Edition
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De Exhortatione Castitatis
VI.
[1] 'Sed et benedicti', inquis, patriarchae non modo pluribus uxoribus, uerum etiam concubinis coniugia miscuerunt'. Ergo propterea nobis quoque licebit innumerum nubere? Sane licebit, si qui adhuc typi alicuius futuri sacramenti supersunt, quod nuptiae tuae figurent, uel si etiam nunc locus est uocis illius: Crescite et multiplicamini, id est, si nondum alia uox superuenit, tempus iam in collecto esse, restare, ut et qui uxores habeant tamquam non habentes agant. [2] Vtique enim continentiam indicens et compescens concubitum, seminarium generis, abolefecit 'crescite' illud 'et multiplicamini'. Vt opinor autem, unius et eiusdem dei utraque pronuntiatio et dispositio est, qui tum quidem in primordio sementem generis emisit indultis coniugiorum habenis, donec mundus repleretur, donec nouae disciplinae materia proficeret. Nunc uero sub extremitatibus temporum compressit quod emiserat et reuocauit quod indulserat, non sine ratione prorogationis in primordio et repastinationis in ultimo. Semper initia laxantur, fines contrahuntur. [3] Propterea siluam quis instituit et crescere sinit, ut tempore suo caedat. Silua erat uetus dispositio, quae ab euangelio nouo deputatur, in quo et securis ad radicem arboris posita. Sic et oculum pro oculo et dentem pro dente iam senuit ex quo iuuenuit 'malum pro malo nemo reddat'. Puto autem etiam humanas constitutiones atque decreta posteriora pristinis praeualere.
Übersetzung
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Über die Aufforderung zur Keuschheit (BKV)
6. Kap. Die im Alten Testament vorkommenden Abweichungen von der Monogamie haben ihre besonderen Ursachen, und diese kommen jetzt nicht mehr vor.
Aber die gebenedeiten Patriarchen, wendest du ein, hatten nicht nur mit mehreren Gattinnen geschlechtliche Verbindungen, sondern sogar mit Konkubinen; folglich wird es auch uns freistehen, mehrere Male1 zu heiraten. - Jawohl, es wird uns freistehen, wofern jetzt noch Typen, geheimnisvolle Andeutungen auf irgend welche zukünftige Dinge übrig sind, für welche deine Heiraten als Vorbilder dienen sollen, oder dann, wenn jetzt der Ausspruch: "Wachset und mehret euch" noch am Platze ist, d. h. wenn der andere Ausspruch noch nicht dazwischen getreten ist: "Die Zeit ist bereits verkürzt, und es bleibt nur noch übrig, daß die, welche Eheweiber haben," so leben, als hätten sie keine". Dieser Ausspruch legt dann noch in jedem Falle die Enthaltsamkeit nahe, schränkt die Beiwohnung, welche die Aussaat zu neuen Geburten ist, ein und hat das: "Wachset und mehret euch" abrogiert. Mich dünkt, beide Aussprüche und beide Anordnungen rühren von einem und demselben Gott her, der damals zu Anbeginn die Saat des Menschengeschlechtes ausstreute und den ehelichen Verbindungen allerdings die Zügel schießen ließ bis zu der Zeit, wo der Erdkreis angefüllt und ein hinreichendes Material für die neue Zucht und Lehre herangediehen wäre. Jetzt, in diesen letzten Zeiten, hat er, was erS. 336 freigegeben, wieder eingeschränkt, und was er nachgelassen, wieder an sich gezogen, nicht ohne Rücksichtnahme auf die nötige Ausbreitung zu Anfang und die Beschränkung am Ende. Es ist Regel, daß anfangs freier Spielraum gegeben wird. Wer einen Wald angelegt hat, läßt ihn auch wachsen, um ihn zu seiner Zeit abzuholzen. Ein solcher Wald war die frühere Anordnung, und er wird in dem neuen Evangelium, wo "die Axt an die Wurzel gelegt ist", abgehauen. So ist auch das: "Auge um Auge", "Zahn um Zahn" veraltet, seitdem das andere Wort ins Leben getreten ist: "Niemand vergelte Böses mit Bösem"2. Auch bei menschlichen Konstitutionen und Dekreten, dünkt mich, haben die späteren vor der früheren Geltung.