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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Vier Bücher über die christliche Lehre (BKV)
2. Buch

16. Kapitel: Wie man zum Verständnis der in vielen Stellen der Heiligen Schrift verborgenen Symbolik gelangen kann

23. Wenn etwa der Leser durch die Unkenntnis eines in der Übersetzung vorkommenden fremden Wortes (Zeichens) aufgehalten wird, so läßt sich eine solche Unkenntnis nur durch ein Vertrautsein mit der fremden Sprache oder mit dem Zusammenhang (in dem der fremde Ausdruck steht) lösen. So ist der Teich Siloa1, wo der Blindgeborne, dem der Herr den aus Speichel bereiteten Teig auf die Augen gestrichen hatte, sein Gesicht waschen sollte, gewissermaßen ein Gleichnis und deutet ohne Zweifel irgendein Geheimnis an; hätte nun der Evangelist dieses einer fremden Sprache angehörige Wort nicht übersetzt, so wäre ein bedeutungsvoller Sinn unbekannt geblieben. So bieten ohne Zweifel auch noch viele andere, von den Übersetzern jener Bücher nicht übertragene hebräische Namen eine nicht geringe Kraft und Hilfe zur Lösung der in der Heiligen Schrift liegenden Rätsel, vorausgesetzt, daß sie einer übersetzen kann. Diesen gewiß nicht gering zu veranschlagenden Dienst haben einige dieser Sprache kundige Männer den kommenden Geschlechtern erwiesen, indem sie alle diese Wörter gesondert für sich erklärten2. Sie geben die Bedeutung von Eigennamen an, wie z. B. von Adam, Eva, Abraham, Moses oder von Ortsnamen, wie z. B. von Jerusalem, Sion, Jericho, Sina, Libanon, Jordan oder was es sonst in jener Sprache noch für S. 71unbekannte Namen gibt. Durch die Erklärung und Übersetzung dieser Namen erhalten viele bildliche Ausdrücke der Schrift einen klaren Sinn.

24. Mangel an Sachkenntnis aber macht bildliche Ausdrücke dunkel, wenn wir die Natur und Beschaffenheit der Tiere, Steine, Pflanzen oder anderer Dinge nicht kennen, die so häufig gleichnisweise in der Schrift aufgeführt werden. So ist es z. B. eine bekannte Tatsache, daß die Schlange jemandem, der nach ihr schlägt, gleich ihren ganzen Leib und nicht bloß ihr Haupt entgegenwirft: Was ist doch das für ein anschauliches Bild für das, was uns der Herr befiehlt, wenn er sagt, wir sollten klug sein wie die Schlangen3? Auch wir sollen nämlich für unser Haupt, d. h. für Christus, den Verfolgern lieber den Leib anbieten, damit nicht der christliche Glaube (als das Haupt) in uns ertötet werde, wenn wir aus Schonung für den Leib Gott verleugnen. Man sagt auch, die Schlange zwinge sich in enge Höhlenritzen ein und streife so ihr altes Kleid ab und gewinne dadurch wieder neue Kraft: wie stimmt dies nicht zur Nachahmung dieser Schlangenklugheit, nämlich zum Ausziehen des alten und zum Anziehen des neuen Menschen, wie der Apostel sagt4, und zwar zum Ausziehen vermittels der Engen (der Trübsal); sagt ja doch der Herr: „Geht ein durch die enge Pforte5!“ Wie nun die Kenntnis der Schlangennatur viele Gleichnisse beleuchtet, welche die Heilige Schrift von diesem Tier zu gebrauchen pflegt, so behindert die Unwissenheit bezüglich einiger Tiere, die ebenso gleichnisweise erwähnt sind, den Forscher im höchsten Grade. Dies gilt von Steinen, von den Kräutern und von allem, was immer fest im Boden wurzelt. Kennt einer z. B. den im Dunkeln leuchtenden Karfunkel, so wird einem dort, wo dieser Stein gleichnisweise angeführt wird, auch gar manche dunkle Stelle in den Büchern (der Heiligen Schrift) klar; andrerseits bleibt gar manche Türe zum S. 72Verständnis verschlossen, weil einer nichts von einem Beryll oder einem Diamanten weiß. Daß der Ölzweig, den die Taube bei ihrer Rückkehr in die Arche trug, den ewigen Frieden bedeutet, ist nur deshalb leicht einzusehen, weil wir wissen, daß dem geschmeidigen Öl keine andere Flüssigkeit zusetzen kann und daß der Ölbaum selbst beständig belaubt ist. Da viele Leute den Hysop nicht kennen und nicht wissen, wie heilkräftig er zur Reinigung der Lunge ist, und daß er, obwohl er nur eine niedrige und unscheinbare Pflanze ist, doch imstande ist, mit seinen Wurzeln selbst den Fels zu durchdringen, so ist es ihnen durchaus unerfindlich, warum man sagen konnte: „Besprenge mich mit Hysop, und ich werde rein6!“

