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Gegen Praxeas. (BKV)
27. Cap. Die letzte Ausflucht des Praxeas ist die, das geistige Element Jesu sei der Vater, das leibliche der Sohn. Damit würde aber eine Vermischung der göttlichen und menschlichen Natur in Christo gelehrt, während beide in ihm unvermischt bestehen.
Was soll ich mich bei so klaren Sachen lange aufhalten, da ich vielmehr das angreifen müsste, womit die Gegner das Klare zu S. 551 verdunkeln streben?! Indem sie nämlich von allen Seiten durch die Unterscheidung von Vater und Sohn in die Enge getrieben werden, eine Unterscheidung, die wir uns unbeschadet der Vereinigung analog der von Sonne und Strahl, Quelle und Bach erklären, aber ohne Teilung, versuchen sie die Zahlen zwei und drei in anderer Weise nichtsdestoweniger nach ihrem Sinne zu deuten, so dass sie an der einen Person beides, Vater und Sohn unterscheiden und sagen, der Sohn sei das Leibliche, d. h. der Mensch oder Jesus, der Vater aber das Geistige, d. h. Gott oder der Christus. Und dieselben Leute, die den Vater und Sohn für identisch ausgeben, fangen nun an, sie vielmehr zu zerreissen statt zu einen. Denn wenn Jesus ein anderer ist als Christus, so ist auch der Sohn ein anderer als der Vater; denn Jesus soll ja den Sohn, Christus den Vater bedeuten. Diese Art von Monarchie und zwei daraus zu machen, den Jesus und den Christus, das haben sie vielleicht von Valentinus gelernt. Auch dieser Einwurf ist in dem oben Behandelten bereits zurückgewiesen, weil das Wort Gottes, das sie zum Vater stempeln, auch Geist Gottes und Kraft des Allerhöchsten genannt worden ist, denn sie sind ja nicht identisch mit dem, welchem sie beigelegt werden, sondern nur aus ihm und von ihm.
Doch sie sollen in diesem Punkte auch noch auf andere Weise widerlegt werden. Siehe, sagen sie, es ist vom Engel verkündet worden: „Deswegen wird das Heilige, welches wird geboren werden, Sohn Gottes genannt werden.”1 Es ist also ein Leib, der geboren wird; folglich würde ein Leib Sohn Gottes werden. Aber nein, es ist vielmehr vom Geiste Gottes die Rede. Denn es ist sicher, dass die Jungfrau vom hl. Geiste empfangen hat, und was sie empfing, das hat sie auch geboren. Es sollte also das geboren werden, was empfangen war, und was geboren werden musste, nämlich der Geist, der auch Emmanuel, d. h. Gott mit uns genannt werden wird. Ein Leib hingegen ist kein Gott, und es kann davon nicht gesagt werden: „das Heilige wird Sohn Gottes genannt werden”, sondern der, welcher in ihr geboren wird, ist der Gott, von dem der Psalm sagt, dass Gott als Mensch „geboren sei in ihr und sie erbaut hat”2 nach dem Willen des Vaters.
Welcher Gott ist es nun, der in ihr geboren wurde? Das Wort und der Geist, der mit dem Worte nach dem Willen des Vaters geboren ist. Also befindet sich das Wort im Fleische, und es bleibt auch noch die Frage zu untersuchen, in welcher Weise das Wort Fleisch geworden ist, ob es etwa im Fleische sozusagen umgebildet worden sei, oder nur Fleisch angezogen habe? Es hat nur Fleisch angezogen. Im Übrigen aber muss man Gott als unveränderlich und unbildsam ansehen, weil er ewig ist. S. 552 Umbildung wäre Vernichtung des früheren Zustandes. Alles nun, was umgebildet wird, hört auf zu sein, was es war, und fängt an zu werden, was es nicht war. Gott hört nicht auf zu sein und kann nichts anderes werden. Das Wort aber ist Gott und Gottes Wort bleibt in Ewigkeit, indem es in seiner bestimmten Form verharrt. Wenn es nun nicht umgebildet werden kann, so folgt daraus, dass man seine Fleischwerdung so auffassen muss, dass es sich im Fleische befinde, und sich durch das Fleisch offenbare, sehen und berühren lasse, weil alles übrige diese Auffassung fordert. Denn würde das Wort vermittelst einer Umbildung und Veränderung seiner Substanz Fleisch geworden sein, so wäre Jesus alsbald eine aus zweierlei, aus Leib und Gottes Geist, bestehende Substanz, eine Art Mischung, wie das Elektrum aus Gold und Silber besteht. Dieselbe finge an, nicht mehr Gold, d. h. Gottesgeist, und nicht mehr Silber, d. h. Menschenleib zu sein, sobald das Eine sich ins Andere verwandelt und das Dritte entsteht. Jesus wäre also nicht mehr Gott; denn er hat aufgehört, Wort zu sein, weil er Fleisch geworden ist; auch der Leib wäre kein Mensch; denn er ist eigentlich kein Leib, weil er Wort war. So ist also von den beiden Bestandteilen keiner mehr da, sondern etwas Drittes, von beidem weit verschiedenes.
