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Gegen Faustus
98.
Doch selbst wenn unsere Väter, die Patriarchen und Propheten, denen jene Schrift ein so vorzügliches Zeugnis der Heiligkeit und Gottesfurcht ausstellt, - jene Schrift, die von Gott dem Menschengeschlecht zum Heil geschenkt wurde, was nur jemand leugnen kann, der sie nicht kennt, oder aber jeglichen Sinn für vernünftige Überlegung verloren hat – selbst wenn diese Väter also wollüstige und grausame Gestalten gewesen wären, wie sie die Manichäer in ihrem Irrtum, deutlicher gesagt in ihrem Irrwahn, beschuldigen, liesse sich nicht auch so noch beweisen, dass sie deren Gott – geschweige denn ihren Electi – moralisch überlegen waren? Es ist doch weniger verwerflich, wenn ein Mann, der eine Ehefrau hat, sich mit einer Dirne wälzt, als wenn das Licht in seiner reinsten Gestalt sich durch Vermischung mit der Dunkelheit besudelt? Gut, da hat ein Mann seine eigene Ehefrau aus Habgier und um seinen Bauch zu füllen als seine Schwester ausgegeben und um Dirnenlohn feilgeboten: wie viel sittenloser und verabscheuungswürdiger aber ist der, welcher durch Verstellung seine eigene Natur auf die Lüsternheit jener abstimmte, die nach ihm begehrten, und sie damit grundlos der Beschmutzung und Verderbnis preisgab! Und einer, der, selbst wissentlich, mit seiner Tochter schläft, handelt doch weniger obszön, als der, welcher bei sämtlichen Ausschweifungen solcher und noch schlimmerer sexueller Unmoral Glieder seines eigenen Körpers beimischt? Geben sich denn irgendwo liederliche und lasterhafte Menschen solchen Ausschweifungen hin, ohne dass sich dabei euer Gott, ihr Manichäer, vom ganzen Schmutz dieser Unmoral besudeln lässt? Wenn schliesslich Jakob, wie Faustus behauptete (594,21 ff.) in widerlicher Geilheit wie ein Ziegenbock zwischen vier Ehefrauen hin- und herirrte, nicht etwa aus Sorge um seine Nachkommenschaft, sondern allein von zügelloser Lust getrieben, wie viel weniger erbärmlich wäre er immer noch als euer Gott, der ja nicht nur in Jakob und seinen vier Ehefrauen – mit deren Körpern und deren Erregungen er untrennbar verbunden ist - die ganze Schändlichkeit jenes ausschweifenden Lebens zu ertragen hätte, sondern dazu noch im Ziegenbock, den der Unflat mit jenem Mann verglichen hat, jede geschlechtliche Erregung, jede Brunst über sich ergehen lassen muss, und der, durch sein schmachvolles Geschick allüberall beigemischt, in jedem Ziegenbock aufgegeilt, in jeder Ziege besamt, in jedem Zicklein gezeugt wird. Selbst wenn also Juda nicht bloss Dirnenumgang gepflegt, sondern wissentlich mit seiner eigenen Schwiegertochter ruchlosen Inzest begangen hätte, selbst in dieser blutschänderischen Lust würde euer Gott festhängen, er würde von ihr besudelt, durch sie ins Feuer geraten. David wiederum bereute sein Unrecht, dass er die Ehefrau des andern begehrt und deren Ehemann dem Tod ausgeliefert hatte: wann endlich wird euer Gott Reue darüber empfinden, dass er, von der Höllenbrut jener Fürsten der Finsternis, männlichen wie weiblichen Geschlechts, heftig begehrt, seine eigenen Glieder deren Geilheit auslieferte, und so zwar nicht den Ehemann, dessen Gattin er begehrte, wohl aber seine eigenen Söhne in den Gliedern der Dämonen, - von denen er selber begehrt worden war -, dem Tod auslieferte? Doch selbst wenn David keine Reue gezeigt, also die Gesundheit der Seele, d.h. die Gerechtigkeit, den jenes Heilmittel schenkt, nicht wieder erlangt hätte, selbst dann stände er moralisch besser da als jener Gott der Manichäer. Mag sich nämlich David neben dieser einen Tat noch durch beliebig viele andere ähnliche Taten, so viele ein einzelner Mensch überhaupt begehen könnte, entehrt und besudelt haben, jener Gott dagegen, das ist unwiderlegbar, wird durch die Beimischung seiner eigenen Glieder bei sämtlichen von sämtlichen Menschen begangenen Taten dieser Art entehrt und besudelt. Auch der Prophet Hosea wird von Faustus auf die Anklagebank gesetzt. Doch selbst wenn er sich als Sklave seines schändlichen Sexualtriebes in diese Dirne verliebt und sie geheiratet hätte, so gilt es zu bedenken, dass