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Bekenntnisse
17. Das Gedächtnis ist eine große Kraft; allein um zu Gott zu kommen, müssen wir auch noch darüber hinausgehen.
Groß ist jene Kraft des Gedächtnisses, eine unbekannte Kraft, die mir heiligen Schauder erregt, eine unergründliche, unermeßliche Vielfältigkeit! Und das ist mein Geist, und ich selbst bin der Geist. Was bin ich also, mein Gott? Welch ein Wesen? Mannigfaltiges, vielgestaltiges Leben von gewaltiger Unermeßlichkeit. Siehe, in meinem Gedächtnisse gibt es freie Gefilde und Grotten und Höhlen, die da angefüllt sind von unzählbaren Arten unzählbarer Dinge, mögen sie nun im Abbilde vorhanden sein wie die Körper oder ihrem eigenen Wesen nach wie die Wissenschaften oder kraft irgendwelcher Begriffe oder Wahrnehmungen wie die Gemütsbewegungen, die das Gedächtnis festhält, auch wenn der Geist sie nicht erleidet, da alles, was im Gedächtnisse ist, auch im Geiste ist. Dieses alles durchlaufe und durchfliege ich; hierhin und dorthin dringe ich vor, soweit ich vermag, und nirgends finde ich eine Grenze. So groß ist die Gewalt des Gedächtnisses, so groß die Kraft des Lebens im Menschen, der doch nur lebt um zu sterben? Was soll ich also tun, du mein Gott, du mein wahres Leben? Auch über diese meine Kraft, die Gedächtnis heißt, will ich hinaus, ich will über sie hinausgehen, um zu dir, mein süßes Licht, zu gelangen. Was sagst du mir? Ich will hinaufsteigen meinen Geist zu dir, der du über mir unwandelbar bleibst; hinausgehen will ich über jene Kraft von mir, die Gedächtnis heißt, um dich zu berühren, von wo aus man dich berühren kann, und mich an dich festzuklammern, von wo aus man sich an dich klammern kann. Denn Gedächtnis haben auch Vieh und Vögel, sonst könnten sie ihre Lager, ihre Nester nicht wiederfinden und vieles andere nicht, woran sie gewöhnt sind. Denn nur durch das Gedächtnis können sie sich daran gewöhnen. Hinausgehen will ich also auch über das Gedächtnis, um zu dem hinzugelangen, der mich von denn vierfüßigen Tieren getrennt und mich weiser als die Vögel des Himmels gemacht hat. Hinausgehen werde ich auch S. 236 über das Gedächtnis. Aber wo werde ich dich finden, du wahrhaft gute und sichere Süßigkeit? Wo werde ich dich finden? Finde ich dich außerhalb meines Gedächtnisses, so bin ich deiner nicht eingedenk. Und wie werde ich dich nun finden, wenn ich deiner nicht eingedenk bin?
Edition
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Confessiones
Caput 17
Magna vis est memoriae, nescio quod horrendum, deus meus, profunda et infinita multiplicitas; et hoc animus est, et hoc ego ipse sum. quid ergo sum, deus meus? quae natura sum? varia, multimoda vita et inmensa vehementer. ecce in memoriae meae campis et antris et cavernis innumerabilibus atque innumerabiliter plenis innumerabilium rerum generibus sive per imnagines, sicut omnium corporum, sive per praesentiam, sicut affectionum animi -- quas et cum animus non patitur, memoria tenet, cum in animo sit quidquid est in memoria -- per haec omnia discurro et volito hac illac, penetro etiam, quantum possum, et finis nusquam: tanta vis est memoriae, tanta vitae vis est in homine vivente mortaliter! quid igitur agam, tu vera mea vita, deus meus? transibo et hanc vim meam, quae memoria vocatur, transibo eam, ut pertendam ad te, dulce lumen. quid dicis mihi? ego ascendens per animum meum ad te, qui desuper mihi manes, transibo et istam vim meam, quae memoria vocatur volens te attingere, unde attingi potes, et inhaerere tibi, unde inhaereri tibi potest. habent enim memoriam et pecora et aves, alioquin non cubilia nidosve repeterent, non alia multa, quibus assuescunt; neque enim et assuescere valerent ullis rebus nisi per memoriam. transibo ergo et memoriam, ut attingam eum, qui separavit me a quadrupedibus et volatibus caeli sapientiorem me fecit. transibo et memoriam, ut ubi te inveniam, vere bone et secura suavitas, ut ubi te inveniam? si praeter memoriam meam te invenio, inmemor tui sum. et quomodo iam inveniam te, si memor non sum tui?