Wir finden ihn aber, was der eben angeführte Psalm selbst andeutet, direkt als Gott und Menschen hingestellt, weil Gott als Mensch in ihm3 geboren ist; er hat ihn erbaut nach dem Willen des Vaters; jedenfalls ist er beständig Gottessohn und Menschensohn, weil Gott und Mensch, und ohne Zweifel hinsichtlich jeder der beiden Substanzen, die in ihren Eigentümlichkeiten auseinander gehen; denn das Wort ist nichts anders als Gott und der Leib nichts anders als der Mensch. So lehrt auch der Apostel in betreff beider Substanzen. „Der geworden ist”, sagt er, „aus dem Samen Davids.”4 Dieser wird jener Mensch und Menschensohn sein, der dem Geiste nach für den Sohn Gottes erklärt worden ist.5 Dieser wird Gott und das Wort und der Menschensohn sein. Da haben wir den Doppelzustand, der nicht in einer Vermischung, wohl aber in einer Verbindung besteht, in der einen Person, dem Gott und Menschen Jesus. Über ihn als den Christus zu sprechen, schiebe ich auf.6
So ist denn also jeder der beiden Substanzen ihre Eigentümlichkeit gewahrt. Der Geist verrichtet seine Werke in ihm, d. h. Kräfte und Wunder und Zeichen, und das Fleisch besteht seine Leiden: es hungert — man vergleiche den Vorfall mit dem Teufel; es dürstet, — man denke an S. 553 den Vorfall mit der Sameriterin; es beweint den Lazarus, es ist betrübt bis in den Tod; es stirbt endlich. Wäre es etwas Drittes, eine Mischung aus Beiden, wie das Elektrum, so würden nicht so bestimmte Beweise vom Dasein der beiden Substanzen an den Tag treten. Auch würde das geistige Element leibliche Handlungen und das leibliche geistige vollbringen infolge der Übertragung, oder sie würden weder geistige noch leibliche Verrichtungen vollbringen, sondern etwas ganz neues als Folge der Vermischung, oder es würde gar das Wort gestorben und der Leib nicht gestorben sein, wenn das Wort in den Leib verwandelt worden wäre, oder das Fleisch würde unsterblich und das Wort sterblich geworden sein. Da vielmehr beide Substanzen je nach ihrem Zustande immer in deutlich unterschiedener Weise handelten, deshalb wurden ihnen auch die ihnen eigentümlichen Verrichtungen und endlichen Schicksale zu Teil. Lerne also mit Nikodemus, dass das im Fleische Geborene Fleisch ist, und das im Geiste Geborene Geist. Fleisch wird weder Geist noch der Geist Fleisch; sie können sich aber ganz gut in Einem finden. Aus ihnen bestand Jesus, dem Leibe nach Mensch, dem Geiste nach Gott; seinem geistigen Teile nach kündigte ihn der Engel als „Gottes Sohn” an, für den Leib reservierte er ihm den Ausdruck „Menschensohn”. Auch der Apostel bestätigt beide Substanzen, indem er ihn Mittler zwischen Gott und den Menschen nennt.7 Zuletzt endlich gib mir an, wer denn der Menschensohn sei, wenn Du den Gottessohn für Fleisch erklärst! Oder was soll denn der Geist sein? Allein Du willst, dass wir den Vater selber für den Geist ansehen, weil Gott ein Geist ist, als wäre er nicht auch Geist und Wort Gottes, Gott und Wort Gottes.
Edition
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Adversus Praxean
CAP. 27.
[1] Et quid ego in tam manifestis morabor, cum ea aggredi debeam de quibus manifesta obumbrare quaerunt? undique enim obducti distinctione patris et filii, quam manente coniunc- tione disponimus ut solis et radii et fontis et fluvii, per individuum tamen numerum duorum et trium, aliter eam ad suam nihilominus sententiam interpretari conantur, ut aeque in una persona utrumque distinguant, patrem et filium, dicentes filium carnem esse, id est hominem id est Iesum, patrem autem spiritum, id est deum id est Christum.
[2] et qui unum eundemque contendunt patrem et filium iam incipiunt dividere illos potius quam unare. si enim alius est Iesus alius Christus, alius erit filius alius pater, quia filius Iesus et pater Christus. talem monarchiam apud Valentinum fortasse didicerunt, duos facere Iesum et Christum.
