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De civitate Dei (CCSL)
Caput I: De una bonorum angelorum malorumque natura.
Antequam de institutione hominis dicam, ubi duarum ciuitatum, quantum ad rationalium mortalium genus adtinet, apparebit exortus, sicut superiore libro apparuisse in angelis iam uidetur: prius mihi quaedam de ipsis angelis uideo esse dicenda, quibus demonstretur, quantum a nobis potest, quam non inconueniens neque incongrua dicatur esse hominibus angelisque societas, ut non quattuor - duae scilicet angelorum totidemque hominum - , sed duae potius ciuitates, hoc est societates, merito esse dicantur, una in bonis, altera in malis non solum angelis, uerum etiam hominibus constitutae. angelorum bonorum et malorum inter se contrarios adpetitus non naturis principiisque diuersis, cum deus omnium substantiarum bonus auctor et conditor utrosque creauerit, sed uoluntatibus et cupiditatibus extitisse dubitare fas non est, dum alii constanter in communi omnibus bono, quod ipse illis deus est, atque in eius aeternitate ueritate caritate persistunt; alii sua potestate potius delectati, uelut bonum suum sibi ipsi essent, a superiore communi omnium beatifico bono ad propria defluxerunt et habentes elationis fastum pro excelsissima aeternitate, uanitatis astutiam pro certissima ueritate, studia partium pro indiuidua caritate superbi fallaces inuidi effecti sunt. beatitudinis igitur illorum causa est adhaerere deo; quocirca istorum miseriae causa ex contrario est intellegenda, quod est non adhaerere deo. quamobrem si cum quaeritur, quare illi beati sint, recte respondetur: quia deo adhaerent; et cum quaeritur, cur isti sint miseri, recte respondetur: quia non adhaerent deo: non est creaturae rationalis uel intellectualis bonum, quo beata sit, nisi deus. ita quamuis non omnis beata possit esse creatura - neque enim hoc munus adipiscuntur aut capiunt ferae ligna saxa et si quid huiusmodi est - , ea tamen, quae potest, non ex se ipsa potest, quia ex nihilo creata est, sed ex illo, a quo creata est. hoc enim adepto beata, quo amisso misera est. ille uero qui non alio, sed se ipso bono beatus est, ideo miser non potest esse, quia non se potest amittere. dicimus itaque incommutabile bonum non esse nisi unum uerum beatum deum; ea uero, quae fecit, bona quidem esse, quod ab illo, uerumtamen mutabilia, quod non de illo, sed de nihilo facta sunt. quamquam ergo summa non sint, quibus est deus maius bonum: magna sunt tamen ea mutabilia bona, quae adhaerere possunt, ut beata sint, inmutabili bono, quod usque adeo bonum eorum est, ut sine illo misera esse necesse sit. nec ideo cetera in hac creaturae uniuersitate meliora sunt, quia misera esse non possunt; neque enim cetera membra corporis nostri ideo dicendum est oculis esse meliora, quia caeca esse non possunt. sicut autem melior est natura sentiens et cum dolet quam lapis qui dolere nullo modo potest, ita rationalis natura praestantior etiam misera, quam illa quae rationis uel sensus est expers, et ideo in eam non cadit miseria. quod cum ita sit, huic naturae, quae in tanta excellentia creata est, ut, licet sit ipsa mutabilis, inhaerendo tamen incommutabili bono, id est summo deo, beatitudinem consequatur, nec expleat indigentiam suam nisi utique beata sit eique explendae non sufficiat nisi deus, profecto non illi adhaerere uitium est. omne autem uitium naturae nocet ac per hoc contra naturam est. ab illa igitur, quae adhaeret deo, non natura differt ista, sed uitio; quo tamen etiam uitio ualde magna multumque laudabilis ostenditur ipsa natura. cuius enim recte uituperatur uitium, procul dubio natura laudatur. nam recta uitii uituperatio est, quod illo dehonestatur natura laudabilis. sicut ergo cum uitium oculorum dicitur caecitas, id ostenditur, quod ad naturam oculorum pertinet uisus; et cum uitium aurium dicitur surditas, ad earum naturam pertinere demonstratur auditus: ita, cum uitium creaturae angelicae dicitur, quo non adhaeret deo, hinc apertissime declaratur, eius naturae ut deo adhaereat conuenire. quam porro magna sit laus adhaerere deo, ut ei uiuat, inde sapiat, illo gaudeat tantoque bono sine morte sine errore sine molestia perfruatur, quis digne cogitare possit aut eloqui? quapropter etiam uitio malorum angelorum, quo non adhaerent deo, quoniam omne uitium naturae nocet, satis manifestatur deum tam bonam eorum creasse naturam, cui noxium sit non esse cum deo.
Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
1. Die guten und die bösen Engel haben die gleiche Natur.
Band 16, S. 643 Ich sollte nun von der Erschaffung des Menschen handeln und den Ursprung der beiden Staaten innerhalb des Geschlechtes der vernunftbegabten sterblichen Wesen darlegen, wie er im vorigen Buch innerhalb der Engel weit bereits vor Augen gestellt wurde; aber zunächst habe ich noch über die Engel einiges zu besprechen, um zu erweisen, so gut es geht, daß man mit vollem Recht von einer Gemeinschaft zwischen Engeln und Menschen spricht und demnach nicht von vier Staaten die Rede sein kann1, sondern nur von zwei Staaten, d. i. Genossenschaften, einer der guten Engel und Menschen und einer der bösen Engel und Menschen.
