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Gegen Faustus
9.
Unsere Väter aber, die Gott wohlgefällig waren, erfüllten im Gehorsam ihre Rolle in der Schöpfungsordnung, indem sie alles, was Gott ihnen passend zu jener Zeit als Pflicht auferlegte, erfüllten, wie er es ihnen auferlegt hat. So verzichteten sie etwa, obwohl ja sämtliche essbaren Fleischarten von ihrer Natur her rein sind, auf einige von ihnen, deren Genuss zu jener Zeit untersagt war, da sie von ihrer Sinnbildfunktion her unrein waren; solche Sinnbilder dienten ja dazu, die in der Zukunft sich offenbarende Wirklichkeit modellhaft vorauszubilden. Und wenn die Menschen jener Zeit und jenes Volkes die Woche der ungesäuerten Brote (294,19) und was es sonst an Ritualen dieser Art gab, die nach den Worten des Apostels (cf. Hebr. 10,1) ein Schattenbild der zukünftigen Güter darstellten, nicht befolgt hätten, hätten sie sich genau so schuldhaft verhalten, – denn es war ja damals notwendig, jene rituellen Handlungen auf diese Weise zu vollziehen, und durch sie all das, was heute enthüllt ist, anzukündigen –, wie wir uns heute töricht verhalten würden, wenn wir meinten, dass es für uns von irgendwelchem Nutzen sein könnte, auch nach der Enthüllung des Neuen Testamentes jene Gesetzesvorschriften, die der Ankündigung dienten, weiterhin zu befolgen, und wie wir uns gotteslästerlich und gewissenlos verhalten würden, wenn wir meinten, jene Bücher des Alten Testaments – die doch unseretwegen geschrieben wurden, damit wir, im Wissen, dass all das, was uns mittlerweile offenbart und in unverhüllter Form verkündigt wird, schon so lange voraus durch jene Modellbilder angekündigt war, glaubenstreu und beharrlich daran festhalten – deshalb verwerfen zu dürfen, weil der Herr von uns ja nicht mehr verlange, das dort Geschriebene körperlich zu vollziehen, vielmehr es zu deuten und geistig zu vollziehen; denn geschrieben wurde es ja für uns, die das Ende der Zeiten erreicht hat, wie es auch unser Apostel formuliert (I Kor. 10,11). Denn alles, was einst geschrieben wurde, ist zu unserer Belehrung geschrieben (Rm. 15,4). Deshalb war es in der Zeit des Alten Testamentes Sünde, während der sieben festgesetzten Tage Gesäuertes zu essen (cf. Exod. 12,15), in der Zeit des Neuen Testaments aber ist es keine Sünde. Doch angesichts der Hoffnung auf das zukünftige ewige Leben, die wir in Christus haben – der unsere Seele mit der Gerechtigkeit, unseren Körper aber mit der Unsterblichkeit bekleidet, und uns vollständig neu macht –, immer noch zu glauben, dass wir aus der Bedrängnis und der Not der alten Vergänglichkeit heraus etwas auf uns nehmen oder tun müssten, ist für immer Sünde, solange jener Kreislauf der sieben Tage, in dem die Zeit dahingeht, nicht zum Stillstand kommt. Doch diese Botschaft war in den Zeiten des Alten Testamentes in Modellbildern verborgen und wurde deshalb nur von wenigen Heiligen verstanden, in der Zeit des Neuen Testaments dagegen ist sie durch die Offenbarung enthüllt, und wird nun den Völkern verkündet. Deshalb war dieselbe Schrift damals Weisung, heute ist sie Zeugnis. Das Laubhüttenfest (284,19) nicht zu feiern war einstmals Sünde (cf. Lev. 23,34), heute ist es das nicht mehr; sich dagegen nicht im Zelt Gottes, das heisst in der Kirche, zu vereinen, ist für immer Sünde. Doch damals feierte man, und zwar auf Weisung hin, ein Modellbild des Zukünftigen, heute liest man, und zwar als Zeugnis, dessen Enthüllung. Denn das, was damals geschah, würde nicht Zelt des Zeugnisses genannt, wenn sein Sinnbildwert nicht dafür geeignet wäre, Zeugnis abzulegen für eine Wahrheit, die zur rechten Zeit enthüllt werden musste. Leinenkleidern Purpurfäden einzuweben(284,20) und sich mit einem Gewand aus einer Mischung von Leine und Wolle zu kleiden (cf. Deut. 22,11) war damals Sünde, heute