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Warum sollte also nicht Evangelium sein, was von dieser Geburt erzählt, da sie uns als so gute Nachricht verkündigt wird, dass durch sie sogar unsere Schwäche geheilt wird? Etwa weil Matthaeus nicht mit folgendenWorten begonnen hat: Anfang des Evangeliums Jesu Christi, wie es Markus (Mk. 1,1) formulierte, sondern mit Buch von der Geburt Jesu Christi (Mt. 1,1)? Wenn man das so sieht, wäre auch nicht ausgesagt, dass Johannes ein Evangelium geschrieben habe, da ja auch er nicht sagte Anfang des Evangeliums oder Buch des Evangelium, sondern Am Anfang war das Wort (Joh. 1,1). Es sei denn, dass Faustus ein so raffinierter Worteschmied war, dass er diese Einleitung des Johannes wegen des Worts „uerbum“ als Uerbidium bezeichnet hätte, so wie er jene Einleitung wegen des Worts „genesis“ kühn als genesidium bezeichnete. Doch wieso überlegt ihr euch nicht zuerst, wie unverschämt es ist, wenn ihr eure eigenen weitschweifigen gottlosen Fabeleien als Evangelium bezeichnet? Was wird denn dort Gutes verkündigt, wo berichtet wird, dass ein Gott gegen eine nebulöse gegensätzliche und feindliche Natur für sein eigenes Reich sich nicht anders vorsehen und einsetzen konnte, als einen Teil seiner eigenen Natur dessen gierigem Rachen zum Frass vorzuwerfen, und ihn dabei dermassen verunreinigen zu lassen, dass er auch nach so viel Mühen und Qualen –wenigstens als Ganzes– nicht mehr gereinigt werden konnte. Wirklich, kann mit dem Wort Evangelium eine so schlechte Botschaft bezeichnet werden? Sicher übersetzen doch alle, die auch nur bescheidene Griechischkenntnisse haben, euangelium mit Gute Botschaft oder Gute Kunde. Wie soll das aber eine gute Botschaft sein, wenn euch berichtet wird, wie euer Gott selber, mit einem Tuch verhüllt in Trauer verharrt, bis seine Glieder nach jener Zertrümmerung und Beschmutzung wieder hergestellt und gereinigt sind? Und der wird sich, wenn er dereinst seine Trauer beendet hat, noch als grausam erweisen: Womit hat sich denn jener Teil von ihm, der im Klumpen gefesselt sein wird, an ihm schuldig gemacht? Den müsste er doch in Ewigkeit betrauern, da er in Ewigkeit verdammt sein wird. Doch wir haben die Lösung: wer aufmerksam auf diese Botschaft hört, braucht nicht zu trauern, weil es eine schlimme, sondern er kann lachen, weil es eine falsche Botschaft ist.
