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Doch standen ihr allsogleich neue Kämpfe bevor, die noch grösser waren als die vorausgegangenen Mühsale. Da der Klosterbau vollendet war und die Selige nun ein wenig aufatmen konnte, kam ein Brief ihres Onkels Volusian, des Expräfekten der grossen Stadt Rom, er weile zu Konstantinopel als Gesandter am Hofe der frommen Kaiserin Eudoxia, die den ehelichen Bund geschlossen hatte mit unserem christlichen Kaiser Valentinian.1 Nun fühlte sie das Verlangen, den Onkel zu sehen. Von Gottes Gnade geleitet fasste sie den Plan, um jeden Preis seine Seele zu retten, weil er noch ein Heide war. Voll Angst, in irgend etwas dem Wohlgefallen Gottes entgegenzuhandeln, teilte sie das Anliegen allen Heiligen mit und bat um deren unablässiges Gebet, damit die Reise nach Gottes Willen geschehe, Dann empfahl sie die Klöster dem Herrn und verliess Jerusalem.
Valentinian III., Kaiser des weström. Reiches (425-55), vermählte sich 437 mit Euxodia, der Tochter des oström. Kaisers Theodosius II. und der Eudokia. Volusian wurde zu Ende des Jahres 436 nach Konstantinopel gesandt als Brautwerber. Der griechische Text hat hier einen Irrtum, denn er bezeichnet die Ehe schon als geschlossen. Eudokia, die Mutter, begegnet uns noch öfter in dieser Vita. Sie war die Tochter des heidnischen Philosophen Leontius, wurde heidnisch erzogen, kam an den Hof der Kaiserin Pulcheria, legte bei der Taufe den bisherigen Namen Athenais ab. Nach dem Tode Melanias kam sie wiederum nach Jerusalem, diesmal wahrscheinlich verstoßen und verbannt, und blieb bis an ihr Ende. Sie war bekannt als Dichterin. (Vgl. Baumgartner, Gesch. d. Weltliteratur IV, 3 79/83.) ↩
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