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De civitate Dei (CCSL)
Caput VI: De Platonicorum sensu in ea parte philosophiae, quae physica nominatur.
Viderunt ergo isti philosophi, quos ceteris non inmerito fama atque gloria praelatos uidemus, nullum corpus esse deum, et ideo cuncta corpora transcenderunt quaerentes deum. uiderunt, quidquid mutabile est, non esse summum deum, et ideo animam omnem mutabilesque omnes spiritus transcenderunt quaerentes summum deum. deinde uiderunt omnem speciem in re quacumque mutabili, qua est, quidquid illud est, quoquo modo et qualiscumque natura est, non esse posse nisi ab illo, qui uere est, quia incommutabiliter est. ac per hoc siue uniuersi mundi corpus figuras qualitates ordinatumque motum et elementa disposita a caelo usque ad terram et quaecumque corpora in eis sunt, siue omnem uitam, uel quae nutrit et continet, qualis est in arboribus, uel quae et hoc habet et sentit, qualis est in pecoribus, uel quae et haec habet et intellegit, qualis est in hominibus, uel quae nutritorio subsidio non indiget, sed tantum continet sentit intellegit, qualis est in angelis, nisi ab illo esse non posse, qui simpliciter est; quia non aliud illi est esse, aliud uiuere, quasi possit esse non uiuens; nec aliud illi est uiuere, aliud intellegere, quasi possit uiuere non intellegens; nec aliud illi est intellegere, aliud beatum esse, quasi possit intellegere non beatus; sed quod illi est uiuere, intellegere, beatum esse, hoc est illi esse. propter hanc incommutabilitatem et simplicitatem intellexerunt eum et omnia ista fecisse, et ipsum a nullo fieri potuisse. considerauerunt enim, quidquid est, uel corpus esse uel uitam, meliusque aliquid uitam esse quam corpus, speciemque corporis esse sensibilem, intellegibilem uitae. proinde intellegibilem speciem sensibili praetulerunt. sensibilia dicimus, quae uisu tactuque corporis sentiri queunt; intellegibilia, quae conspectu mentis intellegi. nulla est enim pulchritudo corporalis siue in statu corporis, sicut est figura, siue in motu, sicut est cantilena, de qua non animus iudicet. quod profecto non posset, nisi melior in illo esset haec species, sine tumore molis, sine strepitu uocis, sine spatio uel loci uel temporis. sed ibi quoque nisi mutabilis esset, non alius alio melius de specie sensibili iudicaret; melius ingeniosior quam tardior, melius peritior quam inperitior, melius exercitatior quam minus exercitatus, et idem ipse unus, cum proficit, melius utique postea quam prius. quod autem recipit magis et minus, sine dubitatione mutabile est. unde ingeniosi et docti et in his exercitati homines facile collegerunt non esse in eis rebus primam speciem, ubi mutabilis esse conuincitur. cum igitur in eorum conspectu et corpus et animus magis minusque speciosa essent, si autem omni specie carere possent, omnino nulla essent: uiderunt esse aliquid ubi prima esset incommutabilis et ideo nec conparabilis; atque ibi esse rerum principium rectissime crediderunt, quod factum non esset et ex quo facta cuncta essent. ita quod notum est dei, manifestauit eis ipse, cum ab eis inuisibilia eius per ea, quae facta sunt, intellecta conspecta sunt: sempiterna quoque uirtus eius et diuinitas; a quo etiam uisibilia et temporalia cuncta creata sunt. haec de illa parte, quam physicam, id est naturalem, nuncupant, dicta sint.
