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De civitate Dei (CCSL)
Caput III: Peccati causam ex anima, non ex carne prodisse, et corruptionem ex peccato contractam non peccatum esse, sed poenam.
Quodsi quisquam dicit carnem causam esse in malis moribus quorumcumque uitiorum, eo quod anima carne adfecta sic uiuit, profecto non uniuersam hominis naturam diligenter aduertit. nam corpus quidem corruptibile adgrauat animam. unde etiam idem apostolus agens de hoc corruptibili corpore, de quo paulo ante dixerat: etsi exterior homo noster corrumpitur: scimus, inquit, quia, si terrena nostra domus habitationis resoluatur, aedificationem habemus ex deo, domum non manu factam aeternam in caelis. etenim in hoc ingemescimus, habitaculum nostrum quod de caelo est superindui cupientes; si tamen et induti, non nudi inueniamur. etenim qui sumus in hac habitatione, ingemescimus grauati, in quo nolumus exspoliari, sed superuestiri, ut absorbeatur mortale a uita. et adgrauamur ergo corruptibili corpore, et ipsius adgrauationis causam non naturam substantiamque corporis, sed eius corruptionem scientes nolumus corpore spoliari, sed eius inmortalitate uestiri. et tunc enim erit, sed quia corruptibile non erit, non grauabit. adgrauat ergo nunc animam corpus corruptibile, et deprimit terrena inhabitatio sensum multa cogitantem. uerumtamen qui omnia mala animae ex corpore putant accidisse, in errore sunt. quamuis enim Vergilius Platonicam uideatur luculentis uersibus explicare sententiam dicens: igneus est illis uigor et caelestis origo seminibus, quantum non noxia corpora tardant terrenique hebetant artus moribundaque membra, omnesque illas notissimas quattuor animi perturbationes, cupiditatem timorem, laetitiam tristitiam, quasi origines omnium peccatorum atque uitiorum uolens intellegi ex corpore accidere subiungat et dicat: hinc metuunt cupiunt que, dolent gaudent que, nec auras suspiciunt, clausae tenebris et carcere caeco: tamen aliter se habet fides nostra. nam corruptio corporis, quae adgrauat animam, non peccati primi est causa, sed poena; nec caro corruptibilis animam peccatricem, sed anima peccatrix fecit esse corruptibilem carnem. ex qua corruptione carnis licet existant quaedam incitamenta uitiorum et ipsa desideria uitiosa, non tamen omnia uitae iniquae uitia tribuenda sunt carni, ne ab his omnibus purgemus diabolum, qui non habet carnem. etsi enim diabolus fornicator uel ebriosus uel si quid huiusmodi mali est, quod ad carnis pertinet uoluptates, non potest dici, cum sit etiam talium peccatorum suasor et instigator occultus, est tamen maxime superbus atque inuidus. quae illum uitiositas sic obtinuit, ut propter hanc esset in carceribus caliginosi huius aeris aeterno supplicio destinatus. haec autem uitia, quae tenent in diabolo principatum, carni tribuit apostolus, quam certum est diabolum non habere. dicit enim inimicitias, contentiones, aemulationes, animositates, inuidias opera esse carnis; quorum omnium malorum caput atque origo superbia est, quae sine carne regnat in diabolo. quis autem illo est inimicior sanctis? quis aduersus eos contentiosior, animosior et magis aemulus atque inuidus inuenitur? at haec omnia cum habeat sine carne, quomodo sunt ista opera carnis, nisi quia opera sunt hominis, quem, sicut dixi, nomine carnis appellat? non enim habendo carnem, quam non habet diabolus, sed uiuendo secundum se ipsum, hoc est secundum hominem, factus est homo similis diabolo; quia et ille secundum se ipsum uiuere uoluit, quando in ueritate non stetit, ut non de dei, sed de suo mendacium loqueretur, qui non solum mendax, uerum etiam mendacii pater est. primus est quippe mentitus, et a quo peccatum, ab illo coepit esse mendacium.
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
3. Die Ursache der Sünde ging aus der Seele hervor, nicht aus dem Fleische; und die durch die Sünde eingetretene Vergänglichkeit ist nicht Sünde, sondern Strafe.
