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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De catechizandis rudibus

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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)

22. Kapitel: Von den sechs Weltzeitaltern, die ihre Vollendung fanden in Christus; vom ewigen Königtum Christi und von seinem gottmenschlichen Erlösungswerk

39. So waren also fünf Zeitalter vollendet: das erste beginnt mit der Erschaffung des Menschengeschlechtes, d.h. mit Adam, dem erstgeschaffenen Menschen, und reicht bis Noe, der in der Sintflut seine Arche baute; das zweite währte von da bis Abraham, welcher der Vater all jener Völker genannt wurde, die ihn in seinem Glauben nachahmten; der fleischlichen Abstammung nach war er der Vater des künftigen Volkes der Juden, das noch bevor die Völker den christlichen Glauben annahmen, allein auf dem ganzen Erdkreis den wahren Gott verehrte und aus dem Christus, der Erlöser, dem Fleische nach hervorgehen sollte. Diese beiden Zeitabschnitte sind ganz klar schon in den Büchern des Alten Testamentes umrissen. Über die drei letzten Abschnitte aber erklärt sich auch das Evangelium1 dort, S. 291wo es von der leiblichen Abstammung des Herrn Jesus Christus berichtet. Das dritte Zeitalter reicht nämlich von Abraham bis zum König David, das vierte von David bis zu der bekannten Überführung des Volkes Gottes nach Babylon, das fünfte schließlich reicht von jener Überführung bis zur Ankunft unseres Herrn Jesus Christus, seit dessen Ankunft wir nun das sechste Zeitalter haben. In diesem soll die Gnade des [Heiligen] Geistes, die bis dahin nur den wenigen Patriarchen und Propheten bekannt war, allen Völkern offenbar werden; ein jeder soll nunmehr den Dienst Gottes durchaus uneigennützig leisten, nicht wegen zeitlicher Belohnung oder wegen der Glückseligkeit dieser Welt, sondern einzig und allein im Verlangen nach dem ewigen Leben, wo Gott selbst unser Lohn sein soll. Und so soll in diesen sechs Zeitaltern der Menschengeist nach dem Bilde Gottes wieder hergestellt werden, geradeso wie am sechsten Tage der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde. Damit erst vollzieht sich auch die vollkommene Gesetzeserfüllung2 , indem das ganze Gesetz nicht aus Begierde nach zeitlichen Dingen, sondern nur aus Liebe zum Gesetzgeber erfüllt wird. Wer aber wollte nicht dem gerechtesten und erbarmungsreichsten Gott seine herzliche Gegenliebe schenken, der die Menschen bei all ihrer Ungerechtigkeit und ihrem Hochmut zuerst so geliebt hat3 , daß er ihretwillen seinen eingebornen Sohn sandte4 , durch den er alles gemacht hat5 , der nicht durch Veränderung seines eigenen Wesens, sondern durch Annahme der menschlichen Natur Mensch geworden ist, und zwar nicht bloß um unter den Menschen zu leben, sondern auch um für sie und durch sie sterben zu können.

40. So hat also Christus die Offenbarung vom Neuen Bunde der ewigen Erbschaft gebracht, worin der Mensch durch die Gnade Gottes wiederhergestellt wird und ein S. 292neues Leben, d.h. ein Leben des Gesetzes führen soll6 ; damit hat er aber auch gezeigt, daß der Alte Bund, in dem das fleischlich gesinnte Volk mit Ausnahme von einigen wenigen klarschauenden Patriarchen und Propheten und von einigen verborgenen Heiligen als der alte Mensch in fleischlichen Gelüsten dahinlebte, auch nur zeitlichen Lohn von dem Herrn verlangte und auch als Vorbilder der geistigen Güter empfing, nur eben der Anfang war. Darum hat auch Christus der Herr, als er Mensch wurde, alle irdischen Güter verachtet, um so ihre Verächtlichkeit zu zeigen, und hat alle irdischen Leiden ertragen und sie zu tragen geboten: wir sollen eben nicht in den irdischen Gütern das Glück suchen und die Leiden als ein Unglück fürchten. Durch seine Geburt von einer Mutter, die zwar ohne Berührung eines Mannes empfing7 und alle Zeit unberührt blieb — Jungfrau bei der Empfängnis, Jungfrau bei der Geburt, Jungfrau bis zum Tode —, die aber doch mit einem bloßen Zimmermann verlobt war, hat er allen Stolz auf den Adel fleischlicher Abstammung zunichte gemacht. Dadurch ferner, daß er auch noch in Bethlehem geboren wurde, das unter allen Städten von Judäa so klein war8 , daß es noch heute nur als Flecken bezeichnet wird, wollte er lehren, wie sich niemand mit der Größe seiner Vaterstadt brüsten solle. Arm wurde er, dem alles als Eigentum gehört9 und durch den alles erschaffen worden ist10 , auch deshalb, damit es keiner, der an ihn glauben will, wage, sich wegen irdischen Reichtums stolz zu erheben. Die ganze Schöpfung bezeugt zwar sein ewiges Königtum: aber dennoch wollte er nicht von den Menschen zum König gemacht werden, weil er jenen Armen, die der Hochmut von ihm getrennt hatte, den Weg der Demut weisen wollte. Er, der alle speist, hungerte; der dürstete, von dem jeder Trank geschaffen wird und der geistigerweise das Brot der Hungernden S. 293und die Quelle der Dürstenden ist11 ; der ermüdete vom irdischen Wandern, der sich selbst uns zum Himmelsweg gemacht hat12 “; der ward gleichsam stumm und taub vor denen, die ihn lästerten13 , der dem Stummen die Sprache und dem Tauben das Gehör schenkte; der die Fesseln der Krankheiten löste, ließ sich fesseln; der die Geißeln aller Schmerzen von dem Leib der Menschen hinwegnahm, ließ sich geißeln; ans Kreuz geschlagen wurde der, der all unserm Kreuz ein Ende macht; und gestorben ist der, welcher die Toten erweckt. Aber er ist auch wieder auferstanden, um nie mehr zu sterben, damit man wohl von ihm den Tod verachten lerne, aber nicht so, als ob man danach nicht mehr leben werde.


