15.
Wenn wir somit sagen, das Böse sei aus dem Guten hervorgegangen, so möge man jedoch nicht glauben, dies widerstreite dem Ausspruch des Herrn: „Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen1.“ Freilich kann man, wie die (ewige) Wahrheit sagt, keine Trauben von den Dornen pflücken2, weil eben an einem Dornstrauch keine Traube wachsen kann. Doch können gar wohl, wie wir sehen, auf gutem Erdreich sowohl Weinstöcke als auch Dornen gedeihen. Ebenso kann kein schlechter Wille wie ein schlechter Baum gute Früchte, d. h. gute Werke vollbringen. Dagegen kann gar wohl aus dem (an sich) guten Wesen des Menschen ein guter und auch ein schlechter Wille hervorgehen und es gibt durchaus keine andere Quelle, aus der uranfänglich der böse Wille entspringen könnte, als das (an sich) gute Wesen der Engel und Menschen. Das hat denn auch der Herr selbst dort, wo er von dem Baum und seinen Früchten sprach, ganz deutlich gezeigt; sagt er ja doch: „Entweder laßt den Baum gut sein und auch seine Früchte gut oder laßt den Baum schlecht sein und auch seine Früchte schlecht3!“ Damit weist er doch zu Genüge darauf hin, daß zwar an einem guten Baum keine schlechten und an einem schlechten Baum keine guten Früchte gedeihen können, daß aber dagegen aus dem Erdreich selbst, von dem er sprach, beiderlei Bäume wachsen können.