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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430) Enchiridion ad Laurentiom, seu de fide, spe et caritate Enchiridion oder Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe (BKV)
21. Kapitel: Von der verschiedenen Schwere der Sünden

80.

Dazu kommt dann noch, daß an sich große und schreckliche Sünden nur mehr für kleine oder gleich für gar keine Sünden mehr gehalten werden, wenn sie einmal zur Gewohnheit geworden sind. Und das kann soweit gehen, daß man es gar nicht mehr für notwendig hält, sie geheim zu halten, sondern sie sogar noch weitererzählen und ausbreiten zu dürfen glaubt, weil sich ja, wie geschrieben steht, „der Sünder der Lüste seines Herzens rühmt und der Übeltäter sich glücklich preist1“. Eine derartige Ruchlosigkeit wird in der Heiligen Schrift mit dem Worte „Geschrei“ bezeichnet. So heißt es beim Propheten Isaias von dem schlechten Weinberg: „Ich hoffte, daß er Recht übte, S. 468 aber er übte Unrecht; nicht Gerechtigkeit (übte er), sondern (er erhob) Geschrei2.“ In demselben Sinn heißt es in der Genesis: „Das Geschrei von Sodoma und Gomorrha ist groß geworden3,“ weil die Bewohner dieser Städte nicht nur an sich jene berüchtigten Schandtaten nicht straften, sondern sie sogar öffentlich, gleichsam wie gesetzlich erlaubte Taten, zu üben pflegten. Ebenso sind auch heutzutage gar viele, wenn auch nicht gerade derartig abscheuliche Sünden schon so sehr zur offenen Gewohnheit geworden, daß wir aus diesem Grund keinen Kleriker mehr zu degradieren und erst recht keinen Laien mehr zu exkommunizieren wagen dürfen. So mußte ich selbst vor etlichen Jahren bei der Auslegung des Galaterbriefes an der Stelle, wo der Apostel sagt: „Da muß ich allerdings besorgen, mich vergeblich um auch abgemüht zu haben4“, ausrufen: „Wehe über die Sünden der Menschen, die wir bloß mehr dann verabscheuen, wenn sie uns noch ungewohnt sind; sind aber diese Sünden, für deren Austilgung das Blut des Sohnes Gottes geflossen ist, einmal zur öffentlichen Gewohnheit geworden, so müssen wir nur zu häufig einfach ruhig zusehen und sie geschehen lassen, selbst wenn sich das Reich Gottes wegen ihrer Bosheit unbedingt vor ihnen verschließt, ja manche dadurch, daß wir sie geschehen lassen, geradezu selbst tun5!“ O Gott, möchten doch nicht alle Sünden, die wir nicht verhindern konnten, unsere eigene Tat sein! Doch es wird sich ja einst zeigen, ob mich vielleicht ein unmäßiger Schmerz etwa zu irgendeiner Übertreibung hingerissen hat.


  1. Ps. 10, 3 [Septuag. 9, 24; Vulg. 9, 24; hebr. 10, 3]. ↩

  2. Vgl. Is. 5, 7. ↩

  3. Gen. 18, 20. ↩

  4. Gal. 4, 11. ↩

  5. August., exposit. ad Galat. n. 35. Migne, Script. lat. 34. ↩

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