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
6. Die Anschauungen der Platoniker auf dem Gebiet der Physik.
Diese Philosophen, die Platoniker nämlich, die man nicht mit Unrecht mehr als die übrigen rühmt, erkannten also klar, daß Gott kein Körper sei, und deshalb gingen sie über alles Körperhafte hinaus bei ihrem Suchen nach Gott. Sie erkannten ferner, daß alles, was nur immer veränderlich ist, nicht der höchste Gott sei, und deshalb gingen sie bei dem Suchen nach dem höchsten Gott über jegliche Seele und über alle veränderlichen Geister hinaus. Sie erkannten auch, daß jede Form bei jeglichem veränderlichen Ding, durch die das Ding das ist, was es ist, mag es sich auch verhalten wie immer und ein Wesen sein von welcher Art immer, nur von dem das Sein haben könne, der wahrhaft ist, weil sein Sein unveränderlich ist, und daß demnach der Körper der gesamten Welt, ihre Gestalten, ihre Eigenschaften, ihre geordnete Bewegung, die Elemente der Welt in ihrer Verteilung vom Himmel bis zur Erde herab und alle Körper in den Elementen, ebenso auch alle Arten von Leben, sowohl jenes Leben, das vegetiert und sich erhält, wie es sich in den Pflanzen findet, als auch jenes, das über diese Stufe hinaus auch noch Sinne hat, wie es sich in den Tieren findet, sowie jenes, das über diese beiden Stufen hinaus auch noch Erkenntnisfähigkeit besitzt, wie es sich im Menschen findet, und endlich auch das Leben, das keiner Nahrungsmittel bedarf, sondern lediglich sich erhält, Sinne hat und Erkenntnis besitzt, wie es sich bei Band 1, S. 398den Engeln findet, daß also all dies nur von dem stammen könne, dessen Sein einfach ist; in dem Sinne, daß für ihn das Sein nicht etwas anderes ist als das Leben, als könnte er existieren, ohne zu leben; das Leben nicht etwas anderes als das Erkennen, als könnte er leben, ohne zu erkennen; das Erkennen nicht etwas anderes als glückselig sein, als könnte er erkennen, ohne glückselig zu sein; sondern so, daß für ihn leben, erkennen, glückselig sein und existieren ein und dasselbe ist. Im Hinblick auf diese Unwandelbarkeit und Einfachheit erkannten die Platoniker, daß Gott all das erschaffen habe und daß er selbst von niemand habe erschaffen werden können. Sie erwogen nämlich, daß alles, was existiert, entweder ein Körper ist oder ein Leben und daß das Leben etwas Vorzüglicheres ist als der Körper und daß die Wesensform des Körpers die sinnliche, die des Lebens die intellegible ist. Die intellegible Wesensform stellten sie nun über die sinnliche. Als sinnlich bezeichnen wir das, was durch körperliches Sehen oder Berühren wahrgenommen werden kann; als intellegibel das, was durch geistiges Schauen erkannt zu werden vermag. Denn es gibt keine Art körperlicher Schönheit — sei es ein Zustand wie die Gestalt oder eine Bewegung wie der Gesang —, über die nicht der Geist urteilte. Das könnte er natürlich nicht, wenn sich nicht in ihm diese Form in vollkommenerer Art vorfände, nämlich ohne den Ballast der Massigkeit, ohne vernehmbaren Laut, ohne räumliche und zeitliche Ausdehnung, Wäre jedoch diese Form im Geiste nicht ebenfalls dem Wechsel unterworfen, so würde nicht der eine richtiger über die sinnliche Form urteilen als ein anderer; der Begabte richtiger als der Unbegabte, der Gebildete richtiger als der Ungebildete, der Geübte richtiger als der Ungeübte, und selbst auch ein und dasselbe Subjekt, wenn es voranschreitet, später doch wohl richtiger als vordem. Was aber ein Mehr oder ein Weniger in sich aufnimmt, ist ohne Zweifel wandelbar. Daraus, nun haben begabte, gelehrte und in solchen Untersuchungen geübte Leute ohne Mühe den Schluß gezogen, daß die Urform da nicht zu suchen sei, wo die Form offenkundig wandelbar ist. Da sich also ihrer Anschauung die Sache so darstellte, daß sowohl Band 1, S. 399das Körperhafte wie auch der Geist mehr oder minder formbegabt sei, daß dagegen beides, wenn es aller Form entbehren könnte, überhaupt nicht existierte, so erkannten sie klar, daß es etwas gebe, worin sich die unwandelbare und darum einzigartige Urform finde; und ganz richtig glaubten sie, dort sei der Urgrund der Dinge zu suchen, der nicht geworden sei und aus dem alles geworden sei. So hat ihnen Gott1 das, was kennbar ist von ihm, geoffenbart, indem sie das Unsichtbare an ihm durch das, was geworden ist, erkannten und erschauten, auch seine ewige Kraft und Gottheit; von ihm ist alles Sichtbare und Zeitliche erschaffen. Soviel über den Teil der Philosophie, den man Physik das heißt Naturphilosophie nennt.
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Vgl. Röm. 1, 19 f. ↩