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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum

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Gegen Faustus

7.

Es zeigen sich aber, sagte Faustus (761,26), Widersprüche zwischen ihren Schriften. In eurer Bosheit lest ihr mit böser Absicht, in eurer Torheit versteht ihr nichts, in eurer Blindheit seht ihr nichts! Wie wenig hätte es euch gekostet, all das gründlich zu überprüfen und dabei die grosse und heilbringende Harmonie zwischen diesen Schriften zu entdecken, wenn nur die Streitsucht euch nicht in die Irre geführt, wenn Ehrfurcht euch geleitet hätte. Wer ist je bei der Lektüre zweier Geschichtsschreiber, welche den selben Gegenstand behandelten, auf den Gedanken gekommen, der eine von ihnen oder gar beide berichteten falsch, oder seien selber falsch unterrichtet, wenn der eine etwas erwähnte, was der andere unerwähnt liess, oder wenn der eine etwas ziemlich kurz zusammenfasste, dabei aber den Kerngehalt der Aussage einwandfrei und vollständig wiedergab, der andere hingegen alle Einzelheiten sozusagen Punkt für Punkt ausführte, um nicht nur mitzuteilen, was geschehen ist, sondern auch, wie es geschehen ist? So aber wollte nun Faustus an der Wahrheit der Evangelien herummäkeln (786,5), weil Matthaeus etwas erwähnte, was Lukas, als er dieselbe Geschichte erzählte, unerwähnt liess, als ob Lukas damit habe bestreiten wollen, dass Christus wirklich gesagt hat, was er laut der Darstellung des Matthaeus gesagt haben soll. Doch das war überhaupt nie Gegenstand der Diskussion, und dieser Vorwurf kann nur von durch und durch Unkundigen erhoben werden, von Menschen, die nicht gewillt oder nicht imstande sind, solche Dinge kritisch zu betrachten. Gewiss, jene Diskrepanz wirft bei Gläubigen immer wieder Fragen auf, und wird von Ungläubigen als Vorwurf erhoben, –allerdings auch da nur bei mangelhaft Unterrichteten oder bei übertrieben Streitsüchtigen, die auch nach Belehrung nicht zur Einsicht kommen wollen– : die Diskrepanz nämlich, dass Matthaeus sagte (Mt. 8,5): Es trat ein Hauptmann an ihn heran, der ihn mit folgenden Worten um Hilfe bat, Lukas dagegen (cf. Lk. 7,3 ff.), dass dieser die Ältesten der Juden zu Jesus schickte, mit der Bitte an ihn, seinen Diener, der krank war, zu heilen, und dass er dann, als Jesus sich seinem Haus näherte, ihm durch andere ausrichten liess, er sei nicht würdig, dass Jesus sein Haus betrete, und er sei auch nicht würdig, selber vor Jesus hinzutreten. Wie ist also der Satz bei Matthaeus (Mt. 8,5 f.) zu verstehen: Er trat an ihn heran und bat ihn mit den Worten um Hilfe: ‛ Mein Diener liegt gelähmt zu Hause und leidet grosse Schmerzen’? Nun, er lässt sich so interpretieren, dass Matthaeus den Kerngehalt der Aussage zwar wahrheitsgetreu und vollständig in kurzer Form zusammengefasst hat, indem er berichtete, dass der Hauptmann an Jesus herangetreten sei, ohne aber zu berichten, ob er das persönlich oder durch Mittelsmänner tat, und dass er dann zu ihm die oben zitierten Worte (Mt. 8,6) über seinen Diener gesagt habe, ohne aber zu präzisieren, ob er das persönlich oder durch Mittelsmänner tat. Was ist daran Besonderes? Ist die menschliche Umgangssprache nicht voll von solchen Redensarten, etwa wenn wir von jemandem sagen, ‛er sei ganz nahe an eine Sache heran gekommen’, wo wir sagen wollen, er sei noch nicht ans Ziel gelangt? Brauchen wir nicht gerade den Begriff des ‛Hingelangens’, der ja, wie man meinen möchte, keine weitere Steigerung erlaubt, ganz geläufig auch dann, wenn es durch Mittelsleute geschieht, indem wir häufig sagen: ‛er hat einen Prozess geführt, er ist an den Richter gelangt’, oder ‛er gelangte an den oder den Mächtigen’, obwohl man das ja meist durch Freunde tut, und den Mann überhaupt noch nicht gesehen hat, an den man dem Wortlaut nach gelangt ist? Daher werden Menschen, denen es mit der Kunst des Hofierens, sei es dass sie es selber tun, sei es mit Hilfe anderer, gelingt, sogar an das beinahe unzugängliche Ohr der Mächtigen vorzudringen, im Volksmund auch ‛Gehörverschaffer’ genannt. Warum vergessen wir also beim Lesen, wie wir im Alltag sprechen? Oder wollte etwa die Schrift Gottes anders mit uns sprechen als wir es gewohnt sind? Zum Thema Alltagssprache soll dies als Antwort an diese Starr- und Wirrköpfe genügen!

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Reply to Faustus the Manichaean

7.

But Faustus finds contradictions in the Gospels. Say, rather, that Faustus reads the Gospels in a wrong spirit, that he is too foolish to understand, and too blind to see. If you were animated with piety instead of being misled by party spirit, you might easily, by examining these passages, discover a wonderful and most instructive harmony among the writers. Who, in reading two narratives of the same event, would think of charging one or both of the authors with error or falsehood, because one omits what the other mentions, or one tells concisely, but with substantial agreement, what the other relates in detail, so as to indicate not only what was done, but also how it was done? This is what Faustus does in his attempt to impeach the truth of the Gospels; as if Luke's omitting some saying of Christ recorded in Matthew implied a denial on the part of Luke of Matthew's statement. There is no real difficulty in the case; and to make a difficulty shows want of thought, or of the ability to think. There is, indeed, a point in the narrative of the centurion which is discussed among believers, and on which objections are raised by unbelievers of no great learning, who prove their quarrelsomeness, when, after being instructed, they do not give up their errors. The point is, that Matthew says that the centurion came to Jesus "beseeching Him, and saying;" while Luke says that he sent to Jesus the elders of the Jews with this same request, that He would heal his servant who was sick; and that when He came near the house he sent others, through whom he said that he was not worthy that Jesus should come into his house, and that he was not worthy to come himself to Jesus. How, then, do we read in Matthew, "He came to Him, beseeching Him, and saying, My servant lieth at home sick of the palsy, and grievously tormented?" 1 The explanation is, that Matthew's narrative is correct, but brief, mentioning the centurion's coming to Jesus, without saying whether he came himself or by others, or whether the words about his servant were spoken by himself or through others. But is it not common to speak of a person as coming near to a thing, although he may not reach it? And even the word reach, which is the strongest form of expression, is frequently used in cases where the person spoken of acts through others, as when we say he took his case to court, he reached the presence of the judge; or, again, he reached the presence of some man in power, although it may probably have been through his friends, and the person may not have seen him whose presence he is said to have reached. And from the word for to reach we give the name of Perventors to those who by ambitious arts gain access, either personally or through friends, to the, so to speak, inaccessible minds of the great. Are we, then, in reading to forget the common usage of speech? Or must the sacred Scripture have a language of its own? The cavils of forward critics are thus met by a reference to the usual forms of speech.


  1. Matt. viii. 5-13; Luke vii. 2-10. ↩

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