Edition
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Scorpiace
V.
[1] Habes igitur dei mei uoluntatem. Occursum est huic plagae. Iam alium ictum consideremus de uoluntatis qualitate. Longum est, ut deum meum bonum ostendam, quod iam a nobis didicerunt Marcionitae. Deum interim sufficit dici, ut necesse sit bonum credi. [2] Malum enim deum qui praesumpserit, constare in utroque non poterit: aut deum negare debebit quem malum existimarit, aut bonum dicere quem deum pronuntiauerit. Bona igitur erit et uoluntas eius qui nisi bonus non erit deus. [3] Probabit hoc etiam ipsius rei bonitas quam deus uoluit, martyrii dico, quia bonum non nisi bonus uoluit. Bonum contendo martyrium apud eundem deum, a quo et prohibetur et punitur idololatria. Obnititur enim et aduersatur idololatriae martyrium. Malo autem obniti et aduersari nisi bonum non potest. [4] Non quasi negem esse aemulationem tam malorum inter se quam et bonorum, sed alia condicio est huius tituli. Martyrium enim non de communi aliqua militia certat cum idololatria, sed de sua gratia; liberat enim ab idololatria. Quod a malo liberat, quis non bonum pronuntiabit? Quid aliud est aduersatio idololatriae atque martyrii quam mortis et uitae? [5] In tantum uita martyrio deputabitur, quantum morti idololatria. Vitam qui malum dixerit, habet mortem, quam bonum dicat. Est et haec peruersitas hominum salutaria excutere, exitiosa suscipere, periculosa conquirere, medicamina deuitare, aut mori denique citius quam curari desiderare. [6] Nam et medicinae praesidium plures qui refugiunt: plures enim stulti, plures timidi et male uerecundi. Et est plane quasi saeuitia medicinae de scalpello deque cauterio, de sinapis incendio; non tamen secari et inuri et extendi morderique idcirco malum, quia dolores utiles affert, nec quia tantummodo contristat, recusabitur, sed quia necessario contristat, adhibebitur. [7] Horrorem operis fructus excusat. Vlulans denique ille et gemens et mugiens inter manus medici postmodum easdem mercede cumulabit et artifices optimas praedicabit et saeuas iam negabit. Sic et martyria desaeuiunt, sed in salutem. Licebit et deo in uitam aeternam per ignes et gladios et acerba quaeque curare. [8] Sed medicum quidem miraberis etiam in illo, quod ferme pares adhibet qualitates medellarum aduersus qualitates querellarum, cum quasi de peruerso auxiliatur per ea subueniens per quae laboratur. Nam et calores caloribus amplius onerando compescit et ardores siti potius macerando restinguit et fellis excessus amaris quibusque potiunculis colligit et sanguinis fluxus defusa insuper uenula reuocat. [9] Deum uero et quidem zeloten culpandum existimabis, si uoluit certare cum causa et iniuriae aemulando prodesse, mortem morte dissoluere, occisionem occisione dispargere, tormentis tormenta discutere, supplicia suppliciis euaporare, uitam auferendo conferre, carnem laedendo iuuare, animam eripiendo seruare. [10] Peruersitas, quam putas, ratio est; quod saeuitiam existimas, gratia est. Ita deo de momentaneis aeterna medicante magnifica bono tuo deum tuum; incidisti in manus eius, sed feliciter incidisti. Incidit et ille in aegritudines tuas. Homo semper prior negotium medico facit, denique sibimet ipse periculum mortis attraxit. [11] Acceperat a domino suo ut a medico satis utilem disciplinam secundum legem uiuendi, ut omnia quidem ederet, ab una solummodo arbuscula temperaret, quam ipse medicus inportunam interim nouerat. [12] Audiit ille quem maluit et abstinentiam rupit. Edit inlicitum et transgressione saturatus in mortem cruditauit, dignissimus bona fide in totum perire quia uoluit. Sed dominus sustentata feruura delicti, donec tempore medicina temperaretur, paulatim remedia composuit, omnes fidei disciplinas et ipsas aemulas uitio, uerbum mortis uerbo uitae rescindentes, auditum transgressionis auditu deuotionis limantes. Ita, et cum mori praecipit medicus ille, ueternum mortis excludit. [13] Quid grauatur nunc pati homo ex remedio quod non est tunc grauatus pati ex uitio? Displicet occidi in salutem cui non displicuit occidi in perditionem? Nausiabit ad antidotum qui hiauit ad uenenum?
