Edition
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De Pudicitia
XV.
[1] Si etiam sequentia illius epistolae ad intentationem apostoli extendas, nec ipsa comparabuntur ad obliterationem incesti, ne et hic suffundatur apostolus posteriorum incongruentia sensuum. [2] Quale est enim, ut cum maxime incesto fornicatori postliminium largitus ecclesiasticae pacis statim ingesserit de auersatione immunditiarum, de amputatione macularum, de exhortatione sanctimoniarum, quasi nihil contrarium paulo ante decreuerit? [3] Compara denique, an eius sit dicere : Propterea habentes ministrationem istam, secundum quod misericordiam consecuti sumus, non deficimus, sed abdicamus occulta dedecoris, qui non dedecoris tantum, sed et sceleris manifestum dedamnauerit. [4] An eiusdem sit excusare aliquam impudicitiam qui inter titulos laborum suorum post angustias atque pressuras, post ieiunia et uigilias castimoniam quoque praedicarit. [5] An eiusdem sit recipere in communicationem reprobos quosque qui scribat: Quae enim societas iustitiae et iniquitati? Quae autem communicatio luci et tenebris? Quae consonantia Christo et Belial? Aut quae pars fideli cum infideli? Aut quis consensus templo Dei et idolis? [6] Nonne constanter audire debebit, et quomodo discernis quae supra incesti restitutione iunxisti? Illo enim concorporato rursus ecclesiae et iustitia cum iniquitate sociatur et tenebrae cum luce communicant et Belial consonat Christo et infidelis cum fideli sacramenta participat. [7] Et uiderint idola, ipse templi Dei uitiator in templum Dei conuenit. Nam et hic, uos enim, inquit, estis templum Dei uiui. Dicit enim, quia inhabitabo in uobis, et inambulabo, et ero Deus illorum, et illi erunt mihi populus. Propter quod discedite de medio eorum, separamini et immundum ne attigeritis. [8] Hoc quoque euoluis, o apostole, ut cum maxime ipse tanto immunditiarum gurgiti manum tradis, immo et adhuc superdicis : Habentes igitur promissionem istam, dilecti, emundemus nos ab omni inquinamento carnis et spiritus perficientes castimoniam in Dei timore. [9] Oro te, qui talia infigit mentibus nostris, reuocauerat aliquem fornicatorem in ecclesiam? An ideo scribit, ne tibi nunc reuocasse uideatur?
Haec sicuti et praeteritis praescribere, ita et sequentibus praeiudicare debebunt. [10] In finem enim epistolae dicens, ne rursus cum uenero, humiliet me Deus, et lugeam multos eorum qui ante deliquerunt et paenitentiam non egerunt super immunditia quam admiserunt, fornicatione et uilitate, non utique recipiendos constituit, si paenitentiam inissent, quos in ecclesia inuenturus erat, sed lugendos et sine dubio eiciendos, ut paenitentiam perderent. [11] Et ceterum non competit eum de communicatione aliquid hic ostendisse, qui eam supra luci et tenebris, iustitiae et iniquitati negarat. Sed ignorant apostolum omnes isti, qui aliquid contra naturam atque propositum hominis ipsius, contra formam et regulam doctrinarum eius intellegunt, ut sanctitatis omnis etiam ex semetipso magistrum, impuritatis omnis exsecratorem et expiatorem et ubique talem citius incesto quam alicui humaniori reo ecclesiam reddidisse praesumant.
Übersetzung
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Über die Ehrbarkeit (BKV)
15. Kap. Fortsetzung. Die sonstigen Äußerungen des Apostels in demselben Briefe über die Unzucht lassen es nicht als denkbar erscheinen, daß er den Blutschänder wieder aufgenommen habe.
