9.
Auf sichtbare Dinge aus der Vergangenheit, die zeitlich verlaufen sind, bezieht sich der Glaube allein. Man hofft nicht auf sie, als ob man sie einstens schauen würde, sondern man glaubt, daß sie geschehen und vor sich gegangen sind. Dahin gehört, daß „Christus einmal für unsere Sünden gestorben und auferstanden ist; denn er stirbt nicht mehr, und der Tod hat keine Gewalt mehr über ihn“1. Das aber, was noch nicht geschehen ist, sondern erst noch geschehen soll, zum Beispiel unsere Auferstehung mit vergeistigtem Leibe, glaubt man so, daß man zugleich hofft, es einstens zu sehen; aber beweisen läßt sich das jetzt unmöglich. Was aber seiner Beschaffenheit nach weder der Vergangenheit noch der Zukunft angehört, sondern für ewig bleibt, das ist teils Unsichtbares wie Gerechtigkeit und Weisheit, teils Sichtbares wie der bereits unsterbliche Leib Christi. „Das Unsichtbare aber kann durch den Verstand erfaßt“2 S. 471 und infolge davon auf eine seiner Natur entsprechende Art geschaut werden und erlangt in diesem Falle höhere Gewißheit, als die sinnliche Wahrnehmung zu verleihen vermag. Unsichtbar aber heißt es deshalb, weil es mit sterblichen Augen durchaus nicht wahrgenommen werden kann. Was aber sichtbar ist und fortdauert, kann, wenn es sich zeigt, auch mit sterblichen Augen geschaut werden. So hat sich der Herr nach seiner Auferstehung seinen Jüngern und nach der Himmelfahrt dem Apostel Paulus und dem Diakon Stephanus gezeigt.