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Gegen Faustus
48.
Nun dürfen wir aber das Urteil über den Charakter dieser sittenstrengen Männer nicht jenen überlassen, die die Tugend der Selbstbeherrschung nicht besitzen, so wenig wie wir Fieberkranke über Geschmack und Bekömmlichkeit von Speisen urteilen lassen, sondern deren Nahrung lieber nach dem Geschmacksempfinden Gesunder und nach ärztlichem Rezept als nach den Vorlieben des kranken Körpers zubereiten. Wenn also die Manichäer die Gesundung ihrer Sittlichkeit erreichen wollen, und zwar einer Sittlichkeit, die nicht vorgetäuscht und nebelhaft, sondern echt und fundiert ist, dann sollten sie die göttliche Schrift als Heilkunde verstehen und daran glauben, dass sie aus gutem Grund einigen Männern, auch wenn sie eine Vielzahl von Ehefrauen hatten, den so hohen Ehrentitel der Heiligkeit verlieh, weil nämlich der Geist als Gebieter des Fleisches mit seiner grossen Fähigkeit der Selbstbeherrschung durchaus das entscheidende Gewicht haben kann, den Geschlechtstrieb, welcher der menschlichen Natur im Hinblick auf die Fortpflanzung eingepflanzt ist, daran zu hindern, die ihm auferlegten Gesetze zu übertreten. Andernfalls könnten diese Menschen, die sich eher als verleumderische Rechtsverdreher denn als wahrheitsfindende Richter betätigen, auch die heiligen Apostel beschuldigen, das Evangelium nicht aus liebender Sorge, Kinder für das ewige Leben zu zeugen, sondern aus Gier nach menschlichem Ruhm so vielen Völkern verkündet zu haben. Denn jene Väter des Evangeliums genossen in der Tat in allen Gemeinden Christi ein glänzendes Ansehen, weil es durch das Lob so vieler Zungen verbreitet wurde; mehr noch, das Ansehen war so gewaltig gross, dass kein Mensch aus Menschenmund je grössere Ehre und grösseren Ruhm empfangen könnte (dürfte?). Nach diesem Ruhm in der Kirche strebte, von falschen Wunschvorstellungen getrieben, jener erbärmliche Simon, als er in seiner Blindheit von den Aposteln mit Geld erkaufen wollte, was jene durch göttliche Gnade und ohne eigenes Zutun geschenkt bekommen hatten (cf. Apg. 8,18,20). Gierig nach diesem Ruhm war sichtlich auch jener Mann, den der Herr, als er ihm folgen wollte, mit den Worten zurückwies (Mt. 8,20): Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel des Himmels ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen könnte. Er sah nämlich, dass jener, undurchschaubar in seiner listenreichen Verstellungskunst und aufgeplustert vor eitler Selbstüberhebung, keinen Ort des Glaubens hatte, wo er dem Lehrer der Demut eine Ruhestätte hätte bieten können, da er ja in der Gefolgschaft Christi nicht dessen Gnade, sondern den eigenen Ruhm anstrebte. An dieser Ruhmsucht krankten auch jene, die der Apostel brandmarkt, weil sie Christus aus Neid und Streitsucht, nicht mit reinem Herzen, verkündeten (cf. Phil. 1,15), wobei sich der Apostel trotz allem über ihre Verkündigung freut, da er weiss, dass auch ihre Hörer, obwohl sie selber von der Gier nach menschlichem Ruhm getrieben sind, zum Glauben geboren werden könnten (ib. 18), was allerdings nicht ihrer neiderfüllten Gier, den Ruhm der Apostel zu erreichen oder gar zu übertreffen, zuzuschreiben wäre, sondern dem Evangelium, das sie ja trotz allem, wenn auch in unreiner Absicht, verkündeten, sodass also Gott aus ihren üblen Beweggründen ein gutes Werk hervorgehen lässt. In ähnlicher Weise kommt es ja vor, dass der Mensch nicht durch den Willensentscheid, Nachkommen zu zeugen, zum Geschlechtsverkehr geführt wird, sondern sich durch die pure Gier nach sexuellem Genuss dazu hinreissen lässt, und dass trotzdem ein Mensch geboren wird, ein gutes Werk Gottes, das aus der Fruchtbarkeit des Samens, nicht aus der Sittenlosigkeit des Lasters hervorgeht. Wie sich also die heiligen Apostel nicht deshalb freuten, wenn die Zuhörer ihre Lehre mit Bewunderung aufnahmen, weil sie begierig darauf waren, Lob zu ernten, sondern weil sie von der Liebe beseelt waren, den Samen der Wahrheit auszusäen, ebenso vereinigten sich die heiligen Patriarchen nicht deshalb mit ihren Frauen zur Aufnahme des Samens, um ihre unersättliche Sinneslust zu befriedigen, sondern aus Sorge um den Weiterbestand des Geschlechts (640,15). Und deshalb spricht weder die Vielzahl der Völker für die Ehrsucht der Apostel, noch die Vielzahl der Frauen für die Lüsternheit der Patriarchen. Doch was sollen weitere Worte über diese Männer, für die doch die göttliche Stimme das vorzüglichste Zeugnis ausstellt, aus dem in aller Klarheit hervorgeht, dass es gerade ihre Ehefrauen waren (Sara Gen. 16,1 ff.; Rahel 30,1 ff.; Lea 30,9 ff.), die mit dem Geschlechtsverkehr nichts anderes bezweckten, als ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Als sie nämlich sahen, dass ihnen der Kindersegen versagt blieb, überliessen sie ihre Mägde ihren eigenen Ehemännern, um so jene zu Müttern dem Fleisch nach zu machen, und selber Mütter durch Verfügung zu werden.