Wenn du auch das, was in dem angeführten Briefe weiter folgt, auf die Androhung durch den Apostel ausdehnst, so darf auch dieses keineswegs für die Tilgung der Blutschande in Anspruch genommen werden, damit dem Apostel nicht die Schmach angetan werde, als stimmten seine späteren Gesinnungen mit den früheren nicht überein. Was würde es heißen, wenn er, nachdem er soeben dem blutschänderischen Hurer S. 434 die Rückkehr in den Kirchenfrieden verliehen hat, sofort scharfe Warnungen hinsichtlich der Verabscheuung der Unzucht, der Beseitigung der Makeln und eindringliche Ermahnungen zur Heiligkeit anreiht, gerade so, als ob er nicht kurz vorher etwas dekretiert hätte, was dem widerspräche? Vergleiche z. B., ob der imstande ist, zu sagen: „Darum, da wir dieses Amt erhalten haben gemäß der Erbarmung, die wir erlangten, lassen wir nicht ab, sondern richten unsere Absage gegen alle heimliche Schlechtigkeit”1, der nicht etwa eine Schlechtigkeit, sondern ein offenbares Verbrechen verziehen2 hat? Ob der irgendeine Unkeuschheit noch entschuldigen kann, der bei Aufzählung seiner Arbeiten nach den Bedrängnissen und Nöten, nach den Fasten und Nachtwachen auch die Keuschheit hervorgehoben hat?3 Ob ferner der jeden beliebigen Verworfenen in die Gemeinschaft wieder aufgenommen haben kann, der da schreibt: „Was haben Gerechtigkeit und Gottlosigkeit miteinander zu tun, welche Gemeinschaft besteht zwischen Licht und Finsternis, welche Übereinstimmung zwischen Christus und Belial? Welchen Anteil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen, welche Übereinstimmung der Tempel Gottes mit den Idolen?”4 Würde man ihm nicht frischweg zur Antwort geben müssen: Wie kannst du voneinander scheiden, was du vorhin durch Wiederaufnahme des Blutschänders miteinander verbunden hast? Wenn dieser der Kirche wiederum einverleibt ist, dann befindet sich die Gerechtigkeit in der Gesellschaft der Gottlosigkeit, das Licht steht mit der Finsternis in Gemeinschaft, Belial harmoniert mit Christus, und der Gläubige hat mit dem Ungläubigen Anteil an S. 435 den Sakramenten. Und was die Idole angeht, siehe da: der Besudler des Tempels Gottes kommt ja sogar in den Tempel. Denn er sagt an dieser Stelle auch: „Ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, denn es heißt: Ich werde unter ihnen wohnen und wandeln und werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Deswegen weichet aus ihrer Mitte, sondert euch ab und rühret Unreines nicht an”5. Auch dieses6, lieber Apostel, legst du vor, und das tust du gerade dann, wo du einem Ausbund von Unzucht die Hand reichst! Ja du fügst noch den Ausspruch hinzu: „Im Besitz also dieser Verheißung, Geliebte, wollen wir uns reinigen von jeder Befleckung des Geistes und Leibes, vollendend die Keuschheit in der Furcht Gottes”7. Ich bitte dich, wer unserem Geiste solche Grundsätze einprägt, hatte der wohl einen Hurer in die Kirche zurückgerufen? Oder schreibt er es nicht vielmehr deshalb, um jetzt8 bei dir den Schein fernzuhalten, als hätte er einen solchen zurückgerufen?
Diese Stellen müssen sowohl in Bezug auf das Vorangegangene als Prozeßeinreden dienen, als auch für das Folgende zum voraus die Norm feststellen. Wenn er also gegen Ende des Briefes sagt: „Damit mich Gott, wenn ich abermals komme, nicht demütige und ich nicht viele von denen zu beklagen habe, die vorher gesündigt und keine Buße getan haben für die Unzucht, Hurerei und Geilheit, die sie getrieben haben”9, so hat er damit keinesfalls festgesetzt, daß solche Menschen, die er noch in der Kirche finden sollte10, wiederaufgenommen S. 436 werden sollten, für den Fall, daß sie Buße täten, sondern sie sollten beweint und ohne Zaudern ausgestoßen werden, um von ihrer Buße keinen Nutzen zu haben. Im übrigen aber geht es nicht an, daß er hier über die Erteilung der Gemeinschaft Anweisungen gegeben habe, er, der vorher die Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis, Gerechtigkeit und Gottlosigkeit in Abrede gestellt hatte. Aber die kennen den Apostel nicht, welche eines seiner Worte im Widerspruch zum Charakter und zur Denkart dieses Mannes selbst, sowie gegen die ständige Norm und Regel seiner Lehren deuten und glauben, er, der jegliche Heiligkeit auch durch sein eigenes Leben lehrte, der alle Unreinheit verfluchte und ausfegte und sich immer in dieser Weise zeigte, habe dem Blutschänder und nicht vielmehr einem ändern, der einer geringeren Sünde schuldig war, die Kirchengemeinschaft wieder erteilt.
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2 Kor. 4, 1 f. ↩
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Gangneius überlieferte manifestando damnaverat, was unmöglich ist, Gelenius und die anderen Ausgahen lesen manifestum dedamnaverit. Rauschen hebt hervor, daß dedamnare in der ganzen Latinität niemals vorkommt, und setzt richtig statt „dedamnarerit” „donaverit” und liest „manifesta donaverit”. Vielleicht liest man richtiger: non dedecoris tantum, sed et sceleris manifestum quid donaverit. ↩
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2 Kor. 6, 6. ↩
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Ebd. 6, 14 ff. ↩
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2 Kor. 6. 16 ff. ↩
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hoc evolvis, gemeint ist mit hoc jene vom Apostel aus den zitierten Stellen Lev. 26, 11 f. und Is. 52, 11 gezogene Folgerung. ↩
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2 Kor. 7, 1. ↩
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Die überlieferte Lesart „nunc” in „hunc” zu ändern, ist nicht angängig. Der Sinn spricht vielmehr für „nunc”. Der so schrieb, hatte sicher nicht kurz vorher einen Unzüchtigen wieder aufgenommen (revocaverat), und er schrieb so, daß auch später keiner, also auch jetzt nicht der Gegner T.'s auf den Gedanken kommen solle, er habe so etwas getan. ↩
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2 Kor. 12, 21. ↩
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d. h. der Apostel ist (nach T.'s Exegese) betrübt, daß er eventuell solche Menschen noch in der Kirche dulden muß, daß sie nicht längst ohne jedes Schwanken ausgeschlossen worden sind. ↩