25. Auch die Unkenntnis der Zahlen ist schuld, daß gar manche übertragene und geheimnisvolle Ausdrücke in der Heiligen Schrift nicht verstanden werden. So muß sich z. B. schon der uns gewissermaßen angeborene Verstand doch unbedingt die Frage stellen, was es denn zu bedeuten habe, daß Moses7, Elias8 und der Herr9 selbst gerade vierzig Tage lang gefastet haben. Der durch diese Tatsache geschürzte Knoten wird nur durch die Kenntnis und die Betrachtung dieser Zahl gelöst. In der Zahl Vierzig ist nämlich viermal die Zahl Zehn enthalten und damit gewissermaßen die Kenntnis aller Dinge nach dem Verhältnis der Zeiten. Denn in der Vierzahl vollendet sich der Lauf des Tages und des Jahres; auch der Lauf eines einzelnen Tages zerfällt wieder in Morgen-, Mittag-, Abend- und Nachtstunden, der Lauf eines Jahres sodann zerfällt in Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Wintermonate. Was nun in diesen Zeiten an Ergötzlichkeiten liegt, davon sollen wir uns, solange wir noch in dieser Zeitlichkeit leben, wegen der Ewigkeit, in der wir einmal leben wollen, enthalten und fasten; denn schon durch die Flüchtigkeit S. 73der Zeit wird uns die Lehre von der Verachtung des Vergänglichen und vom Streben nach Ewigem nahegelegt. Die Zehnzahl bedeutet sodann die Kenntnis des Schöpfers und des Geschöpfes: denn die (in der Zehnzahl enthaltene) Dreizahl kommt dem Schöpfer zu, die Siebenzahl aber weist wegen des Lebens und wegen des Leibes auf das Geschöpf hin. Im Leben wirken drei Kräfte, und darum soll man auch Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus ganzem Gemüte lieben10. Im Leib aber treten die vier Elemente, aus denen er besteht, ganz deutlich hervor. Diese Zehnzahl legt uns also dadurch, daß sie uns Zeitliches einschärft, d. h. viermal vorgehalten wird, nahe, keusch und in Enthaltsamkeit von der Ergötzlichkeit der Welt zu leben, d. h. vierzig Tage zu fasten. Dazu mahnt das Gesetz, das durch Moses vertreten wird, dazu mahnt die Prophezie, deren Vertreter Elias ist, und dazu mahnt uns der Herr selbst, der gleichsam im Besitz des Zeugnisses des Gesetzes und der Propheten mitten zwischen ihnen auf dem Berge (Tabor) leuchtete, wie seine drei Jünger staunend sahen11. — Eine andere Frage ist sodann, wie denn aus der Zahl vierzig die Zahl fünfzig entsteht, die in unserer Religion wegen des Pfingstfestes nicht wenig geheiligt ist; daran reiht sich die Frage, wie denn diese Zahl fünfzig, wenn man sie wegen der drei Zeiten vor dem Gesetz, unter dem Gesetz und unter der Gnade, oder wegen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, dreimal nimmt und zumal, wenn man noch die Dreifaltigkeit selbst hinzufügt, auf das Geheimnis der ganz reinen Kirche bezogen wird und wie man so auf jene hundertdreiundfünfzig Fische kommt, welche die Apostel nach der Auferstehung des Herrn fingen, als sie ihre Netze zur Rechten auswarfen12. — So werden unter vielen solchen und ähnlichen Zahlenformen gewisse Geheimnisse in den heiligen Büchern gleichnisweise angegeben, die den Lesern verschlossen bleiben, wenn sie keine Kenntnis von den Zahlen haben.

S. 7426. Gar manches bleibt auch völlig unbekannt wegen Unkenntnis einiger musikalischer Dinge. So hat jemand z. B. aus dem Unterschied zwischen der Harfe und der Zither nicht ohne Geist mehrere Fälle klargelegt, wo die vorliegende Tatsache auch noch einen übertragenen Sinn hatte, und bezüglich der zehnsaitigen Harfe wird nicht mit Unrecht unter den Gelehrten die Frage aufgeworfen, ob gerade eine solche Anzahl von Saiten ein zwingendes Erfordernis irgendeines musikalischen Gesetzes ist oder ob vielleicht, wenn dieses nicht der Fall ist, gerade diese Zahl mit um so größerer Ehrfurcht betrachtet werden muß. (Eine solche Ehrfurcht wäre am Platz), entweder weil das Gesetz Gottes eine Zehnzahl von Geboten umfaßt, ein Umstand, der auf den Schöpfer und sein Geschöpf bezogen werden müßte, oder wegen der in der Zehnzahl selbst liegenden Bedeutung, von der wir oben schon gehandelt haben, — Auch die im Evangelium erwähnte13 Zahl der Jahre der Erbauung des Tempels, nämlich sechsundvierzig Jahre, klingt förmlich musikalisch und zwingt, wenn man sie zum Leibe des Herrn, um dessentwillen allein der Tempel überhaupt erwähnt wurde, in Beziehung bringt, manchen Irrgläubigen zu dem Bekenntnis, daß der Sohn Gottes nicht mit einem bloßen Scheinleib, sondern mit einem wirklichen, echt menschlichen Leibe bekleidet gewesen sei. — Solche musikalische Zahlen finden wir noch an sehr vielen anderen Stellen der Heiligen Schrift rühmlich erwähnt.


  1. Vgl. Joh. 9, 7; Siloe, quod interpretatur „missus“. ↩

  2. So hat z. B. Origenes ein heute verlorenes Werk über die biblischen Eigennamen geschrieben. ↩

  3. Matth. 10, 16. ↩

  4. Eph. 4, 22, 24; Kol. 3, 9 f. ↩

  5. Matth. 7, 13. ↩

  6. Ps. 50, 9. ↩

  7. Exod. 24, 18. ↩

  8. 3 Kön. 19, 8. ↩

  9. Matth. 4, 2. ↩

  10. Matth. 22, 37. ↩

  11. Ebd. 17, 3 ff. ↩

  12. Joh. 31, 6 und 11. ↩

  13. Joh. 2, 20. ↩

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