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Arznei gegen Skorpionstich (BKV)
11. Kap. Auch Matth. 10, 39 ist nicht allegorisch zu verstehen. Indem die Häretiker gut verbürgte Wahrheiten nicht gelten lassen wollen, glauben sie dafür allerlei Unerwiesenes.
Nach derselben Regel, behaupten wir, bezieht sich auch das Folgende auf das Martyrium. „Wer sein Leben“, heißt es, „mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert“1, d. h. wer es vorzieht, zu leben und mich zu verleugnen, statt mich zu bekennen und zu sterben. Und: „Wer sein Leben findet, der wird es verlieren, wer es aber um meinetwillen verliert, der wird es finden,“ Mithin findet es der, welcher leugnet, um sein Leben zu profitieren; allein er verliert es dennoch - an die Hölle - wenn er meint, durch sein Leugnen es zu gewinnen. Der aber, welcher bekennt und getötet wird, verliert es für den Augenblick; doch er wird es wieder finden zum ewigen Leben. Daher sagen sogar die Präsidenten, wenn sie zum Ableugnen ermuntern wollen: „Erhalte doch dein Leben“, oder: „Vernichte doch dein Leben nicht!“ Wie würde Christus wohl sprechen? Nur so, wie der Christ behandelt werden soll. Wenn aber Christus verbietet, auf eine Antwort vor dem Richter zu sinnen, so belehrt er seine Diener, verheißt ihnen, der Hl. Geist werde antworten, und wenn er will, daß der Bruder im Kerker besucht werden soll2, so befiehlt er damit eine Fürsorge für die Bekenner, und wenn er versichert, Gott werde Rache üben für seine Auserwählten3, so ist das ein Trost für ihre Leiden. Auch in dem Gleichnis von dem Samen, der neben das Ackerland fiel und vertrocknete, versinnbildet er die Glut der Verfolgung. Wenn diese Aussprüche nicht so genommen werden, wie sie lauten, dann haben sie offenbar neben dem Wortlaut einen andern Sinn, und die Worte besagen etwas anderes als die Gedanken, wie bei Allegorien, Parabeln und Rätseln.
Mögen also jene Skorpione noch so empfänglich sein für jede Art windiger Sophistik, mögen sie ihren Stachel bald hier, bald dort ansetzen - es gibt nur einen Kampfplatz: Sie werden auf die wirklichen Dinge verwiesen, ob sie schriftgemäß sich vollziehen. Denn nur dann wird in Stellen der Hl. Schrift ein allegorischer S. 219Sinn vorliegen, wenn sich die Sache selbst in der Wirklichkeit nicht findet. Was geschrieben steht, wird auch geschehen müssen. Ferner, was geschrieben steht, wird dann geschehen, wenn nichts anderes geschieht. Und siehe da, wir werden wirklich von allen Menschen um seines Namens willen gehaßt, wie geschrieben steht; wir werden von unsern nächsten Angehörigen ausgeliefert, wie geschrieben steht; vor die Gewalthaber gestellt, verhört und gemartert bekennen wir und werden getötet, wie geschrieben steht. So hat der Herr es verkündet. Wenn er dies anders gesagt hat, warum kommt das, was er gesagt hat, nicht anders, d. h. so, wie er gesagt hat?4 Nun aber kommt es eben nicht anders, als er gesagt hat. Also wie es geschieht, so hat er es angekündigt, und wie er es angekündigt hat, so geschieht es. Es hätte auch gar nicht anders kommen dürfen, als er ausgesagt hat, und er hätte auch nichts anderes sagen können, als was er wollte, daß kommen sollte. Mithin werden die Schriftstellen nichts anderes bedeuten, als das, was wir in der Wirklichkeit wiederfinden. Gehen aber die angekündigten Ereignisse jetzt noch nicht vor sich, wie kommt es dann, daß das, was sich wirklich ereignet, nicht angekündigt ist? Denn das, was sich wirklich ereignet, ist nicht verkündet, wenn das, was verkündet wurde, etwas anderes ist als das, was sich wirklich ereignet. Jetzt aber, weil die Ereignisse mit den Worten übereinstimmen, meint man, letztere seien allegorisch gemeint. Was würde erst geschehen, wenn die Ereignisse anders vor sich gingen?!
Aber darin gerade besteht die Verirrung im Glauben, Bewiesenes nicht zu glauben und nicht Bewiesenes S. 220anzunehmen. Dieser Verirrung stelle ich noch folgende Bemerkung entgegen: Wenn diese Dinge, die so vor sich gehen, wie geschrieben steht, nicht die angekündigten sind, dann dürfen auch die andern Dinge5 nicht so vor sich gehen, wie geschrieben steht, so daß auch sie nach Analogie der ersteren Gefahr laufen ebenfalls abgewiesen zu werden. Wenn einmal anders die Fakta sind, anders die Worte, so bleibt nichts übrig, als sie bei ihrem Eintreffen für nicht angekündigt zu halten, wenn sie anders angekündigt werden, als sie eintreffen. Und wie soll man an Dinge glauben, die nicht verkündet worden sind, deshalb eben nicht verkündet worden sind, weil sie nicht so verkündet worden sind, wie sie sich ereigneten?! So kommt es, daß die Häretiker, was verkündet wurde, nicht glauben, so eben nicht, wie es durch die Wirklichkeit verbürgt ist, dafür aber Dinge glauben, die nicht einmal angekündigt worden sind.