  1. Matth. 1,17. ↩

  2. Vgl. Röm. 13,10. ↩

  3. 1 Joh. 4,19. ↩

  4. Ebd. 4,9ff.; vgl. Joh. 3,16. ↩

  5. Joh. 1.3; Hebr. 1,2. ↩

  6. Vgl. Röm. 6,4. ↩

  7. Vgl. Matth. 1,18. ↩

  8. Vgl. Mich. 5,2. ↩

  9. Vgl. 2 Kor. 8,9. ↩

  10. Kol. 1,16. ↩

  11. Vgl. Joh. 6,51; 4,10ff. ↩

  12. Vgl. ebd. 14,6. ↩

  13. Vgl. Is. 53,7. ↩

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De catechizandis rudibus

CAPUT XXII. Aetates mundi sex.

39. Sexta aetas ex adventu Christi. Christus Novum Testamentum sempiternae haereditatis manifestans, terrena contemnere exemplo docet. Nativitas ejus, vita et mors.]: Peractis ergo quinque aetatibus saeculi, quarum prima est ab initio generis humani, id est, ab Adam, qui primus homo factus est, usque ad Noe, qui fecit arcam in diluvio1; inde secunda est usque ad Abraham, qui pater dictus est omnium quidem gentium2, quae fidem ipsius imitarentur; sed tamen ex propagine carnis suae futuri populi Judaeorum: qui ante fidem christianam gentium, unus inter omnes omnium terrarum populus unum verum Deum coluit, ex quo populo salvator Christus secundum carnem veniret. Isti enim articuli duarum aetatum eminent in veteribus Libris: reliquarum autem trium in Evangelio etiam declarantur, cum carnalis origo Domini Jesu Christi commemoratur3. Nam tertia est ab Abraham usque ad David regem: quarta a David usque ad illam captivitatem qua populus Dei in Babyloniam transmigravit: quinta ab illa transmigratione usque ad adventum Domini nostri Jesu Christi; ex cujus adventu sexta aetas agitur: ut jam spiritualis gratia, quae paucis tunc Patriarchis et Prophetis nota erat, manifestaretur omnibus gentibus: ne quisquam Deum nisi gratis coleret, non visibilia praemia servitutis suae et praesentis vitae felicitatem, sed solam vitam aeternam, in qua ipso Deo frueretur, ab illo desiderans; ut hac sexta aetate mens humana renovetur ad imaginem Dei, sicut sexta die homo factus est ad imaginem Dei4. Tunc enim et lex impletur, dum non cupiditate rerum temporalium, [Col. 0339] sed charitate illius qui praecepit, fiunt quaecumque praecepit. Quis autem non redamare affectet justissimum et misericordissimum Deum, qui prior sic amavit injustissimos et superbissimos homines, ut propter eos mitteret unicum Filium, per quem fecit omnia; qui non sui mutatione, sed hominis assumptione homo factus, non solum cum eis vivere, sed etiam pro eis et ab eis posset occidi?

40. Itaque novum testamentum haereditatis sempiternae manifestans, in quo renovatus homo per gratiam Dei ageret novam vitam, hoc est vitam spiritualem; ut vetus ostenderet primum, in quo carnalis populus agens veterem hominem, exceptis paucis intelligentibus Patriarchis et Prophetis et nonnullis latentibus sanctis, carnaliter vivens carnalia praemia desiderabat a Domino Deo, et in figura spiritualium bonorum accipiebat: omnia ergo bona terrena contempsit homo factus Dominus Christus, ut contemnenda monstraret; et omnia terrena sustinuit mala, quae sustinenda praecipiebat: ut neque in illis quaereretur felicitas, neque in istis infelicitas timeretur. Natus enim de matre quae quamvis a viro intacta conceperit, semperque intacta permanserit, virgo concipiens, virgo pariens, virgo moriens, tamen fabro desponsata erat, omnem typhum carnalis nobilitatis exstinxit. Natus etiam in civitate Bethlehem, quae inter omnes Judaeae civitates ita erat exigua, ut hodieque villa appelletur, noluit quemquam de cujusquam terrenae civitatis sublimitate gloriari. Pauper etiam factus est, cujus sunt omnia, et per quem creata sunt omnia; ne quisquam cum in eum crederet, de terrenis divitiis auderet extolli. Noluit rex ab hominibus fieri; quia humilitatis ostendebat viam miseris, quos ab eo superbia separaverat: quamvis sempiternum ejus regnum universa creatura testetur. Esurivit, qui omnes pascit; sitivit, per quem creatur omnis potus, et qui spiritualiter panis est esurientium fonsque sitientium: ab itinere terrestri fatigatus est, qui se ipsum nobis viam fecit in coelum: velut obmutuit et obsurduit coram conviciantibus, per quem mutus locutus est et surdus audivit: vinctus est, qui de infirmitatum vinculis solvit: flagellatus est, qui omnium dolorum flagella de hominum corporibus expulit: crucifixus est, qui cruciatus nostros finivit: mortuus est, qui mortuos suscitavit. Sed et resurrexit nunquam moriturus, ne ab illo quisquam sic disceret mortem contemnere, quasi nunquam victurus.


  1. Gen. VI. ↩

  2. Id. XVII, 4. ↩

  3. Matth. I, 17. ↩

  4. Gen. I, 27.  ↩

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