gemäss eurer Verkündigung die Seelen beider Partner, sowohl die des leichtfüssigen Liebhabers wie die der sittenlosen Dirne, Teile und Glieder, ja die Natur eures Gottes ausmachen, dass also jene Dirne, um es unverblümt und geradeheraus zu sagen, euer Gott ist; nun könnt ihr ja nicht behaupten, dass er unter makelloser Bewahrung der Heiligkeit seiner Natur als willkommener Gast, nicht als Gefangener, in den Körper jener Dirne gelangte, sondern gebt sogar zu, dass diese Glieder eures Gottes dabei schändlichst beschmutzt wurden und deshalb einer gründlichen Reinigung bedürfen. Jene Dirne, deretwegen ihr den Mann Gottes zu beschuldigen wagt, wäre somit auch dann, wenn sie sich nicht durch eine gottgefällige Ehe zum Bessern gewandelt hätte, euer Gott, oder aber, falls euch dieser Ausdruck missfällt, die Seele dieser Dirne wäre wenigstens, wie ihr ja offen zugebt, eine Partikel, wenn auch eine ganz winzige, eures Gottes. Bedenkt man all das, wäre Hosea immerhin moralisch höherstehend als euer Gott, da es sich ja bei dieser Frau nur um eine einzelne Dirne handelte, während sich jener Gott, da er schicksalhaft mit dem gesamten Geschlecht der Finsternis vermischt ist, in sämtlichen Dirnen prostituiert, in sämtlichen Männern und Frauen, die allüberall und in allen Variationen Unzucht treiben und sich dabei moralisch zugrunderichten, sich wälzt, sich wieder befreit, wieder gefesselt wird, um in der nächsten Generation sich wieder zu wälzen, sich wieder zu befreien, und wieder gefesselt zu werden, bis schliesslich der am schlimmsten verunreinigte Teil eures Gottes, gleichsam die Dirne, für die es keine Entsühnung gibt, in jenem letzten Klumpen sein Endlager findet. Nichts von all diesen Übeln, diesen Obszönitäten, dieser Entwürdigung konnte euer Gott von seinen Gliedern fernhalten, durch den Zwang, den ein übermächtiger Feind ausübte, musste er alles auf sich nehmen; denn er hatte ja nicht die Kraft, jenen verbrecherischen und gewaltsamen Feind zu vernichten und seine eigenen Mitbürger, d.h. jene Teile seiner selbst, heil zu bewahren. Wieviel besser war also jener Moses, der den Ägypter tötete und seinen Bruder vor Schaden bewahren konnte, er, den Faustus mit erstaunlicher Verblendung anschuldigte, und dabei seinen eigenen Gott mit noch erstaunlicherer Blindheit übersah! Wieviel besser handelte dieser, wenn er dem Volk der Ägypter dessen goldene und silberne Gefässe entriss, als wenn sich der Gott seine eigenen Glieder durch das Volk der Finsternis entreissen liess! Und obwohl ihr Gott selber einen so erbärmlichen Krieg führte, werfen seine Verehrer dem Diener unseres Gottes vor, dass er Kriege geführt habe, in denen er doch mit all den Seinen immer als Sieger über die Feinde triumphierte, die dann, Männer und Frauen, vom Volk Israel unter der Führung des Moses als Kriegsgefangene weggeführt werden konnten, was euer Gott, wenn er es vermocht hätte, gewiss auch getan hätte. Da ist also keine Anklage gegen Übeltäter, sondern Neid gegen Glücklichere. Was ist nun aber zur Grausamkeit des Moses zu sagen, dass er mit dem Schwert strafend gegen sein Volk vorging, das sich schwer gegen Gott versündigt hatte, eine Sünde, für die er immerhin Gott um Verzeihung bat, und sich sogar selber anstelle des Volkes zur göttlichen Bestrafung anbot? Aber selbst wenn er dies nicht aus Erbarmen, sondern aus Grausamkeit getan hätte, auch dann wäre er noch besser als euer Gott. Nie und nimmer hätte er einen seiner Soldaten, der sich nichts zuschulden kommen liess und den Befehlen gehorchte, und der beim Auftrag, die feindliche Schlachtreihe zu durchbrechen, in Gefangenschaft geriet, später, nach einem Sieg noch zusätzlich bestraft, wie es euer Gott mit jenem Teil seiner selbst tun wird, der seinem Befehl gehorchte und zur Rettung seines Reichs, den Tod vor Augen, in die feindliche Schlachtreihe vorrückte. Doch, lautet der Einwurf der Manichäer, in dieser langen Reihe von Äonen, in der jener Teil nun mit dem Bösen vermischt und verwachsen ist, hat er ja den Geboten seines Gottes nicht gehorcht! Gut, doch fragen wir, warum er nicht gehorchte! Wenn es aus eigenem Willen