2.
Du wunderst dich vielleicht, daß ich mich für unfähig halte, diese Schuld zu bezahlen, da du von mir eine solche Meinung hast, obgleich du mich kennst, als wärest du meine eigene Seele. Aber gerade das ist es, was mir die Beantwortung deines Briefes erschwert. Denn ich scheue mich um deiner Bescheidenheit willen, auszusprechen, wie hoch ich dich halte; wenn ich aber andererseits zu wenig sage, nachdem du mir so großes Lob gespendet, was bleibe ich dann anders als dein Schuldner? Daraus würde ich mir nun nichts machen, wenn ich wüßte, daß deine gegen mich geäußerten Bemerkungen über mich nicht aus aufrichtigster Liebe stammten, sondern aus kriechender Schmeichelei, der Feind in der Freundschaft. In diesem Falle wäre ich nämlich nicht dein Schuldner, da ich so etwas nicht erwidern dürfte; je mehr ich aber weiß, aus wie treuem Herzen du redest, um so mehr sehe ich, wie groß meine Schuld ist.