25. Kapitel: Das vom Apostel Petrus eingeschärfte Gebot besteht in der Enthaltung von der Unzucht der Welt; die anderen Apostel stimmen hierin mit ihm überein
46. Unter dem Gebote, von dem an der eben angeführten Stelle die Rede ist, ist aber nicht jenes heilige S. 378Gebot zu verstehen, das den Glauben an Gott vorschreibt, obwohl ja eigentlich darin alles eingeschlossen ist, wenn wir den geforderten Glauben als einen solchen fassen, der durch die Liebe wirksam ist. Der Apostel drückt sich vielmehr ganz deutlich darüber aus, was er eigentlich unter dem heiligen Gebote verstanden wissen will, nämlich die Vorschrift, daß wir die Unlauterkeit dieser Welt preisgeben und einen keuschen Lebenswandel führen sollen. Er sagt nämlich: „Wenn nun solche, die kaum den Unlauterkeiten der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesus Christus entronnen sind, sich wieder von ihren Reizen umgarnen lassen, so sind die letzten Dinge bei ihnen ärger geworden als die ersten1 .“ Er sagt nicht: „diejenigen, die der Unkenntnis Gottes oder dem Unglauben der Welt entronnen sind“ oder etwas Ähnliches, sondern er sagt: „die den Unlauterkeiten der Welt entronnen sind“, und dazu gehört doch gewiß jegliche Unreinigkeit und Schandtat. Denn an einer früheren Stelle sprach er in bezug auf solche Leute: „Sie halten Gastmähler mit euch mit Augen voll Ehebruch und unaufhörlichen Sünden2 .“ Darum heißt er sie auch „wasserleere Brunnen3 “, und zwar Brunnen, weil sie die Erkenntnis unseres Herrn Christus erhalten haben, trockene Brunnen aber deshalb, weil sie nicht entsprechend leben. Von solchen Leuten sagt auch der Apostel Judas: „Bei eueren Liebesmahlen gereichen sie der Gemeinde zur Schande, sie prassen ohne Scham und Scheu und sind nur darauf aus, sich zu mästen; sie sind Wolken ohne Wasser4 “ usf. Was nämlich Petrus mit den Worten sagt: „Sie halten Gastmähler mit euch mit Augen voll Ehebruch“, das drückt Judas folgendermaßen aus: „Bei eueren Liebesmahlen gereichen sie der Gemeinde zur Schande.“ Solche Leute sind nämlich beim Genuß der Sakramente und bei den Liebesmahlen des Volkes mit den guten Christen vermischt. Was nun Petrus S. 379„wasserleere Brunnen“ und Judas „Wolken ohne Wasser“ nennt, eben das heißt Jakobus einen „toten Glauben5 “.
47. Aus diesem Grunde soll man die bloß vorübergehende Strafe durch Feuer solchen Leuten, die ein schändliches und ruchloses Leben führen, nicht einfach deshalb versprechen, weil sie den Weg der Gerechtigkeit erkannt haben; denn wie die auf der höchsten Wahrheit beruhende Heilige Schrift sagt, wäre es besser für sie gewesen, wenn sie diesen Weg nicht erkannt hätten6 . Sagt ja doch auch der Herr von solchen Menschen: „Es werden die letzten Dinge jenes Menschen schlimmer sein als die ersten7 “; denn da er nicht den Heiligen Geist als Bewohner seiner gereinigten Seele aufnimmt, so macht er es möglich, daß der unreine Geist in größerer Zahl wieder in seine Seele zurückkehrt. Oder sollen wir vielleicht die, von denen wir immer reden, deshalb für besser halten, weil sie bloß aus dem Grunde nicht zur Unreinheit des Ehebruchs zurück gekehrt sind, weil sie diese Unreinheit überhaupt noch nicht aufgegeben haben oder weil sie sich nach ihrer Reinigung bloß deshalb nicht wieder befleckt haben, weil sie überhaupt von einer Reinigung nichts hatten wissen wollen? Ja nicht einmal um mit erleichtertem Gewissen zur Taufe hinzutreten zu können, lassen sie sich auch nur dazu herbei, die alte Unreinheit auszuspeien, um sie dann freilich nach Hundeart wieder zu verschlingen; nein, sondern noch im heiligen Bade suchen sie verstockten Herzens hartnäckig die unverdaute Ruchlosigkeit zu behalten und verbergen sie nicht einmal durch ein, wenn auch nur verstelltes Versprechen, sondern geben sie ungeziemend durch ein freches Geständnis kund. Das Weib des Lot verließ wenigstens Sodoma und blickte erst nachher voll Verlangen nach dem zurück, was hinter ihr lag8 . So machen es diese Leute aber nicht; sie weigern sich vielmehr schlechtweg, Sodoma überhaupt zu verlassen und S. 380versuchen mit den Sünden Sodomas sogar bei Christus einzutreten. Der Apostel Paulus sagt von sich: „Ich war vordem ein Lästerer und Verfolger und Schmäher, aber ich habe Gottes Barmherzigkeit erlangt, weil ich es unwissend tat im Unglauben9 .“ Diesen Menschen aber sagt man: Wenn ihr im Besitze des Glaubens seid, dann werdet ihr Barmherzigkeit erlangen, selbst wenn ihr mit vollem Wissen schlecht lebt. Es würde zu weit, ja fast ins Ungemessene führen, wollte man alle Zeugnisse der Heiligen Schrift sammeln, aus denen erhellt, daß die Schuld derer, die wissentlich ein ganz schlecht tes und ungerechtes Leben führen, nicht bloß nicht milder beurteilt werden darf als die Schuld derer, die es unwissentlich taten, sondern daß ihre Schuld gerade deshalb noch schwerer ist. Doch mögen diese Ausführungen genügen.
