Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput VIII: Ob quam causam cultores Iani bifrontem imaginem ipsius finxerint, quam tamen etiam quadrifrontem uideri uolunt.
Sed iam bifrontis simulacri interpretatio proferatur. duas eum facies ante et retro habere dicunt, quod hiatus noster, cum os aperimus, mundo similis uideatur; unde et palatum Graeci οὐρανός appellant, et nonnulli, inquit, poetae Latini caelum uocauerunt palatum, a quo hiatu oris et foras esse aditum ad dentes uersus et introrsus ad fauces. ecce quo perductus est mundus propter palati nostri uocabulum uel Graecum uel poeticum. quid autem hoc ad animam, quid ad uitam aeternam? propter solas saliuas colatur hic deus, quibus partim glutiendis partim spuendis sub caelo palati utraque panditur ianua. quid est porro absurdius, quam in ipso mundo non inuenire duas ianuas ex aduerso sitas, per quas uel admittat ad se aliquid intro uel emittat a se foras, et de nostro ore et gutture, quorum similitudinem mundus non habet, uelle mundi simulacrum conponere in Iano propter solum palatum, cuius similitudinem Ianus non habet? cum uero eum faciunt quadrifrontem et Ianum geminum appellant, ad quattuor mundi partes hoc interpretantur, quasi aliquid spectet mundus foras sicut per omnes facies Ianus. deinde si Ianus est mundus et mundus quattuor partibus constat, falsum est simulacrum Iani bifrontis; aut si propterea uerum est, quia etiam nomine orientis et occidentis totus solet mundus intellegi, numquid, cum duas partes alias nominamus Septentrionis et Austri, sicut illum quadrifrontem dicunt geminum Ianum, ita quisquam geminum dicturus est mundum? non habent omnino unde quattuor ianuas, quae intrantibus et exeuntibus pateant, interpretentur ad mundi similitudinem, sicut de bifronti quod dicerent saltem in ore hominis inuenerunt, nisi Neptunus forte subueniat et porrigat piscem, cui praeter hiatum oris et gutturis etiam dextra et sinistra fauces patent. et tamen hanc uanitatem per tot ianuas nulla effugit anima, nisi quae audit ueritatem dicentem: ego sum ianua.
Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
8. Warum hat man den Janus doppelstirnig und selbst vierstirnig dargestellt?
Doch es möge nunmehr die Auslegung des doppelstirnigen Bildnisses angeführt werden, Janus habe deshalb zwei Gesichter, sagt man, eines nach vorne und eines nach rückwärts, weil unsere Mundhöhle, wenn wir den Mund öffnen, der Welt ähnlich sehe; das ist auch der Grund, weshalb die Griechen den Gaumen οὐρανός nennen, und manche lateinische Dichter, sagt Varro, haben das Himmelsgewölbe palatum genannt; von der Mundhöhle aus sei ein Zugang nach außen in der Richtung auf die Zähne wie auch nach innen in der Richtung auf den Schlund. Ei ei, dahin ist man mit der Welt gekommen im Anschluß an die Bedeutung, die das Wort palatum im Griechischen und bei den Dichtern hat! Aber was hat das mit der Seele, was mit dem ewigen Leben zu schaffen? Man verehre diesen Gott allein wegen des Speichels, für den die Doppelpforte unter dem Gaumenhimmel offen steht, teils um ihn zu Band 1, S. 346verschlucken, teils um ihn auszuspucken. Und wie ungereimt: man findet an der Welt selbst nirgends zwei einander gegenüberliegende Türen, durch die sie etwas zu sich einläßt und von sich gibt, und will nun, ausgehend von Mund und Kehle des Menschen, womit die Welt keine Ähnlichkeit hat, ein Bild der Welt darstellen an Janus nur wegen des Gaumens, mit dem Janus keine Ähnlichkeit hat? Wenn sie ihn aber vierstirnig darstellen und Doppeljanus nennen, so deuten sie das aus auf die vier Weltgegenden, als ob die Welt nach etwas außer ihr blickte, wie Janus mit allen vier Gesichtern. Sodann, wenn Janus die Welt ist und die Welt aus vier Weltgegenden besteht, so ist das Bildnis des doppelstirnigen Janus unrichtig; oder wenn es richtig ist insofern, als man gewöhnlich unter Morgenland und Abendland die ganze Welt versteht, muß man nun auch von einer Doppelwelt sprechen, da wir die beiden andern Weltgegenden Nord und Süd nennen und man den vierstirnigen Janus als Doppeljanus bezeichnet? Und wenn sie für den doppelstirnigen Janus wenigstens noch im Munde des Menschen einen Anhaltspunkt für ihre Ausdeutung gefunden haben, so wird es ihnen doch ganz unmöglich, die vier Türen, die für Eintritt und Austritt offen stehen sollen, auf eine Ähnlichkeit mit der Welt auszudeuten, es müßte nur eben Neptun zu Hilfe kommen und den Fisch darbieten, der außer der Mund- und Schlundöffnung auch noch rechts und links klaffende Kiemen hat. Und durch all die vielen Türen entkommt gleichwohl keine Seele diesen Wahngebilden, außer sie hört auf die Wahrheit, die da spricht: „Ich bin die Türe“1.
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Joh. 10, 9. ↩