[3] sed et haec iniectio eorum ex praetractatis iam retusa est, quod sermo dei vel spiritus dei et virtus altissimi dictus sit quem patrem faciunt: non enim ipse sunt cuius dicuntur, sed ex ipso et ipsius.
[4] et aliter tamen in isto capitulo revincentur. ecce, inquiunt; ab angelo praedicatum est, Propterea quod nascetur sanctum vocabitur filius dei: caro itaque nata est, caro itaque erit filius dei. immo de spiritu dei dictum est.
[5] certe enim de spiritu sancto virgo concepit, et quod concepit id peperit. id ergo nasci habebat quod erat conceptum et pariundum, id est spiritus, cuius et vocabitur nomen Emmanuel, quod est interpretatum Nobiscum deus. caro autem deus non est ut de illa dictum sit, Vocabitur sanctum filius dei, sed ille qui in ea natus est deus, de quo et psalmus, Quoniam deus homo natus est in illa et aedificavit eam voluntate patris.
[6] quis deus in ea natus? sermo et spiritus qui cum sermone de patris voluntate natus est. igitur sermo in carne: dum et de hoc quaerendum, quomodo sermo caro sit factus, utrumne quasi transfiguratus in carne an indutus carnem. immo indutus. ceterum deum inmutabilem et informabilem credi necesse est, ut aeternum.
[7] transfiguratio autem interemptio est pristini: omne enim quodcunque transfiguratur in aliud desinit esse quod fuerat et incipit esse quod non erat. deus autem neque desinit esse neque aliud potest esse. sermo autem deus, et sermo domini manet in aevum, perseverando scilicet in sua forma. quem si non capit configurari, consequens est ut sic caro factus intellegatur dum fit in carne et manifestatur et videtur et contrectatur per carnem, quia et cetera sic accipi exigunt.
[8] si enim sermo ex transfigura- tione et demutatione substantiae caro factus est, una iam erit substantia Iesus ex duabus, ex carne et spiritu, mixtura quaedam, ut electrum ex auro et argento, et incipit nec aurum esse, id est spiritus, neque argentum, id est caro, dum alterum altero mutatur et tertium quid efficitur.
[9] neque ergo deus erit Iesus; sermo enim desiit esse, qui caro factus est: neque homo caro; caro enim non proprie est, quia sermo fuit. ita ex utroque neutrum est: aliud longe tertium est quam utrumque.
[10] sed enim invenimus illum directo et deum et hominem expositum, ipso hoc psalmo sug- gerente, Quoniam deus homo natus est in illa aedificavit eam voluntate patris : certe usquequaque filium dei et filium hominis, cum deum et hominem sine dubio secundum utramque sub- stantiam in sua proprietate distantem, quia neque sermo aliud quam deus neque caro aliud quam homo.
[11] sic et apostolus de utraque eius substantia docet: Qui factus est; inquit, ex semine David - hic erit homo et filius hominis; Qui definitus est filius dei secundum spiritum - hic erit deus, et sermo dei filius: videmus duplicem statum, non confusum sed coniunctum, in una persona deum et hominem Iesum. de Christo autem differo. et adeo salva est utriusque proprietas substantiae, ut et spiritus res suas egerit in illo, id est virtutes et opera et signa, et caro passiones suas functa sit, esuriens sub diabolo, sitiens sub Samaritide, flens Lazarum, anxia usque ad mortem, denique et mortua est.
[12] quodsi tertium quid esset ex utroque confusum, ut electrum, non tam distincta documenta parerent utriusque substantiae; sed et spiritus carnalia et caro spiritalia egisset ex translatione, aut neque carnalia neque spiritalia sed tertiae alicuius formae ex confusione:
[13] immo aut sermo mortuus esset aut caro mortua non esset, si sermo conversus esset in carnem; aut caro enim immortalis fuisset aut sermo mortalis. sed quia substantiae ambae in statu suo quaeque distincte agebant, ideo illis et operae et exitus sui occurrerunt.
[14] disce igitur cum Nicodemo quia quod in carne natum est caro est, et quod de spiritu spiritus est. neque caro spiritus fit neque spiritus caro: in uno plane esse possunt. ex his Iesus constitit, ex carne homo ex spiritu deus, quem tunc angelus ex ea parte qua spiritus erat dei filium pronuntiavit, servans carni filium hominis dici.
[15] sic et apostolus etiam dei et hominum appellans sequestrem utriusque substantiae confirmavit. novissime, qui filium dei carnem interpretaris, exhibe qui sit filius hominis: aut numquid spiritus erit? sed spiritum patrem ipsum vis haberi, quia deus spiritus : quasi non et dei spiritus, sicut et sermo deus, et dei sermo..