Edition
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De catechizandis rudibus
CAPUT IX. Grammatici et oratores quomodo tractandi. Vox ad aures Dei, animi affectus.
[Col. 0320]
13. Sunt item quidam de scholis usitatissimis grammaticorum oratorumque venientes, quos neque inter idiotas numerare audeas, neque inter illos doctissimos, quorum mens magnarum rerum est exercitata quaestionibus. His ergo qui loquendi arte caeteris hominibus excellere videntur, cum veniunt ut christiani fiant, hoc amplius quam illis illitteratis impertire debemus, quod sedulo monendi sunt ut humilitate induti christiana, discant non contemnere quos cognoverint morum vitia quam verborum amplius devitare; et cordi casto linguam exercitatam nec conferre audeant, quam etiam praeferre consueverant. Maxime autem isti docendi sunt Scripturas audire divinas, ne sordeat eis solidum eloquium, quia non est inflatum; neque arbitrentur carnalibus integumentis involuta atque operta dicta vel facta hominum, quae in illis libris leguntur, non evolvenda atque aperienda ut intelligantur, sed sic accipienda ut litterae sonant; deque ipsa utilitate secreti, unde etiam mysteria vocantur, quid valeant aenigmatum latebrae ad amorem veritatis acuendum, decutiendumque fastidii torporem, ipsa experientia probandum est talibus, cum aliquid eis quod in promptu positum non ita movebat, enodatione allegoriae alicujus eruitur. His enim maxime utile est nosse, ita esse praeponendas verbis sententias, ut praeponitur animus corpori. Ex quo fit ut ita malle debeant veriores quam disertiores audire sermones, sicut malle debent prudentiores, quam formosiores habere amicos. Noverint etiam non esse vocem ad aures Dei, nisi animi affectum: ita enim non irridebunt, si aliquos antistites et ministros Ecclesiae forte animadverterint, vel cum barbarismis et soloecismis Deum invocare, vel eadem verba quae pronuntiant non intelligere, perturbateque distinguere. Non quia ista minime corrigenda sunt, ut populus ad id quod plane intelligit, dicat Amen; sed tamen pie toleranda sunt ab eis qui didicerint, ut sono in foro, sic voto in Ecclesia benedici. Itaque forensis illa nonnunquam forte bona dictio, nunquam tamen benedictio dici potest. De Sacramento autem quod accepturi sunt, sufficit prudentioribus audire quid res illa significet: cum tardioribus autem aliquanto pluribus verbis et similitudinibus agendum est, ne contemnant quod vident.
Traduction
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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
9. Kapitel
13. Desgleichen kommen auch etliche Leute aus den weitverbreiteten Grammatiker- und Rhetorenschulen zu uns, die man weder zu den »Ungebildeten« rechnen darf noch zum Kreis jener Hochgebildeten, deren Geist an der Behandlung grundlegender Fragen geschult ist. Wenn nun diese Leute, die sich nach allgemeiner Auffassung vor den übrigen Menschen durch ihre Redekunst auszeichnen, zu uns kommen, um Christen zu werden, müssen wir sie eindringlicher als jene Ungebildeten dazu ermahnen, das Gewand der christlichen Demut anzuziehen und zu lernen, nicht auf jene herabzuschauen, die sie den Charakterfehlern entschlossener aus dem Weg gehen sehen als Grammatikfehlern, und den Mut zu haben, eine geübte Zunge, die sie bisher höher zu schätzen pflegten als ein reines Herz, nicht einmal mehr für gleichwertig zu halten. Vor allem aber müssen wir diese Leute anleiten, auf die Heiligen Schriften hinzuhören, damit sie ihren Widerwillen gegen deren nüchtern-klare Ausdrucksweise, die keinen rhetorischen Prunk entfaltet, ablegen, und damit sie einsehen, daß die mit fleischlichen Hüllen umwickelten und zugedeckten Worte und Taten der Menschen, von denen wir in jenen Büchern lesen, nicht wörtlich aufzufassen sind, daß wir sie vielmehr aufwickeln und aufdecken müssen, um sie in ihrer Tiefe zu verstehen. Was nun im besonderen den Nutzen des »verborgenen Sinns« angeht – der Begriff mysteria bezeichnet das gleiche –, so können wir solchen Leuten am besten anhand eines praktischen Beispiels demonstrieren, welche Bedeutung das Dunkel der Rätselsprache hat, wenn es S. 35 gilt, die Liebe zur Wahrheit anzufachen, Überdruß und Lethargie zu beseitigen: Indem wir ihnen durch das Enthüllen einer Allegorie allmählich die Augen öffnen für ein Thema, das sie vorher, solange es offen dargereicht wurde, kaum berührte.
Für diese Leute ist es nämlich besonders wichtig zu wissen, daß der Wortsinn höher zu werten ist als der Wortkörper, genauso wie die Seele höher zu werten ist als der Körper. Daraus ergibt sich, daß für sie beim Zuhören der Wahrheitsgehalt eines Vortrags wichtiger werden muß als dessen geschliffener Stil, genauso wie bei der Wahl von Freunden mehr auf Klugheit als auf Schönheit zu schauen ist. Sie sollten auch wissen, daß die Hingabe des Herzens die einzige Stimme ist, die zu Gottes Ohr gelangt. So werden sie auch nicht mehr spotten, wenn sie bemerken, wie gewisse Bischöfe und Kleriker1 Gott in einer Sprache voller Barbarismen und Grammatikfehler anrufen, oder Wörter, die sie in den Mund nehmen, mißverstehen und ganz falsch aussprechen. Damit will ich keineswegs sagen, Fehler dieser Art müßten überhaupt nicht korrigiert werden – das Volk soll ja sein »Amen« zu etwas sagen können, was es völlig versteht –, doch sollten Leute mit dem schuldigen Respekt darüber hinwegsehen, die gelernt haben, daß bene-dicere auf dem Forum etwas gut Vorgetragenes meint, in der Kirche aber ein Gebet. Dementsprechend kann man die Rede auf dem Forum bisweilen vielleicht als gute Rede (bona dictio), niemals aber als Gebet (benedictio) bezeichnen.2
Bei der Besprechung der Aufnahmeriten, die in der Folge am Kandidaten vollzogen werden, kann man sich bei verständigeren Leuten darauf beschränken, den Sinn dieser Zeremonie kurz zu erläutern; bei Leuten mit geringerer Auffassungsgabe S. 36 muß man etwas weiter ausholen und auch Bilder verwenden, damit sie das, was sie sehen, nicht zu gering schätzen.
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Minister hat hier nicht die spezielle Bedeutung von Diakon, sondern meint ganz allgemein die Kleriker, die zusammen mit den Bischöfen lehren und sprechen, und dabei Grammatikfehler (Soloecismen) und Sprachfehler (Barbarismen) begehen. ↩
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Das Wortspiel bona dictio und benedictio ist nicht übersetzbar. ↩