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Reply to Faustus the Manichaean
48.
But those who have not the virtues of temperance must not be allowed to judge of the conduct of holy men, any more than those in fever of the sweetness and wholesomeness of food. Nourishment must be provided not by the dictates of the sickly taste, but rather by the judgment and direction of health, so as to cure the sickness. If our critics, then, wish to attain not a spurious and affected, but a genuine and sound moral health, let them find a cure in believing the Scripture record, that the honorable name of saint is given not without reason to men who had several wives; and that the reason is this, that the mind can exercise such control over the flesh as not to allow the appetite implanted in our nature by Providence to go beyond the limits of deliberate intention. By a similar misunderstanding, this criticism, which consists rather in dishonest slander than in honest judgment, might accuse the holy apostles too of preaching the gospel to so many people, not from the desire of begetting children to eternal life, but from the love of human praise. There was no lack of renown to these our fathers in the gospel, for their praise was spread in numerous tongues through the churches of Christ. In fact, no greater honor and glory could have been paid by men to their fellow-creatures. It was the sinful desire for this glory in the Church which led the reprobate Simon in his blindness to wish to purchase for money what was freely bestowed on the apostles by divine grace. 1 There must have been this desire of glory in the man whom the Lord in the Gospel checks in his desire to follow Him, saying, "The foxes have holes, and the birds of the air have nests, but the Son of man hath not where to lay His Head." 2 The Lord saw that his mind was darkened by false appearances and elated by sudden emotion, and that there was no ground of faith to afford a lodging to the Teacher of humility; for in Christ's discipleship the man sought not Christ's grace, but his own glory. By this love of glory those were led away whom the Apostle Paul characterizes as preaching Christ not sincerely, but of contention and envy; and yet the apostle rejoices in their preaching, knowing that it might happen that, while the preachers gratified their desire for human praise, believers might be born among their hearers,--not as the result of the envious feeling which made them wish to rival or surpass the fame of the apostles, but by means of the gospel which they preached, though not sincerely; so that God might bring good out of their evil. So a man may be induced to marry by sensual desire, and not to beget children; and yet a child may be born, a good work of God, due to the natural power, not to the misconduct of the parent. As, therefore, the holy apostles were gratified when their doctrine met with acceptance from their hearers, not because they were greedy for praise, but because they desired to spread the truth; so the holy patriarchs in their conjugal intercourse were actuated not by the love of pleasure, but by the intelligent desire for the continuance of their family. Thus the number of their hearers did not make the apostles ambitious; nor did the number of their wives make the patriarchs licentious. But why defend the husbands, to whose character the divine word bears the highest testimony, when it appears that the wives themselves looked upon their connection with their husbands only as a means of getting sons? So, when they found themselves barren, they gave their handmaids to their husbands; so that while the handmaids had the fleshly motherhood, the wives were mothers in intention.