9.
Wenn also die Frage erhoben wird, was man denn als zur Religion gehörig eigentlich glauben muß, so handelt es sich dabei nicht darum, die Natur einer Sache in der Art zu erforschen, wie es von denen geschieht, welche die Griechen Physiker1 nennen. Auch braucht man darob nicht in Furcht zu sein, wenn vielleicht ein Christ von der Kraft und der Zahl der Elemente nichts weiß oder von der Bewegung, der Ordnung und Verfinsterung der Gestirne oder von der Gestalt des Himmelsgewölbes oder von den Klassen und der Natur der Lebewesen, der Gewächse, der Steine, der Quellen, Flüsse und Gebirge oder von der Größe der örtlichen und zeitlichen Räume oder von den Anzeichen klimatischer Vorgänge oder von all den tausenderlei Dingen, die jene Gelehrten wirklich entdeckten oder wenigstens entdeckt zu haben glauben. (Über diesen Mangel braucht man nicht in Furcht zu sein,) denn diese Weisen haben auch noch nicht alles herausgebracht und sind doch so ausgezeichnet an Geist, so unermüdlich im S. 399 Forschungseifer, so überreich versehen mit der hiezu nötigen Zeit; und während sie das eine mit der Schärfe des menschlichen Verstandes zu erforschen und das andere durch geschichtliche Untersuchung festzustellen suchen, gehört selbst von den Kenntnissen, mit deren Erfindung sie sich rühmen, weit mehr ins Reich der bloßen Annahme als des wirklichen Wissens. Für den Christen ist es genug, wenn er den Grund alles Geschaffenen, sei es im Himmel oder auf der Erde, sei es Sichtbares oder Unsichtbares, in gläubiger Gesinnung nirgends anderswo sieht als in der Güte des Schöpfers, welcher der eine und wahre Gott ist, und wenn er glaubt, daß es keine Wesenheit gibt, die er (Gott) nicht entweder selbst ist oder die nicht von ihm stammt und daß er eine Dreiheit ist, nämlich der Vater, der vom Vater gezeugte Sohn und der Heilige Geist, der von dem nämlichen Vater hervorgeht, aber ein und derselbe Geist mit dem Vater und dem Sohn ist.
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Das sind die antiken Naturphilosophen im Gegensatz zu den Mathematikern. ↩