen sagt Paulus zu seinem Schüler von den Reichen: „Den Reichen dieser Welt gebiete, nicht hochmütig zu sein und ihre Hoffnung nicht auf unsicheren Reichtum zu setzen.“4 Hierbei ist wohl zu beachten, daß der Lehrer der Demut beim Reichen nicht S. 134 sagt: Bitte, sondern: Gebiete! Denn obschon Schwachen gegenüber Milde angewendet werden soll, ist dem Hochmut gegenüber Ehre nicht am Platz. Was also solchen Gutes zu sagen ist, das wird ihnen mit um so größerem Rechte anbefohlen, je mehr sie sich selbst bei vergänglichen Dingen in stolzen Gedanken erheben. Von diesen sagt der Herr im Evangelium: „Wehe euch, ihr Reichen; denn ihr habt euern Trost!“5 Da sie nämlich die ewigen Freuden nicht kennen, suchen sie ihren Trost in dem Überfluß des gegenwärtigen Lebens. Jenen also, die im Glühofen der Armut geläutert werden, muß man Trost bringen; denen aber irdischer Ruhm Trost und Erhebung bietet, diesen muß man Furcht einflößen; denn jene sollen erfahren, daß sie Reichtümer besitzen, wenn sie sie auch nicht sehen; diese aber sollen wissen, daß sie ihre Reichtümer, die sie vor Augen haben, nicht behalten können. Manchmal aber ändert die sittliche Beschaffenheit gleichsam den Stand der Leute, so daß ein Reicher demütig, ein Armer aber hochmütig sein kann. In diesem Falle muß sich der Redende nach seinem Zuhörer richten und um so strenger an dem Armen den Hochmut strafen, weil nicht einmal das Los der Armut ihn beugt, und um so freundlicher den Reichen, wenn er demütig ist, behandeln, da ihn nicht einmal der tröstliche Überfluß zum Stolz verführt.

Bisweilen muß man aber auch einen stolzen Reichen durch freundliche Worte zu beruhigen suchen; denn verhärtete Wunden werden zumeist durch linde Mittel weich; und oftmals macht das freundliche Wesen des Arztes sogar einen Irrsinnigen wieder gesund, indem liebevolle Herablassung einen mildernden Einfluß auf die Geisteskrankheit ausübt. Auch darf man nicht vergessen, daß David, wenn Saul vom bösen Geist befallen wurde,6 zur Harfe griff und damit die Tobsucht stillte. Was anderes stellt uns Saul vor Augen als den Stolz der Mächtigen, was David, als das demütige Leben der Hei- S. 135 ligen? So oft also Saul vom unreinen Geist befallen wurde, legte sich seine Wut beim Gesang Davids. Wenn also die Sinnesrichtung bei den Mächtigen durch ihre Selbstüberhebung in ein wildes, zorniges Wesen übergeht, so muß sie billigerweise durch unser ruhiges Zureden wie durch süßen Harfenklang wieder zur gesunden Vernunft gebracht werden. Zuweilen aber muß man bei der Zurechtweisung der Mächtigen dieser Welt zuerst sich einer Art Gleichnis bedienen, gleich als wollte man sie in der Sache eines andern um ihre Meinung fragen. Wenn sie dann gegen diesen vorgeschützten andern das richtige Urteil gefällt haben, dann kann man auf passende Weise die Hand an die Wunde legen und ihre eigene Schuld berühren. So wird der auf zeitliche Macht pochende Geist sich nicht gegen den Zurechtweisenden erheben, sondern vor dem eigenen Urteil den stolzen Nacken beugen und auf alle Selbstbeschönigung verzichten, da sie das Urteil des eigenen Mundes unmöglich macht. So kam der Prophet Nathan, um dem König Vorstellungen zu machen, gab sich aber den Anschein, als verlange er ein Urteil in der Sache eines Armen gegen einen Reichen; so sollte der König zuerst ein Urteil fällen, dann erst sein eigenes Vergehen anhören, damit er ja nicht mehr von dem gerechten Urteilsspruch, den er selbst schon gegen sich gefällt, abweichen könne.7 Der heilige Mann beachtete wohl, daß es sich um einen Sünder und um einen König handelte; darum wollte er in kluger Reihenfolge zuerst den kühnen Frevler durch ein Geständnis festlegen und dann durch Zurechtweisung auf ihn einwirken. Er ließ es eine Weile nicht merken, wen er suchte; aber sobald er ihn gefangen, traf ihn sein Schlag. Er wäre vielleicht zu langsam vorgegangen, wenn er gleich schon zu Beginn seiner Rede offen hätte die Sünde strafen wollen, aber durch die Vorausschickung des Gleichnisses gab er dem Tadel, den er noch verborgen hielt, erst den rechten Nachdruck. Der S. 136 Arzt war zum Kranken gekommen, sah, daß die Wunde aufgeschnitten werden müsse, zweifelte aber an der Geduld des Kranken. Da verbarg er das chirurgische Messer unter dem Gewand; plötzlich aber zog er es heraus und stieß es in die Wunde, so daß der Kranke eher den Schnitt fühlte, als er das Messer sah; denn hätte er es schon vorher gesehen, so hätte er sich vielleicht geweigert, mit ihm in Berührung zu kommen.


  1. Is. 54, 4. ↩

  2. Ebd. 54, 11. ↩

  3. Ebd. 48, 10. ↩

  4. 1 Tim. 6, 17. ↩

  5. Luk. 6, 24. ↩

  6. 1 Kön. 18, 10. ↩

  7. 2 Kön. 12, 5 f. ↩

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