Band 16, S. 744Stellt man das Fleisch als die Ursache aller sittlichen Gebrechen hin mit Berufung darauf, daß eben nur die vom Fleische beeinflußte Seele ein solches Leben führt, so heißt dies doch, die Gesamtnatur des Menschen außer Auge lassen. Freilich „beschwert der vergängliche Leib die Seele“1. Und deshalb äußert sich auch der Apostel, wo er von diesem vergänglichen Leibe handelt, über den er die Worte vorausschickt2: „Wenn auch unser äußerer Mensch der Vergänglichkeit unterworfen ist“, wie folgt3: „Wir wissen, daß wir, wenn dieses unser irdisches Wohnhaus aufgelöst wird, ein Gebäude von Gott empfangen, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, ein ewiges im Himmel. Wir seufzen ja danach, voll Verlangen, mit unserer himmlischen Wohnung überkleidet zu werden; wenn wir freilich auch bekleidet, nicht nackt erfunden werden. Denn die wir in dieser irdischen Wohnung sind, seufzen beschwert, und wollen darin nicht entkleidet, sondern überkleidet werden, damit das Sterbliche vom Leben verschlungen werde“. Wir fühlen uns also einerseits beschwert durch den vergänglichen Leib, wollen aber andrerseits dieses Leibes nicht entkleidet, sondern mit seiner Unsterblichkeit bekleidet werden, wohl wissend, daß nicht Natur und Wesen des Leibes, sondern seine Vergänglichkeit die Ursache der Beschwernis ist. Denn er wird auch im Jenseits vorhanden sein, aber er wird nicht beschwerlich fallen, weil er nicht mehr vergänglich ist. Also zurzeit beschwert der vergängliche Leib die Seele, und die irdische Einwohnung drückt nieder den Geist, den vieles erwägenden“. Allein wer alle Übel der Seele dem Leib auf Rechnung schreibt, ist im Irrtum.
Platos Anschauung allerdings legt Vergil4 in prächtigen Versen dar mit den Worten: Band 16, S. 745
„All diese Samen des Lebens
Sind voll feuriger Kraft, vom Himmel gekommen, soweit nicht
Lästiger Körper Schwere sie drückt, nicht irdische Hülle
Sterblicher Glieder sie hemmt“;
und um zu verstehen zu geben, daß all die vier wohlbekannten Gemütserregungen5: Begierde, Furcht, Lust, Traurigkeit, als die Wurzeln aller Sünden und Laster vom Leibe herkommen, fügt er bei:
„Dies die Quelle der Furcht und Begier, des Schmerzes, der Freude;
Eingeschlossen in Nacht und finsteren Kerker, erhebt sich
Nicht mehr zum Himmel der Blick.“
Aber unser Glaube lehrt anders. Nach ihm ist die Vergänglichkeit des Leibes, die die Seele beschwert, nicht die Ursache der ersten Sünde, sondern Strafe für sie, und nicht das vergängliche Fleisch hat die Seele zum Sündigen gebracht, sondern die sündigende Seele hat das Fleisch vergänglich gemacht. Wenn nun auch aus diesem Verderbnis des Fleisches mancher Anreiz zur Sünde und selbst auch sündhafte Begierden entspringen, so darf man doch nicht alle Laster eines verkehrten Lebens dem Fleische zuschreiben; sonst würden wir den Teufel, der kein Fleisch hat, in diesen Dingen völlig entlasten. Freilich kann man den Teufel nicht einen Hurer nennen oder einen Trunkenbold oder sonst etwas Schlimmes, was mit der Fleischeslust zusammenhängt, obwohl er auch zu solchen Sünden insgeheim überredet und anstachelt, aber er ist im höchsten Grade hochmütig und neidisch. Und so sehr hat diese Schlechtigkeit von ihm Besitz ergriffen, daß er um ihretwillen in den Kerkern dieser dunklen Luft zu ewiger Pein bestimmt ward6. Jene Laster aber, die im Teufel die Oberhand haben, weist der Apostel dem Fleische zu, obwohl der Teufel sicher kein Fleisch hat. Er bezeichnet nämlich Feindschaft, Streit, Eifersucht, Heftigkeit, Band 16, S. 746Neid als Werke des Fleisches, und Haupt und Ursprung all dieser Übel ist der Hochmut, der ohne Fleisch im Teufel seine Herrschaft übt. Wer ist feindseliger gesinnt als er wider die Heiligen? Wer gegen sie streitsüchtiger, heftiger, eifersüchtiger, neidischer? Und da er alle diese Leidenschaften hat, ohne Fleisch zu haben, so können sie Werke des Fleisches nur deshalb sein, weil sie Werke des Menschen sind, den der Apostel, wie gesagt, mit dem Fleische meint. Denn nicht dadurch ist der Mensch dem Teufel ähnlich geworden, daß er ein Fleisch hat, das der Teufel gar nicht hat, sondern dadurch, daß er nach sich selber, nach dem Menschen also, lebt; auch der Teufel nämlich wollte nach sich selbst leben, als er in der Wahrheit nicht standhielt7 und infolgedessen aus seinem Eigentum, nicht aus dem, was Gottes ist, Lüge redete, nicht nur ein Lügner, sondern selbst der Vater der Lüge. Er zuerst hat gelogen, und wie die Sünde, so hat auch die Lüge von ihm ihren Ausgang genommen.