4. Kap. Die Stammeltern haben nur eine einmalige Ehe eingegangen. Weitere Analogien dafür aus der heiligen Geschichte.
Doch lassen wir nun jede Erinnerung an den Paraklet als an eine uns besonders zugehörige Autorität beiseite; schlagen wir statt dessen die gemeinschaftlichen Bücher der früheren Bibel auf! Wir beweisen daraus eben das, daß die Praxis der Monogamie weder neu noch fremd, daß sie vielmehr die alte und gerade S. 482die eigentliche Praxis der Christen sei, so daß man im Paraklet eher ihren Wiederhersteller als ihren Urheber erkennen sollte. Was das Alter betrifft, welche ältere gesetzliche Einrichtung läßt sich wohl aufweisen als der Uranfang des Menschengeschlechtes selbst? Gott erschuf für den Mann nur ein weibliches Wesen, indem er eine von dessen Rippen wegnahm, und zwar eine von mehreren. In den einleitenden Worten zu dieser Handlung sagt er: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; wir wollen ihm eine Gehilfin schaffen“1. „Gehilfinnen“ würde er gesagt haben, wenn er eine Mehrheit von Weibern für ihn bestimmt hätte. Er hat auch ein Gesetz in Betreff der Zukunft beigefügt; denn es heißt prophetisch: „Und sie werden zwei sein zu einem Fleische“2, nicht drei oder mehrere, sonst wären sie schon nicht mehr zwei, wenn mehrere. Das Gesetz hat Bestand. Und so blieb denn die Einzigkeit der Ehe erhalten bei den Stammeltern bis zum Ende, nicht aus dem Grunde, weil keine andern Weiber da waren, sondern weil keine dazu da waren, daß die Uranfänge des Menschengeschlechts durch ein doppeltes Eheband befleckt würden. Wenn Gott gewollt hätte, so hätten sie da sein können. Adam hätte sie dann natürlich aus der Zahl seiner Töchter genommen, da ja auch Eva, die er zu seiner Frau hatte, aus seinem Fleisch und Bein war, wenn das Gott wohlgefällig gewesen wäre3.
Nachdem das erste Verbrechen, der Mord, im Brudermord seinen Anfang genommen, hatte kein Verbrechen so viel Anspruch auf die zweite Stelle als die Doppelheirat. Denn es macht keinen Unterschied, ob jemand die zwei Gattinnen einzeln hat oder ob zu gleicher Zeit eine und noch eine zwei ausmachen. Die Zahl ist dieselbe, ob sie verbunden oder getrennt sind. Als indessen die Anordnung Gottes durch Lamech einmal gewalttätig verletzt worden war, blieb sie nachher bis S. 483zum Untergang jenes Geschlechtes4 in Kraft. Ein zweiter Lamech trat nicht mehr auf, nämlich einer, der mit zwei Weibern vermählt war. Was die Hl. Schrift nicht berichtet, stellt sie in Abrede. Andere Gottlosigkeiten5 riefen die Sintflut hervor; wie groß sie auch waren, sie wurden einmal6 bestraft, aber nicht siebenundsiebzigmal, wie es die Doppelehe verdiente7. Auch das wiederhergestellte zweite Menschengeschlecht nimmt von der Monogamie als Mutter seinen Ursprung. Wieder unternehmen es zwei, in einem Fleische zu wachsen und zahlreich zu werden: Noë und sein Weib sowie ihre Söhne in einmaliger Ehe. Sogar bei den Tieren selbst findet sich die Monogamie; nicht einmal die Tiere sollten aus Ehebruch geboren werden. „Von allen Tieren“, heißt es, „sollst du aus allem Fleisch je zwei mit in die Arche nehmen, auf daß sie mit dir am Leben bleiben, ein Männchen und ein Weibchen; es sollen auch von den geflügelten Tieren da sein nach ihrer Art, und von allen kriechenden Tieren nach ihrer Art; je zwei von allen sollen eingehen zu dir, ein Männchen und ein Weibchen“8. Nach demselben Grundsatz befiehlt Gott, daß je sieben Paare auserlesen werden sollen, immer ein Männchen und ein Weibchen9. Was soll ich weiter Worte verlieren? Auch dem unreinen Geflügel des Himmels war es nicht erlaubt, mit zwei Weibchen einzugehen.
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Gen. 2,18. ↩
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Ebd. 2,24. ↩
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si hoc pie fieret ist nicht zu übersetzen: „er hätte das in aller Frömmigkeit tun können“, sondern wie oben. Der Sinn ist, wenn das ohne Verletzung des göttlichen Willens, der eben die Monogamie streng wollte, hätte geschehen können. ↩
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illius gentis; gens ist mit Geschlecht zu übersetzen. Gemeint ist das menschliche Geschlecht bis zur Sintflut, bis auf Noe, unter dem die gleichgenannte reformatio stattfand. Constitit bedeutet sie blieb in Kraft, und zwar, wie T. meint, in unverletzter Kraft. ↩
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Vgl. Gen 6,2, eine Stelle, die T. auf die Engel deutete. ↩
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durch die Sintflut. ↩
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Gen. 4,24. ↩
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Ebd. 6,19 f. ↩
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Ebd. 7,2 f. ↩