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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
4. Des irdisch gesinnten Staates (Im ganzen Kapitel ist nicht vom politischen Staat an sich die Rede, sondern von Strebungen der „Erdenbündler“, wie Scholz einmal die Gesamtheit der irdisch gesinnten Menschen nennt. Nur soweit es sich um Staaten handelt, in denen die Erdenbündler den Ausschlag geben, also nur unter ganz bestimmter Voraussetzung, nicht als solcher ist der politische Staat mitverstanden.) Kampf und Friede.
Der irdisch gesinnte Staat, der nicht von ewiger Dauer sein wird1, hat hienieden sein Gut und freut sich der Teilnahme daran mit einer Freude, wie man sie eben an solchen Dingen haben kann. Und da dieses Gut nicht von der Art ist, daß es seinen Liebhabern keine Beengungen verursachte, so ist dieser Staat zumeist wider sich selbst geteilt durch Streit, Krieg und Kampf und durch das Verlangen nach verderbenbringenden oder doch vergänglichen Siegen. Denn so oft er sich in einem Teil von sich wider einen andern Teil von sich im Krieg erhebt, sucht er Besieger von Völkern zu sein, obwohl Sklave von Lastern; und wenn er sich als Sieger hochmütig übernimmt, so ist der Sieg auch verderbenbringend; wenn er dagegen in Erwägung der Lage und der Wechselfälle, wie sie sich immer wieder begeben, eher sich beunruhigt über das Unheil, das eintreten kann, als sich aufbläht über den Erfolg des Augenblickes, so ist ein solcher Sieg nur Band 16, S. 808vergänglich. Denn nicht ewig wird die Herrschaft dauern über die durch Sieg Unterworfenen. Unrichtig wäre es indes, den Dingen, wonach dieser Staat verlangt, die Eigenschaft von Gütern abzusprechen, wenn nur er selbst, soweit er das Menschengeschlecht umfaßt2, nicht zu schlecht ist. Er verlangt nämlich nach einer Art irdischen Friedens im Bereich selbst der niedrigsten Dinge; nur zum Frieden will er gelangen, wenn er Krieg führt3; und Friede eben wird sein, wenn er gesiegt und allen Widerstand beseitigt hat, während solchen die Parteien nicht hatten, die einander widerstrebten und aus unseliger Dürftigkeit sich um Dinge stritten, die ihnen zumal nicht eigen sein konnten. Diesen Frieden erstreben mühevolle Kriege, ihn erringt der vermeintlich glorreiche Sieg. Wofern nur indes die den Sieg davontragen, denen für den Kampf der gerechtere Grund zur Seite stand, so ist ein solcher Sieg gewiß begrüßenswert und erwünschter Friede ist sein Erfolg. Das sind Güter, sind ohne Zweifel Gaben von Gott. Wenn man jedoch unter Hintansetzung der besseren Güter, die dem oberen Staat angehören, wo der Sieg durch ewigen und tiefsten Frieden gesichert sein wird, nach derlei Gütern verlangt, in einer Weise, daß man sie für die einzigen hält oder doch mehr liebt, als die, die man für besser hält, dann wird Elend die unausbleibliche Folge sein und das schon vorhandene sich verschärfen.
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wenn er seine endgültige Strafe und Verdammnis erfahren hat, wird er kein Staat mehr sein ↩
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Zum Weltstaat gehört auch die gefallene Engelwelt, die nicht besser oder sohlechter sein kann, sondern unverbesserlich schlecht ist. Zur Auslegung der Stelle vgl. Fr. Bliemetzrieder in der Theol. Quartalschrift [Tübingen], 95 [1913], 114-119. ↩
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Vgl. unten XIX, 12. ↩
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De civitate Dei (CCSL)
Caput IV: De terrenae ciuitatis uel concertatione uel pace.
Terrena porro ciuitas, quae sempiterna non erit - neque enim, cum extremo supplicio damnata fuerit, iam ciuitas erit - , hic habet bonum suum, cuius societate laetatur, qualis esse de talibus laetitia rebus potest. et quoniam non est tale bonum, ut nullas angustias faciat amatoribus suis, ideo ciuitas ista aduersus se ipsam plerumque diuiditur litigando, bellando atque pugnando et aut mortiferas aut certe mortales uictorias requirendo. nam ex quacumque sui parte aduersus alteram sui partem bellando surrexerit, quaerit esse uictrix gentium, cum sit captiua uitiorum; et siquidem, cum uicerit, superbius extollitur, etiam mortifera; si uero condicionem cogitans casusque communes magis quae accidere possunt aduersis angitur, quam eis quae prouenerunt secundis rebus inflatur, tantummodo mortalis est ista uictoria. neque enim semper dominari poterit permanendo eis, quos potuerit subiugare uincendo. non autem recte dicitur ea bona non esse, quae concupiscit haec ciuitas, quando est et ipsa in suo humano genere melior. concupiscit enim terrenam quandam pro rebus infimis pacem; ad eam namque desiderat peruenire bellando; quoniam si uicerit et qui resistat non fuerit, pax erit, quam non habebant partes inuicem aduersantes et pro his rebus, quas simul habere non poterant, infelici egestate certantes. hanc pacem requirunt laboriosa bella, hanc adipiscitur quae putatur gloriosa uictoria. quando autem uincunt qui causa iustiore pugnabant, quis dubitet gratulandam esse uictoriam et prouenisse optabilem pacem? haec bona sunt et sine dubio dei dona sunt. sed si neglectis melioribus, quae ad supernam pertinent ciuitatem, ubi erit uictoria in aeterna et summa pace secura, bona ista sic concupiscuntur, ut uel sola esse credantur uel his, quae meliora creduntur, amplius diligantur: necesse est miseria consequatur et quae inerat augeatur.