geschah, dann ist die Schuld echt und die Strafe gerecht; wenn allerdings der Wille verantwortlich ist, dann gibt es keine feindliche Natur, die zum Sündigen zwingt, und damit ist auch das ganze Lügengebäude der Manichäer widerlegt und zum Einsturz gebracht. Wenn er dagegen vom Feind, gegen den er ausgesandt worden war, überwältigt und somit durch ein nicht in ihm selbst liegendes Böses, dem er keinen Widerstand entgegensetzen konnte, überwunden wurde, dann ist die Strafe ungerecht und eine grosse Grausamkeit. Nun wird aber, um den Gott zu entschuldigen, seine Zwangslage ins Feld geführt. Soll halt einen solchen Gott verehren, wer Gott nicht verehren will! Immerhin ist eines zuzugeben: auch die Verehrer dieses Gottes, selbst wenn sie sich durch die Verehrung eines solchen Gottes als ganz üble Charaktere zeigen, sind immer noch viel besser als er selber, da sie wenigstens existieren, während er selber nichts anderes ist als Fiktion und Fälschung, als Hirngespinst und leerer Schein. Doch sehen wir uns an, was Faustus sonst noch an pfiffigem Unsinn anbietet!
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Reply to Faustus the Manichaean
98.
Even supposing that our fathers the patriarchs and prophets, of whose devout and religious habits so good a report is given in that Scripture which every one who knows it, and has not lost entirely the use of his reason, must admit to have been provided by God for the salvation of men, were as lustful and cruel as the Manichaeans falsely and fanatically allege, they might still be shown to be superior not only to those whom the Manichaeans call the Elect, but also to their god himself. Is there in the licentious intercourse of man with woman anything so bad as the self-abasement of unclouded light by mixture with darkness? Here, is a man prompted by avarice and greed to pass off his wife as his sister and sell her to her lover; but worse still and more shocking, that one should disguise his own nature to gratify criminal passion, and submit gratuitously to pollution and degradation. Why, even one who knowingly lies with his own daughters is not equally criminal with one who lets his members share in the defilement of all sensuality as gross as this, or grosser. And is not the Manichaean god a partaker in the contamination of the most atrocious acts of uncleanness? Again, if it were true, as Faustus says, that Jacob went from one to another of his four wives, not desiring offspring, but resembling a he-goat in licentiousness, he would still not be sunk so low as your god, who must not only have shared in this degradation, from his being confined in the bodies of Jacob and his wives so as to be mixed up with all their movements, but also, in union with this very he-goat of Faustus' coarse comparison, must have endured all the pains of animal appetite, incurring fresh defilement at every step, as partaking in the passion of the male, the conception of the female, and the birth of the kid. And, in the same way, supposing Judah to have been guilty not only of fornication, but of incest, a share in the heats and impurities of this incestuous passion would also belong to your god. David repented of his sin in loving the wife of another, and in ordering the death of her husband; but when will your god repent of giving up his members to the wanton passion of the male and female chiefs of the race of darkness, and of putting to death not the husband of his mistress, but his own children, whom he confines in the members of the very demons who were his own lovers? Even if David had not repented, nor been thus restored to righteousness, he would still have been better than your god. David may have been defiled by this one act, or to the extent to which one man is capable of such defilement; but your god suffers the pollution of his members in all such actions by whomsoever committed. The prophet Hosea, too, is accused by Faustus: and, supposing him to have taken the harlot to wife because he had a criminal affection for her, if he is licentious and she a prostitute, their souls, according to your own