5. Die Welt ist aus Nichts erschaffen.
Wie aber hast du Himmel und Erde geschaffen und mit welchem Werkzeuge dein großes Werk ausgeführt? Du hast sie nicht geschaffen wie ein Künstler, der einen Körper aus einem bereits vorhandenen bildet nach dem Ermessen seiner Seele, die die Fähigkeit besitzt, jedem Körper die Gestalt, die seinem Geiste vorschwebt, zu S. 275 geben. Und hätte sie dieses überhaupt tun können, wenn du sie nicht geschaffen hättest? Dabei gibt der Künstler Form und Gestalt nur einem Gegenstande, der bereits vorhanden ist und Dasein schon besitzt, wie der Erde, dem Steine, dem Holze, dem Golde oder einem beliebigen anderen Stoffe dieser Art. Und woher wären diese, wenn du nicht ihnen Dasein verliehen hättest? Du hast dem Künstler den Leib gebildet, du ihm eine Seele geschaffen, die den Gliedern gebietet, du ihm den Stoff geliefert, aus dem er etwas bildet, du ihm das Talent gegeben, mit dem er die Kunst erfaßt und innerlich schaut, was er äußerlich darstellen soll, du die Sinne, durch deren Vermittlung er das Bild seines Geistes auf den Stoff überträgt und wiederum der Seele über die Verwirklichung der Idee berichtet, so daß dann dieser die in seinem Innern thronende Wahrheit fragen kann, ob das Abbild gut sei. Dich preist alles dieses als den Schöpfer aller Dinge. Allein wie erschaffest du sie? Wie hast du sie erschaffen, mein Gott, „Himmel und Erde?“ Ganz bestimmt hast du nicht im Himmel und auch nicht auf der Erde Himmel und Erde geschaffen, auch nicht in der Luft oder im Wasser, da auch dieses zum Bereich von Himmel und Erde gehört. Auch hast du nicht im Weltall das Weltall geschaffen; denn es gab ja keinen Raum, wo etwas hätte ins Dasein treten können, bevor es überhaupt Erschaffenes gab. Auch hattest du nichts in der Hand, woraus du Erde und Himmel hättest bilden können. Woher auch solltest du es nehmen, was du nicht geschaffen hattest, um etwas daraus zu schaffen? Gibt es überhaupt ein Sein außer deinem Sein? Du hast also gesprochen: „Und es ward“1, und in deinem Wort hast du es erschaffen.
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Ps. 32,9. ↩