ist es das nicht mehr; dagegen sein Leben im Widerspruch zur göttlichen Ordnung zu führen, Lebensformen gegensätzlicher Art miteinander vermischen zu wollen, indem etwa eine Ordensfrau Schmuckstücke verheirateter Frauen trägt, oder wenn eine Frau, die die Enthaltsamkeit nicht ertrug und heiratete, sich wie eine Jungfrau präsentiert, ist dagegen in jedem Fall Sünde; und das gleiche gilt für alle Fälle, wo im Leben eines Menschen Verschiedenartiges unpassend verwoben wird. In jenen Gewändern war also damals modellhaft vorgebildet, was heute in Bezug auf den Lebenswandel unverhüllt gesagt wird: jenes war nämlich die Zeit des Hinweisens, dieses die Zeit des Offenbarens. Die gleiche Schrift, die damals Handlungen verlangte, welche Zukünftiges anzeigten, ist also jetzt Zeugin für die Verwirklichung dessen, was in diesen angezeigt wurde; und was damals befolgt wurde, um etwas Zukünftiges anzukündigen, wird heute gelesen, um das zu bestätigen. Ochs und Esel zum Arbeiten zusammenzuspannen (284,22) war damals nicht erlaubt (cf. Deut. 22,10), jetzt ist es erlaubt. Dies ist ja durch den Apostel verdeutlicht worden, als er bei der Erwähnung jener Schriftstelle (cf. Deut. 25,4), die das Verbot enthält, einem dreschenden Ochsen Zaumzeug anzulegen, sagte (I Kor. 9,9): Sorgt sich denn Gott um die Ochsen? Warum also wird das Alte Testament heute noch gelesen, wenn doch das, was es untersagt hat, schon erlaubt ist? Weil derselbe Apostel in der Fortsetzung sagte (I Kor. 9,10): Unseretwegen sagt es die Schrift. Und es wäre auf jeden Fall gewissenlos, wenn wir nicht läsen, was unseretwegen geschrieben wurde; denn sicher geschah das mehr wegen uns, denen damit etwas mitgeteilt wird, als deretwegen, die als Modell für diese Aussage dienten. Denn einen Ochsen und einen Esel kann doch jeder bei Bedarf zusammenspannen, ohne seine Arbeit zu beeinträchtigen; doch aus einem Weisen und einem Einfältigen ein Team zur Verkündigung des Wortes Gottes zu bilden – in dem nicht der eine befiehlt und der andere gehorcht, sondern als Gleichgestellten mit gleichen Befugnissen – würde in jedem Fall Ärgernis erregen.
Deshalb halten wir an dieser Schrift fest, die in der gleichen Gestalt damals mit ihrer Verfügungsgewalt Handlungen auferlegte, welche zur späteren Enthüllung in Schattenbilder einzuhüllen waren, und heute mit ihrer Autorität Zeugnis ablegt für das im strahlenden Licht offenbar gewordene, das vorher verhüllt war. Was nun den Hinterkopf- und Stirnglatzigen anbetrifft (284,23), den das Gesetz als unrein bezeichnet haben soll (cf. Lev. 13,40), da hat Faustus zuwenig genau gelesen, oder er ist auf eine fehlerhafte Handschrift hereingefallen. O hätte er doch für sich selber eine Stirnglatze gewünscht und sich darauf ohne Erröten mit dem Kreuz Christi bezeichnet! Dann hätte er sicher nicht geglaubt, dass Christus, der klar sagte (Joh. 14,6): Ich bin die Wahrheit!, an vorgetäuschten Wunden gestorben und mit vorgetäuschten Narben auferstanden ist. Faustus behauptet nun sogar (285,7): Ich habe nie zu täuschen gelernt; was ich empfinde, das sage ich. Er ist also kein Jünger seines Christus, wenn er in seinem krankhaften Wahn annimmt, dass dieser den zweifelnden Jüngern vorgetäuschte Narben gezeigt habe, aber gleichzeitig möchte, dass man ihm selber als ehrlichem Mann glaubt, was er über jenes Täuschungsmanöver Christi und an sonstigem Geschwätz von sich gibt. Ist er etwa besser als Christus, weil er selber nicht betrügt, während jener ein Betrüger ist, oder aber erweist er sich gerade dadurch als Jünger des Betrügers Mani und nicht Christi, der die Wahrheit verkündet, weil er auch noch damit betrügt, dass er sich rühmt, nicht zu täuschen gelernt zu haben?
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Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
9.
