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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430) Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
21. Buch

16. Die Gesetze der Gnade für die einzelnen Altersstufen der Wiedergeborenen.

Aber wie groß ist Gottes Erbarmen über die Geräte des Erbarmens, die er zur Herrlichkeit voraus zubereitet hat!1Selbst auch die erste Altersstufe des Menschen, die Kindheit, die ohne jeden Widerstand dem Fleisch ergeben ist, und die zweite, die frühe Jugend, wo die Vernunft diesen Kampf noch nicht aufgenommen hat und fast allen fehlerhaften Neigungen preisgegeben ist, weil in diesem Alter, trotzdem man da bereits sprechen [fari]kann und demnach die infantia offenbar schon überschritten hat, der Geist noch zu schwach ist, das Band 28, S. 1346Gebot zu erfassen, ich sage, selbst diese Altersstufen, auch wenn man auf ihnen bereits das Leben beendigt, werden durch Gottes Erbarmen, falls sie die Sakramente des Mittlers empfangen haben, nicht nur den ewigen Strafen nicht zugeführt, sondern haben nach dem Tode nicht einmal irgendwelche läuternde Peinen zu erdulden; denn sie sind nun aus der Macht der Finsternis in das Reich Christi versetzt. Die geistige Wiedergeburt allein reicht hin, nach dem Tode die Schuld unschädlich zu machen, welche man sich nebst dem Tode durch die leibliche Geburt zugezogen hat. Sowie man aber die Altersstufe erreicht, die das Gebot erfaßt und sich dem Geheiß des Gesetzes unterwerfen kann, ist der Kampf mit den Leidenschaften aufzunehmen und herzhaft zu führen, damit diese Zeit nicht zu Sünden verleite, die die Verdammung nach sich ziehen. Und die Leidenschaften lassen sich ja auch leichter besiegen und zur Nachgiebigkeit bringen, so lang sie noch nicht durch gewohnheitsmäßigen Sieg erstarkt sind; haben sie sich einmal an Sieg und Herrschaft gewöhnt, so kostet es Mühe und Not genug, sie zu überwinden. Wirklich und ernstlich kommt es dazu nur durch innere Freude an der wahren Gerechtigkeit; die wahre Gerechtigkeit aber liegt im Glauben an Christus. Denn wenn zum befehlenden Gesetz nicht auch der helfende Geist hinzutritt, so wächst, eben durch das Verbot, das Verlangen nach der Sünde und steigert sich bis zum Siege, so daß auch die Schuld der Übertretung hinzutritt. Mitunter werden übrigens allzu auffällige Leidenschaften auch hintangehalten lediglich durch andere, verborgene Leidenschaften, die man für Tugenden hält2, vorab durch Hochmut und eine verderbliche Selbstgefälligkeit. Dann erst also darf man die Leidenschaften für überwunden erachten, wenn sie durch die Liebe zu Gott überwunden werden, und solche Liebe gewährt nur Gott, und zwar als freies Geschenk und allein durch den Mittler zwischen Gott und den Menschen, durch den Menschen Christus Jesus3, der unseres sterblichen Daseins teilhaft Band 28, S. 1347geworden ist, um uns seiner Gottheit teilhaft zu machen. So glücklich aber sind nur ganz wenige, daß sie vom Beginn der eigentlichen Jugendzeit an keine die Verdammung nach sich ziehenden Sünden begingen, sei es durch Laster oder Untaten oder durch Hingabe an irgendein heil- und gottloses Irrsal, sondern dank reichlicher Geistesgnade alles unterdrücken, was sie durch Fleischesergötzen in Knechtschaft zu bringen droht. Die meisten nehmen vielmehr, für das Verständnis des Gesetzes einmal herangereift, erst nachdem sie den übermächtigen Leidenschaften erlegen und Übertreter des Gesetzes geworden sind, ihre Zuflucht zur Gnadenhilfe, um durch sie auf dem Wege um so bittererer Reue und um so heißeren Kampfes Sieger zu werden, nachdem sie ihren Geist zuerst Gott unterworfen und ihn so dem Fleische übergeordnet haben. Wer immer also den ewigen Strafen entgehen will, muß nicht nur getauft, sondern auch gerechtfertigt werden in Christo und so wirklich vom Teufel zu Christus übergehen. Auf reinigende Strafen rechne man aber nur vor jenem letzten furchtbaren Gerichte. Doch hat man auch für das ewige Feuer sicher verschiedene Abstufungen anzunehmen, wonach es je nach dem Maße der Mißverdienste für die einen leichter, für die anderen strenger sein wird, sei es, daß seine Gewalt und Hitze je nach der verdienten Strafe für jeden eine andere ist, oder daß es zwar gleichmäßig brennt, aber nicht als gleichmäßige Pein empfunden wird.


  1. Vgl. Röm. 9, 23. ↩

  2. Vgl. oben XIX 25. ↩

  3. Vgl. 1 Tim. 2, 5. ↩

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