Übersetzung
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Arznei gegen Skorpionstich (BKV)
5. Kap. Durch das Martyrium wird die Sünde und Sündenlust überwunden. Es gehört daher zu den Arzneimitteln, wodurch Gott die Menschheit von der Sünde reinigt und ist dem Brennen und Schneiden eines Arztes zu vergleichen.
Da hast du nun den Willen meines Gottes. Diesem Stiche wäre vorgebeugt. Sehen wir uns den zweiten Stich näher an, jenen in Bezug auf die Beschaffenheit dieses Willens. Der Nachweis, daß mein Gott der gute sei, würde zu lange aufhalten; wir haben die Marcioniten auch schon darüber belehrt1. Vorläufig genügt es, ihn Gott genannt zu haben, um zu dem Glauben genötigt zu S. 196sein, er sei gut. Denn wer Gott für böse halten wollte, wird doch beides nicht zugleich aufrecht halten können; entweder muß er ihm den Namen Gott verweigern, wenn er ihn für schlecht hält, oder ihn gut nennen, wenn er ihn als Gott erklärt hat. Also wird auch sein Wille gut sein müssen, da er nur, wenn er gut ist, Gott sein kann. Dafür wird auch die sittliche Güte dessen, was Gott gewollt hat, ich meine des Martyriums, den Beweis liefern; denn Gutes kann er nur, wenn er gut ist, gewollt haben. Ich behaupte also, das Martyrium gilt in den Augen des Gottes, der die Idololatrie verbietet und straft, für gut. Denn Martyrium und Idololatrie sind unversöhnliche Gegensätze. Aber nur Gutes kann einen unversöhnlichen Gegensatz zum Schlechten bilden. Nicht als wollte ich leugnen, daß es sowohl beim Guten als beim Schlechten unter sich Gegensätze gebe; jedoch bei diesem Punkte liegt die Sache anders. Denn das Martyrium steht nicht im Kampfe mit der Idololatrie wegen einer beiden zukommenden Schlechtigkeit2, sondern wegen des ihm eignenden Vorzugs; es befreit nämlich vom Götzendienste. Wer wollte das aber nicht gut nennen, wodurch man von etwas Bösem befreit wird?! Der Gegensatz zwischen Martyrium und Idololatrie ist ja kein anderer als der zwischen Leben und Tod. Dem Martyrium wird ebenso das Leben zugesprochen, wie die Idololatrie als Tod angerechnet wird. Wer das S. 197Leben ein Übel nennt, dem bleibt nichts übrig, als den Tod ein Gut zu nennen.
Heilsame Dinge wegzuwerfen und verderbliche Dinge zu sich zu nehmen, das Gefahrbringende zu suchen und das Heilbringende zu meiden, ja sogar lieber nach dem Tode als nach der Heilung zu verlangen - das ist auch eine von den menschlichen Verkehrtheiten. Denn manche verschmähen sogar die Hilfe der Arzneikunde; manche nämlich sind töricht, manche furchtsam, manche haben falsche Scham. Allerdings gibt es auch schauerliche Heilmittel, das Schneiden, das Brenneisen, den beißenden Senf. Und doch ist das Schneiden, das Brennen, das Ausgerecktwerden, das Beißen darum nichts Böses, denn diese Dinge verursachen heilsame Schmerzen. Man wird sich nicht dagegen sträuben, obwohl jene Mittel so sehr angreifen, sondern sie anwenden, weil es notwendig ist, daß sie angreifen. Die Ersprießlichkeit des Verfahrens deckt das Schreckliche desselben zu. Darum wird der, welcher jetzt unter den Händen des Arztes heult, stöhnt und brüllt, sie nachher mit Gold überschütten, ihre edle Kunst preisen und sagen, sie seien nicht schrecklich. So ist auch das Martyrium schrecklich, aber zum Heile. Es muß Gott auch verstattet sein, vermittels Feuer, Schwert und durch alles mögliche Schreckliche den Heilkünstler fürs ewige Leben zu machen.
