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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
Vorbemerkung
S. 53 1. Wenn die Menschen Gott suchen und ihren Geist anspannen, um ein der Fassungskraft der menschlichen Schwäche erreichbares Verständnis der Dreieinigkeit zu gewinnen, dann werden sie mühevolle Schwierigkeiten erfahren, ob diese nun in eben der Sehkraft des Geistes liegen, der in das unzugängliche Licht zu schauen versucht, oder in eben den vielfältigen und mannigfachen Aussagen der heiligen Schriften — mir scheint, daß dadurch die Seele nur zermürbt werden soll, damit sie, durch die Gnade Christi verherrlicht, süße Seligkeit erlange; von dieser Erfahrung aus wird es ihnen, wenn sie einmal zu einer sicheren Erkenntnis gelangt sind und jede Unklarheit geschwunden ist, keinerlei Mühe machen, denen Nachsicht zu schenken, die im Aufspüren eines so großen Geheimnisses in Irrtum geraten. Zwei Dinge sind es freilich, die man an irrenden Menschen nur schwer ertragen kann: überhebliche Überstürzung, bevor die Wahrheitsfrage geklärt ist, und Verteidigung der überstürzten Falschheit, wenn die Wahrheit einmal geklärt ist. Wenn mich Gott, wie ich bete und hoffe, vor diesen beiden, der Auffindung der S. 54 Wahrheit und der Behandlung der göttlichen und heiligen Bücher allzu feindseligen Fehlern durch den Schild seines huldvollen Willens1 und durch die Gnade seiner Barmherzigkeit beschützt und bewahrt, dann werde ich für die Erforschung der Substanz Gottes nicht schläfrig sein, mag mir hierzu die Heilige Schrift oder die Schöpfung Wegweiserin sein. Diese beiden sind ja deshalb vor unser Auge hingestellt, damit wir den suchen und den lieben, der die eine inspirierte, die andere schuf. Ich werde auch keine Angst haben, meine Meinung offen heraus zu sagen. Dabei wird meine Freude, von den Guten gelesen zu werden, größer sein als die Furcht, von den Schlechten gebissen zu werden. Dankbar nimmt ja eine schöne und ehrbare Liebe den Taubenblick entgegen; dem Hundebiß jedoch sucht man in zurückhaltender Behutsamkeit zu entgehen oder ihn durch unerschütterliches Festhalten an der Wahrheit abzustumpfen. Es wird mir lieber sein, wenn ich von jemandem getadelt werde, als wenn ich von einem Irrenden oder einem Schmeichler gelobt werde. Vor keinem Tadler braucht ja der Liebhaber der Wahrheit zu erschrecken. Denn entweder wird ihn sein Feind oder sein Freund tadeln. Fällt ihn sein Feind an, dann muß er es eben tragen; ist es sein Freund, dann muß er ihn, wenn dieser irrt, belehren; wenn der Freund belehrt, ihn hören. Der Lobredner jedoch bestärkt im Irrtum, wenn er irrt, führt in den Irrtum, wenn er schmeichelt. „Der Gerechte“ also „bessere mich in Erbarmen und überführe mich! Das Öl des Sünders aber soll mein Haupt nicht treffen“.2
Edition
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De Trinitate
Prologus
[1] Cum homines deum quaerunt et ad intellegentiam trinitatis pro captu infirmitatis humanae animum intendunt, experti difficultates laboriosas sive in ipsa acie mentis conantis intueri inaccessibilem lucem sive in ipsa multiplici et multimoda locutione litterarum sacrarum, ubi mihi non videtur nisi atteri Adam ut Christi gratia glorificata dilucescat, cum ad aliquid certum discussa omni ambiguitate pervenerint, facillime debent ignoscere errantibus in tanti pervestigatione secreti. Sed duo sunt quae in errore hominum difficillime tolerantur: praesumptio priusquam veritas pateat, et cum iam patuerit praesumptae defensio falsitatis. A quibus duobus vitiis nimis inimicis inventioni veritatis et tractationi divinorum sanctorumque librorum si me, ut precor et spero, deus defenderit atque muniverit scuto bonae voluntatis suae et gratia misericordiae suae, non ero segnis ad inquirendam substantiam dei sive per scripturam eius sive per creaturam. Quae utraque nobis ad hoc proponitur intuenda ut ipse quaeratur, ipse diligatur qui et illam inspiravit et istam creavit. Nec trepidus ero ad proferendam sententiam meam in qua magis amabo inspici a rectis quam timebo morderi a perversis. Gratanter enim suscipit oculum columbinum pulcherrima et modestissima caritas; dentem autem caninum vel evitat cautissima humilitas vel retundit solidissima veritas. Magisque optabo a quolibet reprehendi quam sive ab errante sive ab adulante laudari; nullus enim reprehensor formidandus est amatori veritatis. Etenim aut inimicus reprehensurus est aut amicus. Si ergo inimicus insultat, ferendus est; amicus autem si errat, docendus; si docet, audiendus. Laudator vero et errans confirmat errorem, et adulans inlicit in errorem. Emendabit ergo me iustus in misericordia et arguet me; oleum autem peccatoris non impinguabit caput meum.