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Matth. 10, 39. Luk. 14, 26. ↩
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Matth. 25,36. ↩
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Luk. 18,7. ↩
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Si alter edixit haec, cur non aliter eveniunt quae edixit, id est quemadmodum edixit? Kellner übersetzt: id est – edixit, „sondern so, wie er es gesagt hat“. Damit wird aber der Sinn der Argumentation verwischt. In etwas breiterer Ausführung, die übrigens bei ihm nicht selten ist, erörtert T. den Gedanken: Es muß sich so vollziehen, wie es verkündet worden ist, und es ist so verkündet worden, wie es sich vollzieht; id est etc. bezieht sich zurück auf „si aliter edixit“. Wenn Christus es „aliter edixit“ müßte es auch „aliter evenire“, da es sich so vollziehen muß, wie er es verkündet hat. ↩
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Nach der Wiener Ausgabe, die „alia quoque“ statt „illa quoque“ setzt. ↩
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Scorpiace
Chapter XI.
In the same manner, therefore, we maintain that the other announcements too refer to the condition of martyrdom. "He," says Jesus, "who will value his own life also more than me, is not worthy of me," 1 --that is, he who will rather live by denying, than die by confessing, me; and "he who findeth his life shall lose it; but he who loseth it for my sake shall find it." 2 Therefore indeed he finds it, who, in winning life, denies; but he who thinks that he wins it by denying, will lose it in hell. On the other hand, he who, through confessing, is killed, will lose it for the present, but is also about to find it unto everlasting life. In fine, governors themselves, when they urge men to deny, say, "Save your life;" and, "Do not lose your life." How would Christ speak, but in accordance with the treatment to which the Christian would be subjected? But when He forbids thinking about what answer to make at a judgment-seat, 3 He is preparing His own servants for what awaited them, He gives the assurance that the Holy Spirit will answer by them; and when He wishes a brother to be visited in prison, 4 He is commanding that those about to confess be the object of solicitude; and He is soothing their sufferings when He asserts that God will avenge His own elect. 5 In the parable also of the withering of the word 6 after the green blade had sprung up, He is drawing a picture with reference to the burning heat of persecutions. If these announcements are not understood as they are made, without doubt they signify something else than the sound indicates; and there will be one thing in the words, another in their meanings, as is the case with allegories, with parables, with riddles. Whatever wind of reasoning, therefore, these scorpions may catch (in their sails), with whatever subtlety they may attack, there is now one line of defence: 7 an appeal will be made to the facts themselves, whether they occur as the Scriptures represent that they would; since another thing will then be meant in the Scriptures if that very one (which seems to be so) is not found in actual facts. For what is written, must needs come to pass. Besides, what is written will then come to pass, if something different does not. But, lo! we are both regarded as persons to be hated by all men for the sake of the name, as it is written; and are delivered up by our nearest of kin also, as it is written; and are brought before magistrates, and examined, and tortured, and make confession, and are ruthlessly killed, as it is written. So the Lord ordained. If He ordained these events otherwise, why do they not come to pass otherwise than He ordained them, that is, as He ordained them? And yet they do not come to pass otherwise than He ordained. Therefore, as they come to pass, so He ordained; and as He ordained, so they come to pass. For neither would they have been permitted to occur otherwise than He ordained, nor for His part would He have ordained otherwise than He would wish them to occur. Thus these passages of Scripture will not mean ought else than we recognise in actual facts; or if those events are not yet taking place which are announced, how are those taking place which have not been announced? For these events which are taking place have not been announced, if those which are announced are different, and not these which are taking place. Well now, seeing the very occurrences are met with in actual life which are believed to have been expressed with a different meaning in words, what would happen if they were found to have come to pass in a different manner than had been revealed? But this will be the waywardness of faith, not to believe what has been demonstrated, to assume the truth of what has not been demonstrated. And to this waywardness I will offer the following objection also, that if these events, which occur as is written, will not be the very ones which are announced, those too (which are meant) ought not to occur as is written, that they themselves also may not, after the example of these others, be in danger of exclusion, since there is one thing in the words and another in the facts; and there remains that even the events which have been announced are not seen when they occur, if they are announced otherwise than they have to occur. And how will those be believed (to have come to pass), which will not have been announced as they come to pass? Thus heretics, by not believing what is announced as it has been shown to have taken place, believe what has not been even announced.