Patres autem nostri, qui deo placuerunt, tenuerunt ordinem suum in ipsa oboedientia, ut quicquid deus temporibus congruis iubendo distribuit, sic observarent, quemadmodum ille distribuit. Itaque non solum carnes ad cibos datas, cum omnes natura mundae essent, quasdam tamen nonnulla significatione immundas illo tempore non ederunt, quo eas non edi praeceptum erat, ut talibus significationibus futura rerum manifestatio praefiguraretur, sed et azymum panem et cetera huiusmodi, in quibus fuisse umbram futurorum dicit apostolus, tam rei essent illius temporis et illius populi homines, si observare contemnerent, quando illa sic fieri, ista quae nunc revelata sunt, tunc sic praenuntiari oportebat, quam nos desipientes essemus, si nunc iam manifesto novo testamento illas praenuntiatiuas observationes aliquid nobis prodesse putaremus, p. 300,8 sicut sacrilegi et impii, si eosdem libros, qui propter nos scripti sunt, ut ea quae iam nobis revelata et in manifestatione adnuntiata sunt, tanto ante illis figuris praenuntiata cognoscentes fideliter et firmiter teneremus, ideo putaremus abiciendos, quia ea quae ibi scripta sunt, non iam observare corporaliter, sed intellegere et facere spiritaliter nos dominus iubet; p. 300,14 scripta sunt enim propter nos, in quos finis saeculorum obvenit, sicut item dicit idem apostolus. Omnia enim, quae ante scripta sunt, ut nos doceremur, scripta sunt. Quapropter non manducare azymum per statutos septem dies tempore veteris testamenti peccatum fuit, tempore autem novi testamenti non est peccatum. Sed in spe futuri saeculi, quam habemus in Christo, qui et animam nostram induens iustitia et corpus nostrum induens immortalitate totos nos innovat, credere aliquid ex veteris corruptionis necessitate atque indigentia nos passuros vel acturos semper peccatum est, quamdiu volvuntur isti septem dies, quibus peragitur tempus. p. 300,25 Sed hoc veteris testamenti temporibus in figura occultatum a quibusdam sanctis intellegebatur, tempore autem novi testamenti in manifestatione revelatum populis praedicatur. Unde scriptura ipsa tunc erat praeceptum, nunc testimonium. Scenopegia non celebrare aliquando peccatum fuit, nunc non est peccatum, tabernaculo autem dei, quod est ecclesia, non conpaginari semper peccatum est. Sed tunc agebatur sub praecepto figuratio, nunc legitur in testimonio revelatio. Nam illud, quod tunc factum est, non diceretur tabernaculum testimonii, nisi alicui veritati, quae suo tempore declaranda erat, quadam congruentia significationis attestaretur. Lineis vestibus miscere purpuram et linostima veste indui aliquando peccatum fuit, nunc non est peccatum; sed inordinate vivere et diversi generis professiones velle miscere, ut vel sanctimonialis habeat ornamenta nuptarum vel ea quae se non continens nupsit, speciem virgnis gerat, omni modo peccatum est; p. 301,14 et si quid inconvenienter ex diverso genere in vita cuiusque contexitur. Verum illud tunc figurabatur in vestibus, quod nunc declaratur in moribus; illud enim erat tempus significandi, hoc manifestandi. Ergo ipsa scriptura, quae tunc fuit exactrix operum significantium, nun testis est rerum significatarum; et quae tunc observabatur ad praenuntiationem, nunc recitatur ad confirmationem. Bovem et asinum ad operandum iungere tunc non licebat, nunc licet. Declaratum est enim per apostolum, cum de bove triturante non infrenando scripturam recoleret, dicentem: Numquid de bubus cura est deo? p. 301,24 Quare ergo nunc legitur, quando id quod prohibuit iam licet? Quia idem ipse ibi secutus apostolus ait: Propter nos scriptura dicit. Et utique impium est, ut non legamus nos, quod scriptum est propter nos; magis enim propter nos, quibus manifestatur, quam propter illos, in quibus figurabatur. Bovem quippe et asinum, si necesse sit, unusquisque sine detrimento operis iungit; sapientem vero et stultum, non ut unus praecipiat et alter obtemperet, sed pariter ex aequali potestate, ut adnuntient verbum dei, non sine scandalo quisque comites facit. Itaque eandem scripturam tenemus et tunc potestate praecipientem umbris tegendum, quod nunc aperiretur, et nunc auctoritate attestantem luce apertum, quod tunc tegebatur. p. 302,9 De calvo autem et reburro, quod eos immundos lex dixerit, parum Faustus attenderat aut in mendosum codicem inciderat. Sed utinam ipse calvam frontem habere voluisset atque in ea crucem Christi figere non erubuisset! Profecto Christum clamantem: Ego sum veritas, nec cum falsis vulneribus occubuisse nec cum falsis cicatricibus resurrexisse credidisset. Quin etiam dicit: Ego fallere non didici; quod sentio loquor. Non est ergo discipulus Christi sui, quem falsas cicatrices dubitantibus discipulis demonstrasse insanus opinatur et non solum de ceteris vanitatibus suis, sed etiam de ipsa Christi fallacia sibi tamquam non fallenti vult credi. Utrum Christo melior, quo fallente ipse non fallit, an eo ipso non veracis Christi, sed fallacis Manichaei discipulus, cum et in hoc fallit, in quo se non didicisse fallere gloriatur.