assertion, are parts and members of your god and of his nature. In plain language, the harlot herself must be your god. You cannot pretend that your god is not confined in the contaminated body, or that he is only present, while preserving entire the purity of his own nature; and you acknowledge that the members of your god are so defiled as to require a special purification. This harlot, then, for whom you venture to find fault with the man of God, even if she had not been changed for the better by becoming a chaste wife, would still have been your god; at least you must admit her soul to have been a part, however small, of your god. But one single harlot is not so bad as your god, for he on account of his mixture with the race of darkness shares in every act of prostitution; and wherever such impurities are perpetrated, he goes through the corresponding experiences of abandonment, of release, and of confinement, and this from generation to generation, till this most corrupt part reaches its final state in the mass of darkness, like an irreclaimable harlot. Such are the evils and such the shameful abominations which your god could not ward off from his members, and to which he was brought irresistibly by his merciless enemy; for only by the sacrifice of his own subjects, or rather his own parts, could he effect the destruction of his formidable assailant. Surely, there was nothing so bad as this in killing an Egyptian so as to preserve uninjured a fellow-countryman. Yet Faustus finds fault with this most absurdly, while with amazing infatuation he overlooks the case of his own god. Would it not have been better for him to have carried off the gold and silver vessels of the Egyptians, than to let his members be carried off by the race of darkness? And yet the worshippers of this unfortunate god find fault with the servant of our God for carrying on wars, in which he with his followers were always victorious, so that, under the leadership of Moses, the children of Israel carried captive their enemies, men and women, as your god would have done too, if he had been able. You profess to accuse Moses of doing wrong, while in fact you envy his success. There was no cruelty in punishing with the sword those who had sinned grievously against God. Indeed, Moses entreated pardon for this sin, even offering to bear himself in their stead the divine anger. But even had he been cruel instead of compassionate, he would still have been better than your god. For if any of his followers had been sent to break the force of the enemy and had been taken captive, he would never, if victorious, have condemned him when he had done no wrong, but acted in obedience to orders. And yet this is what your god is to do with the part of himself which is to be fastened in the mass of darkness, because it obeyed orders, and advanced at the risk of its own life in defence of his kingdom against the body of the enemy. But, says the Manichaean, this part, after mixture and combination with evil during the course of ages, has not been obedient. But why? If the obedience was voluntary, the guilt is real, and the punishment just. But from this it would follow that there is no nature opposed to sin; otherwise it would not sin voluntarily; and so the whole system of Manichaeism falls at once. If, again, this part suffers from the power of this enemy against whom it was sent, and is subdued by a force it was unable to resist, the punishment is unjust, and flagrantly cruel. The god who is defended on the plea of necessity is a fit object of worship to those who refuse to worship the one true God. Still, it must be allowed that, however debasing the worship of this god may be, the worshippers are so far better than their deity, that they have an existence, while he is nothing more than a fabulous invention. Proceed we now to the rest of Faustus' vagaries. 1
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[This book is one of the most unsatisfactory parts of the entire treatise. We have here some of the worst specimens of perverse Scripture interpretation.--A.H.N.] ↩