Der Gegensatz in den Bestrebungen der guten und der bösen Engel beruht — daran ist nicht zu zweifeln — nicht auf einer Verschiedenheit der Natur und der Uranfänge, da ja die einen wie die andern von Gott Band 16, S. 644erschaffen sind, dem guten Urheber und Schöpfer aller Wesen. Dieser Gegensatz ging vielmehr hervor aus verschiedener Richtung des Willens und des Begehrens: die einen verharren unverbrüchlich in dem allen gemeinsamen Gut, das für sie Gott selbst ist, und in seiner Ewigkeit, Wahrheit und Liebe, die anderen dagegen haben sich, in ihrer Eigengewalt schwelgend, gleich als wären sie sich selbst ihr Gut, von dem höheren, allen gemeinsamen, beseligenden Gut ab- und dem eigenen Ich zugewandt und sind, indem sie dünkelhafte Selbstüberhebung für die erhabenste Ewigkeit, schlauen Trug für die sicherste Wahrheit und Sonderbestrebungen für ungeteilte Liebe hinnahmen, hochmütig, trügerisch und neidisch geworden. Die Glückseligkeit der einen also gründet in der Hingabe an Gott; und so ergibt sich für die anderen als Ursache der Unseligkeit das Gegenteil, die Abkehr von Gott. Mit Recht also nennt man die einen glückselig, weil sie Gott anhängen, die andern unselig, weil sie ihm nicht anhängen. Demnach ist Gott das einzige beseligende Gut für das mit Verstand und Vernunft begabte Geschöpf. Also jegliches Geschöpf, das der Glückseligkeit fähig ist (nicht alle sind es; die Tier-, Pflanzen-, Gesteinswelt und anderes dergleichen ist ausgeschlossen von dieser Gabe und Befähigung), gewinnt sie nicht aus sich selbst, weil es ja aus nichts erschaffen ist, sondern aus dem, von dem es erschaffen ist. Es ist glückselig durch den Besitz dessen, dessen Verlust es unselig macht. Unfähig aber der Unseligkeit ist der, der seine Seligkeit nicht aus einem andern Gut, sondern aus dem Gut, das er selbst ist, gewinnt; denn seiner selbst kann er nicht verlustig gehen.
Darum sagen wir, daß es kein unwandelbares Gut gibt außer der einen wahren, glückseligen Gottheit, daß dagegen Gottes Geschöpfe zwar gut sind, weil sie von ihm erschaffen sind, jedoch wandelbar, weil sie nicht aus ihm, sondern aus nichts erschaffen sind. Das höchste Gut ist also Gott, aber hohe Gutwesen sind auch jene wandelbaren Gutwesen, die imstande sind, zu ihrer Glückseligkeit dem unwandelbaren Gut anzuhängen, das so sehr für sie das Gut ist, daß sie ohne es nur unselig sein können. Wenn die übrigen Wesen in der Band 16, S. 645Gesamtheit der Schöpfung nicht unselig sein können, so macht sie das nicht vorzüglicher als jene. Man könnte gerade so gut sagen, an unserm Leibe hätten vor den Augen die übrigen Glieder etwas voraus, weil sie nicht blind sein können. So gut das fühlende Wesen, auch wenn es Schmerz erduldet, über dem Steine steht, der dem Schmerz unzugänglich ist, so steht das vernunftbegabte Wesen auch in Unseligkeit über dem vernunftlosen und dem gefühllosen und deshalb der Unseligkeit unfähigen Wesen. Unter diesen Umständen ist es für eine Natur von solcher Vorzüglichkeit, daß sie trotz ihrer Wandelbarkeit durch Hingabe an das unwandelbare Gut, an den höchsten Gott, Glückseligkeit erlangt und ihr Sehnen nur durch Glückseligkeit stillen kann und zu dessen Stillung auf Gott allein angewiesen ist, für eine solche Natur, sage ich, bedeutet es ein Verderben, wenn sie Gott nicht anhängt2. Jedes Verderben aber tut der Natur Eintrag und ist demnach wider die Natur. Von dem gottergebenen Wesen unterscheidet sich also das gottentfremdete nicht der Natur nach, sondern durch Verderbtheit, ja die Natur erweist sich selbst in der Verderbtheit als großartig und ruhmwürdig. Denn wenn ich an jemand ein Verderben beanstande, und mit Recht beanstande, so ist das ohne Zweifel ein Ruhmeszeugnis für dessen Natur. Darin liegt ja die Berechtigung zum Tadel, daß das Verderben eine tadellose Natur verunziert. Wie sich also in der Bezeichnung der Blindheit als eines Gebrechens der Augen zeigt, daß das Sehen zur Natur der Augen gehöre, und mit der Bezeichnung der Taubheit als eines Gebrechens der Ohren deutlich gesagt ist, daß das Hören zur Natur der Ohren gehöre, so auch beim Engelsgeschöpf: indem man es als ein Gebrechen an ihm bezeichnet, wofern es Gott nicht anhängt, läßt man keinen Zweifel darüber, daß es seiner Natur zukomme, Gott anzuhängen. Welcher Ruhm es nun aber für sie sei, Gott anzuhängen, um ihm zu leben, aus ihm weise, in ihm selig zu sein, und ein so erhabenes Gut unter Ausschluß von Tod, Irrtum und Mühsal zu genießen, das läßt sich weder ausdenken noch mit Band 16, S. 646Worten schildern. Und so offenbart sich auch an dem Verderben oder Gebrechen der bösen Engel, dem zufolge sie Gott nicht anhängen, in aller Deutlichkeit, da jegliches Gebrechen der Natur schadet, daß Gott ihre Natur, die nur zu ihrem Schaden sich ihm entfremden kann, durchaus gut erschaffen habe.