33.
Ein gerechter Fluch lastete also auf dem Menschengeschlecht und alle waren Kinder des Zornes. Von diesem Zorn steht geschrieben: „Alle unsere Tage schwinden dahin und wir vergehen in deinem Zorne; unsere Jahre sind wie Spinnengewebe zu achten1“, und auch Job sagt von ihm: „Der vom Weibe geborene Mensch lebt nur kurze Zeit und der Zorn lastet auf ihm2.“ Der Herr Jesus aber redet von diesem Zorn folgendermaßen: „Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben; wer aber nicht an den Sohn glaubt, der hat das Leben nicht, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm3.“ Jesus sagt nicht: „Der Zorn Gottes wird über ihn kommen“, sondern: „Er bleibt über ihm“; denn jeder Mensch kommt eben damit beladen schon auf die Welt. Darum sagt auch der Apostel (Paulus): „(Denn) auch wir waren von Natur aus Kinder des Zornes, wie die übrigen4.“ Weil nun die Menschen von diesem Zorn schon infolge der Erbsünde getroffen waren, die um so S. 425 schwerer und verderblicher auf ihnen lastete, je größer und zahlreicher die Sünden waren, die sie selbst noch hinzufügten, so bedurfte es eines Mittlers, d. h. eines Versöhners, um diesen Zorn durch Darbringung eines ganz einzigartigen Opfers, von dem alle Opfer des Gesetzes und der Propheten nur Schattenbilder waren, zu besänftigen. Darum sagt der Apostel: „Denn wenn wir, als wir noch seine Feinde waren, mit Gott kraft des Todes seines Sohnes versöhnt wurden, so werden wir um so mehr jetzt, da wir nun durch sein Blut versöhnt worden sind, durch ihn vom Zorne gerettet werden5.“ Wenn es aber (an diesen Stellen) heißt, Gott sei zornig, so ist damit keine solche Aufregung gemeint, wie sie im Herzen eines zürnenden Menschen vorhanden ist; vielmehr ist das Wort nur von menschlichen Gemütsbewegungen übertragen und seiner (Gottes) rächenden Strafe, die immer nur eine gerechte ist, ist der Name Zorn beigelegt. Daß wir also durch den Mittler mit Gott versöhnt werden und den Heiligen Geist empfangen, so daß wir aus Feinden (Gottes) seine Kinder werden ― „denn alle, die vom Geiste Gottes getrieben werden, sind Kinder Gottes6“ ―, das ist die Gnade Gottes durch Jesus Christus, unsern Herrn.