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Works Gregory I, pope (540-604) Regula pastoralis Buch der Pastoralregel (BKV)
Dritter Teil: Wie der Seelsorger, der ein gutes Leben führt, seine Untergebenen lehren und ermahnen muß

XXXI. Kapitel: Wie man diejenigen ermahnen muß, welche sich der Sünden rühmen, deren sie sich bewußt sind, und wie diejenigen, welche sie zwar verwerfen, sich aber nicht vor ihnen in acht nehmen

Anders muß man diejenigen ermahnen, welche sich ihrer bösen Werke rühmen, und anders diejenigen, die sich zwar darüber anklagen, sie aber doch nicht meiden. Diejenigen, die sich ihrer bösen Werke noch rühmen, muß man darauf aufmerksam machen, daß sie dadurch oft noch mehr mit dem Munde als durch die Tat sündigen. Wenn sie sündigen, begehen sie nämlich die Tat nur für sich allein; wenn sie aber darüber reden, sündigen sie in allen Zuhörern, die sie durch ihr Lob in der Sünde unterrichten. Man muß sie also ermahnen, sich wenigstens vor der Verbreitung der Sünde zu fürchten, wenn sie sie auch nicht aufgeben wollen. Man muß sie erinnern, daß es genug für sie ist, wenn sie selbst zugrunde gehen. Auch muß man ihnen sagen: Wenn sie sich auch nicht fürchten, böse zu sein, so sollen sie sich doch schämen, als das zu erscheinen, was sie wirklich sind. Oft vermeidet man ja die Sünde, indem man sie verbirgt. Denn wenn sich die Seele schämt, sich in ihrer wirklichen Gestalt zu zeigen, so schämt sie sich auch bisweilen, das zu sein, was sie nicht scheinen mag. Wenn aber einer sich frech zum Bösen bekennt, hält er auch alles Böse, das er tut, für erlaubt; und was er für erlaubt hält, darin sinkt er ohne Zweifel immer tiefer. Daher steht geschrieben: „Sie machen ihre Sünden laut kund wie Sodoma und verbergen sie nicht.“1 Hätte Sodoma seine Sünde verborgen, so hätte es noch mit Furcht gesündigt. Aber es hatte den Zügel der Furcht ganz weggeworfen und suchte nicht einmal die Finsternis für seine Sünde. Darum heißt es an einer andern Stelle: S. 242 „Das Geschrei von Sodoma und Gomorrha hat sich gemehrt.“2 Eine Sünde, die redet, ist die Vollbringung einer bösen Handlung; eine Sünde aber, die schreit, ist eine böse Handlung, die frei und offen geschieht.

Diejenigen hingegen, welche sich zwar ihrer Sünden anklagen, sie aber doch nicht meiden, sollen sich ernstlich fragen, was sie zu ihrer Entschuldigung beim strengen Gerichte Gottes vorbringen wollen, da sie nach ihrem eigenen Urteil an ihren Sünden nicht unschuldig sind. Sind sie nicht ihre eigenen Ausrufer?3 Sie erheben ihre Stimme gegen die Sünden und schleppen sich durch ihre Werke selbst als Schuldige einher. Die Ermahnung soll ihnen zeigen, daß es schon eine geheime Urteilsvollstreckung ist, daß ihre Seele erleuchtet wird, das Böse, das sie tut, zu sehen, dabei es aber nicht zu überwinden versucht. Denn je besser sie es einsieht, um so schlimmer wird das Ende sein; denn sie bekam das Licht der Erkenntnis und gab die Finsternis des Bösen nicht auf. Wenn sie die Erkenntnis nicht zu ihrer Rettung gebrauchen, so verwandeln sie sie in ein Zeugnis wider sich; und das Licht der Einsicht vermehrt ihre Strafe, obwohl sie es nur empfangen hatten, um die Sünden damit tilgen zu können. Da sie in ihrer Bosheit Übles tun, das sie selbst verurteilen, so kosten sie jetzt schon das kommende Gericht; da sie für die ewigen Peinen bestimmt sind, so spricht sie auch hier auf Erden das Gewissen nicht frei; und um so ärgere Strafen werden sie dort empfangen, je weniger sie hier die Sünden aufgeben, die sie selbst verdammen. Darum spricht die ewige Wahrheit: „Der Knecht, der den Willen seines Herrn gekannt und sich nicht bereit gehalten und nicht getan hat nach seinem Willen, wird viele Streiche bekommen.“4 Darum sagt der Psalmist: „Lebendig sollen sie zur Hölle fahren!“5 Die Lebendigen nämlich wissen und merken, S. 243 was um sie vorgeht, die Toten aber wissen es nicht. Tot würden sie in die Hölle fahren, wenn sie aus Unwissenheit Sünden begingen. Da sie aber die Sünde erkennen und dennoch begehen, so fahren sie in den Abgrund der Bosheit lebendig, elend und mit vollem Bewußtsein.


  1. Is. 3, 9. ↩

  2. Gen. 18, 20. ↩

  3. Der Ausrufer (praeco) gab Name, Stand und Schuld des Verurteilten, der zum Tode geführt wurde, bekannt. ↩

  4. Luk. 12, 47. ↩

  5. Ps. 54, 16. ↩

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