Du wirst aber den Arzt selbst darin bewundern, daß er Heilmittel anwendet, die mit den Plagen so ziemlich gleiche Beschaffenheit haben, wenn er nämlich, gleichsam in verkehrter Weise, mit dem Hilfe schafft, woran man leidet. Hitze bewältigt er z. B. durch Überbietung der Hitze, Fieberglut löscht er, indem er sie durch Durst noch mehr anfacht, den Überfluß der Galle schränkt er ein durch lauter bittere Tränkchen, und Blutflüsse treibt er durch Aderlaß zurück. Gott aber glaubst du, und zwar als einen Zeloten, anklagen zu müssen, wenn er das Übel an der Ursache fassen und nützen will, indem er mit der Gewalttätigkeit wetteifert, wenn er den Tod durch den Tod aufheben, Mord durch Mord vereiteln, Qualen durch Qualen vertreiben, Hinrichtungen durch Hinrichtungen entkräften will, wenn er das Leben gibt, S. 198indem er es nimmt, dem Fleische durch Verwunden hilft und die Seele durch Entreißen derselben rettet. Was du für Verkehrtheit ansiehst, ist sehr vernünftig; was du für Härte ansiehst, ist Güte. Wenn Gott also auf diese Weise durch Zeitliches ewige Heilung herbeiführt, so verherrliche deinen Gott wegen des Nutzens, den du davon hast. Du bist in seine Hände gefallen, aber es geschah zu deinem Glück. Auch er ist in dein Elend gefallen.
Erst macht der Mensch dem Arzt immer zu schaffen; denn er hat sich selbst die Todesgefahr zugezogen. Er war von seinem Herrn, wie von einem Arzte, in eine sehr heilsame Schule genommen worden, da er nach dem Gebote leben sollte, von allem zu essen, von einem Bäumlein allein aber sich zu enthalten, dessen Schädlichkeit vorläufig nur der Arzt selbst kannte. Er hörte aber auf jemand, der ihm besser gefiel, und brach die Enthaltsamkeit. Er aß von dem Verbotenen, und nachdem er sich an der Übertretung gesättigt, überaß er sich zum Tode, würdig fürwahr, gänzlich unterzugehen, da er es gewollt hatte. Allein der Herr hielt mit der schwersten Ahndung des Vergehens an sich, bis er mit der Zeit das Heilmittel bereitet haben würde, und stellte unterdessen die Heilmittel nach und nach zurecht, nämlich die sämtlichen Lehren des Glaubens, welche dem Laster entgegengesetzt sind, das Wort des Todes durch das Wort des Lebens aufheben und das der Übertretung willige Gehör durch den willigen Gehorsam der Hingebung verbessern. So beseitigt denn dieser Arzt, wenn er zu sterben befiehlt, nur den alten Schmutz des Todes. Was beschwert sich der Mensch, jetzt zur Heilung zu leiden, was zu leiden er sich damals aus Sündenlust nicht beschwerte? Mißfällt es ihm, zu seinem Heile getötet zu werden, da es ihm doch nicht mißfiel, sich zu seinem Verderben töten zu lassen? Sollte der vor dem Gegengift Ekel empfinden, der nach dem Gifte so gierig war?
In dem genannten Werke gegen die Marcioniten. ↩
Nach der Lesart des Agobardinus: martyrium enim non de communi aliqua malitia certat cum idololatria. Die Wiener Ausgabe gab, wie ich glaube mit Unrecht, der anderen Lesart „militia“ statt „malitia“ den Vorzug. Aus dem Vorhergehenden folgt nämlich, daß T. sagen will: Martyrium und Idololatrie streiten nicht so mit einander, wie auch zwei Dinge miteinander streiten können, die beide bös sind, so daß ich sie nämlich beide nicht zur gleicher Zeit befriedigen kann, obwohl ich beiden anhange. So könne z.B. Grausamkeit und Unmäßigkeit oft miteinander streiten, so daß einer der Grausamkeit wegen auf die Unmäßigkeit verzichten muß, obwohl er die Unmäßigkeit liebt. Die Grausamkeit befreit ihn nicht vom Laster der Unmäßigkeit, er besitzt vielmehr beide; das Martyrium dagegen besitzt aus sich den Vorzug, daß es von der Idololatrie befreit; deshalb kann es nur gut sein. ↩