LXVI. KAPITEL. Von den Pförtnern des Klosters.
1 An die Klosterpforte soll ein älterer verständiger Bruder gestellt werden, der es versteht, Aufträge anzunehmen und auszurichten und den sein gereiftes Wesen vor unstetem Umherschweifen bewahrt. Dieser Pförtner muß seine Zelle neben der Pforte haben, damit, wer kommt, ihn dort immer antreffe und von ihm Bescheid erhalte. Sobald jemand anklopft oder sich ein Armer S. 320meldet, antworte er: „Gott sei Dank“ oder „segne mich“; und gebe dann in aller Sanftmut und Gottesfurcht, beseelt vom Eifer der Liebe, sogleich Auskunft. Bedarf der Pförtner einer Stütze, so erhalte er einen jüngeren Bruder. Doch lege man das Kloster womöglich so an, daß alles, was man braucht, Wasser, Mühle, Garten und auch die verschiedenen Werkstätten sich innerhalb der Klostermauern2 befinden, damit die Mönche nicht gezwungen sind, draußen umherzuschweifen, weil das ihren Seelen durchaus nicht zuträglich ist. Wir wollen aber, daß diese Regel öfter vor der ganzen Gemeinde gelesen werde, damit sich kein Bruder mit Unkenntnis entschuldigen könne3 .
-
Manche Gedanken dieses Kapitels sind aus Rufin. Hist. monach. 17 [Vitae Patrum 1. II ed. Rosweyde] entnommen. ↩
-
So wurden die alten Klöster angelegt, vgl. hierüber Cabrol, Dictionn. d'archeol. I, 25—39; III, 2024-34 und den Idealplan von St. Gallen aus dem ersten Drittel des 9. Jahrhunderts [Abbildung bei O. Henne am Rhyn, Kulturgesch. des deutschen Volkes P [Berlin 1897] Tafel zu S. 144]. Mit diesen Bestimmungen hat der heilige Benedikt seine Klöster zu wirtschaftlich unabhängigen Zentren gemacht, die feste Kristallisationspunkte wurden in der Entwicklung der wirtschaftlichen Organisationen, vgl. A. Werminghoff in Histor. Aufsätze K. Zeumer dargebracht [Weimar 1910] 31-50. ↩
-
Dieser letzte Satz scheint anzudeuten, daß damit die erste Redaktion der Regel abschloß. Die folgenden Kapitel hat der heilige Benedikt wahrscheinlich nachträglich hinzugefügt. Traube möchte diesen Nachtrag dein Abt Simplioius zuschreiben [Textgeschichte der Regula S. Benedicti [München s 1910] 85; doch sind seine Beweise unzureichend. ↩