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Die Regel des hl. Benedikt (BKV)
LXV. KAPITEL. Vom Prior des Klosters.
1 S. 318Nicht selten2 ist es schon vorgekommen, daß die Einsetzung eines Priors in den Klöstern zu schweren Ärgernissen geführt hat, wenn nämlich der eine oder andere vom bösen Geiste des Stolzes aufgestachelt, im Wahne, er sei ein zweiter Abt, sich die Herrschaft anmaßt, so zu Ärgernissen Anlaß gibt und Zwiespalt in die Gemeinde bringt. Dies kann ganz besonders dort geschehen, wo von demselben Bischof oder von denselben Äbten, die den Abt bestellen, zugleich auch der Prior eingesetzt wird. Wie verkehrt ein solcher Brauch ist, liegt auf der Hand. Denn gleich vom ersten Tag an, da der Prior in sein Amt eingesetzt ist, wird ihm Anlaß zu Stolz gegeben, wenn ihm eine Stimme im Innern zuflüstert, er stehe nicht unter der Gewalt seines Abtes: du bist ja von denselben zu deinem Amte berufen worden wie der Abt. Die Folge davon sind Neid, Streitigkeiten, üble Nachreden, Eifersüchteleien, Parteiungen, Unordnung. Denn wenn Abt und Prior einander entgegen sind, wird dieser Zwist nicht bloß unausbleiblich ihren eigenen Seelen Gefahr bringen, sondern auch ihre Untergebenen ins Verderben stürzen, wenn sie um die Gunst der Parteien buhlen. Die Verantwortung für eine so schlimme Gefahr tragen in erster Linie jene, die den Keim zu einer derartigen Unordnung gelegt haben.
Die Erfahrung hat uns demnach gezeigt, daß es für die Wahrung des Friedens und der Liebe am besten ist, wenn der Abt nach freiem Ermessen die Ämter in seinem Kloster besetzt. Und womöglich sollen, wie wir schon früher bestimmt haben3 , alle Geschäfte des Klosters durch Dekane nach den Anordnungen des Abtes besorgt werden. So wird der einzelne nicht in Gefahr S. 319kommen, stolz zu werden, wenn die Aufgabe auf mehrere verteilt ist. Lassen örtliche Verhältnisse es wünschenswert erscheinen, oder bittet die Gemeinde mit vernünftigen Gründen und bescheiden darum, und findet der Abt es so für gut, dann soll er selbst den zum Prior bestellen, den er nach dem Rate gottesfürchtiger Brüder sich dazu ausersehen hat. Doch besorge der Prior in aller Ehrfurcht, was ihm sein Abt aufträgt; nie darf er etwas gegen den Willen und Auftrag seines Abtes tun; denn wie er über den anderen höher steht, so soll er auch mit besonderer Sorgfalt die Vorschriften der Regel beobachten. Zeigt es sich, daß der Prior mit Fehlern behaftet wäre und sich von Hochmut betören ließe, oder brächte er der hl. Regel offen Mißachtung entgegen, dann soll er bis zu vier Malen ermahnt werden. Bessert er sich nicht, dann treffe ihn die in der Regel vorgesehene Strafe. Legt er auch dann seinen Fehler nicht ab, so werde er vom Amte des Priorates entfernt und durch einen anderen, würdigen ersetzt. Ist er auch nachher in der Gemeinde nicht ruhig und gehorsam, so verstoße man ihn sogar aus dem Kloster. Doch bedenke der Abt, daß er über alle seine Anordnungen Gott Rechenschaft ablegen muß, damit nicht die Flamme des Neides oder der Eifersucht in seiner Seele entbrenne.
Edition
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Regula Benedicti
Caput LXV. De Praeposito Monasterii
[1] Saepius quidem contigit ut per ordinationem praepositi scandala gravia in monasteriis oriantur, [2] dum sint aliqui maligno spiritu superbiae inflati et aestimantes se secundos esse abbates, assumentes sibi tyrannidem, scandala nutriunt et dissensiones in congregationes faciunt, [3] et maxime in illis locis ubi ab eodem sacerdote vel ab eis abbatibus qui abbatem ordinant, ab ipsis etiam et praepositus ordinatur. [4] Quod quam sit absurdum facile advertitur, quia ab ipso initio ordinationis materia ei datur superbiendi, [5] dum ei suggeritur a cogitationibus suis exutum eum esse a potestate abbatis sui, [6] quia ab ipsis es et tu ordinatus a quibus et abbas. [7] Hinc suscitantur invidiae, rixae, detractiones, aemulationes, dissensiones, exordinationes, [8] ut dum contraria sibi abbas praepositusque sentiunt, et ipsorum necesse est sub hanc dissensionem animas periclitari, [9] et hi qui sub ipsis sunt, dum adulantur partibus, eunt in perditionem. [10] Cuius periculi malum illos respicit in capite qui talius inordinationis se fecerunt auctores.
[11] Ideo nos vidimus expedire propter pacis caritatisque custodiam in abbatis pendere arbitrio ordinationem monasterii sui; [12] et si potest fieri per decanos ordinetur, ut ante disposuimus, omnis utilitas monasterii, prout abbas disposuerit, [13] ut, dum pluribus committitur, unus non superbiat. [14] Quod si aut locus expetit aut congregatio petierit rationabiliter cum humilitate et abbas iudicaverit expedire, [15] quemcumque elegerit abbas cum consilio fratrum timentium Deum ordinet ipse sibi praepositum.
[16] Qui tamen praepositus illa agat cum reverentia quae ab abbate suo ei iniuncta fuerint, nihil contra abbatis voluntatem aut ordinationem faciens, [17] quia quantum praelatus est ceteris, ita eum oportet sollicitius observare praecepta regulae.
[18] Qui praepositus si repertus fuerit vitiosus aut elatione deceptus superbire, aut contemptor sanctae regulae fuerit comprobatus, admoneatur verbis usque quater; [19] si non emendaverit, adhibeatur ei correptio disciplinae regularis. [20] Quod si neque sic correxerit, tunc deiciatur de ordine praepositurae et alius qui dignus est in loco eius surrogetur. [21] Quod si et postea in congregatione quietus et oboediens non fuerit, etiam de monasterio pellatur. [22] Cogitet tamen abbas se de omnibus iudiciis suis Deo reddere rationem, ne forte invidiae aut zeli flamma urat animam.